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Zander, Judith

Zander, Judith

Titel: Zander, Judith Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: die wir heute saagten Dinnge
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aus.
    »Ich hab damit nix zu tun«,
sag ich, und sie: »Doch, hast du!«
    Sie stellt den Wäschekorb ab
und umarmt mich, so ein bisschen. Ich weiß nicht, was ich machen soll. Am
besten gar nichts.
    »Ich weiß gar nich, was ich
sagen soll«, sagt Romy.
    Na, am besten gar nichts. Sie
fragt: »Hast du Lust, zum Kaffe zu bleiben?«
    Ich nicke und stelle das
Fahrrad an die Hauswand. Romy nimmt die Platten aus dem Korb, die Singles
rutschen ihr weg, ich fang sie auf, und wir packen alles in den Wäschekorb. Sie
hat ganz schön zu schleppen. Ich halte die Tür für sie auf. Plötzlich dreht sie
sich um und sagt ziemlich außer Atem: »Findest du nich auch, dass er aussieht
wie Paul McCartney?«
    Sie grinst und ist ein
bisschen rot, ich glaub, nicht nur von den Platten. Ich weiß auch gleich, wen
sie meint.
    »Nein, find ich nich!«
    Musste das sein? Mann, Romy!
Wie soll ich ihn denn jetzt noch angucken, ohne dass ...
    »Meine Eltern waren auf dem
Konzert letztes Jahr, in Hamburg.« Ich weiß auch nicht, wieso ich das jetzt
noch sage. »Die sind da extra hingefahren, für einen Tag! Zum Glück waren sie
gar nich erst auf die Idee gekommen, mich mitzunehmen. Einer musste bei Oma
bleiben, und das war mir auch echt lieber. Das war richtig schön, endlich mal
Ruhe! Das war der beste Tag in den ganzen Sommerferien. Aber als sie dann
zurück waren, da wurds dafür gleich doppelt schlimm, da haben sie einem dann in
einer Tour vorgeschwärmt, wie toll das gewesen war, aber eigentlich haben sie
die ganze Zeit bloß von Hamburg gequatscht, ne echte Großstadt eben, und wie
doof das war, dass man sie da früher nicht hingelassen hat, die Scheiß-DDR, und
wir hatten ja sogar Verwandtschaft da, und nicht mal zu seinen eigenen Verwandten
konnte man und bla bla bla, und ich würd ja gar nicht wissen, wie gut ich das
hab.«
    »Ja und«, sagt Romy, »und
deine Eltern, die haben doch Paul auch schon gesehen, finden die denn nicht,
dass er aussieht wie Paul McCartney, ich mein, früher?«
    »Ach, ich glaub, die wissen
gar nich mehr, wie der aussah«, sag ich.
    Romy packt die Platten auf
ihre Liege. Sie nimmt eine nach der andern vom Stapel runter, guckt sie an wie
das achte Weltwunder und stellt sie alle nebeneinander gegen die Kissenreihe
an der Wand. Sie überlappen sich wie die Kissen, die aussehen, als hätten sie
alle nen neuen Bezug gekriegt. Was fürne Vorstellung: Beatles-Kissen!
Beatles-Bettwäsche, Beatles-Handtücher, Beatles-Zahnputzbecher. Zum Glück ist
da damals noch keiner drauf gekommen. Zumindest meine Eltern nicht, war ja zu
auffällig gewesen.
    »Kaffe oder Tee?«, fragt Romy.
    Ich weiß nicht, wann ich das
letzte Mal Tee getrunken hab. Wahrscheinlich als ich das letzte Mal krank war
oder im Ferienlager, das ist beides ewig her. Einmal war ich im Ferienlager
krank, und da haben sie mir Kamillentee eingeflößt, was zwar ne Abwechslung
zum üblichen Hagebutten-Abwaschwasser war, aber ungefähr so eine wie von Mathe
zu Chemie. »Kaffe. Ohne Milch.«
    »Warum wolltest du die denn
nich?«
    »Was?«, frag ich.
    »Na, die ganzen
Beatles-Platten. Ich mein, du bist doch quasi damit aufgewachsen und so.«
    »Erinner mich nich dadran!«
    Romy lacht. »So schlimm? Aber
du hättest sie ja auch verkaufen können, ich mein, so ne vollständige
Beatles-Platten-Sammlung ist doch bestimmt was wert.«
    »Na ja«, sag ich bloß. Mann!
Da macht man mal was Nettes! Hätt ich das gewusst. Ist ja schlimmer, als wenn
man was ausgefressen hat. Und wieso guckt die mich jetzt so komisch an?
    »Achso«, sagt sie. »Da hab ich
jetzt wohl was falsch verstanden.« Sie wird richtig rot. »Also, tut mir leid,
Ella«, sagt sie, »aber ich bekomm bloß ab und zu mal Taschengeld und nich so
viel, also, da müsst ich jetzt erst mal mit meinen Eltern reden, vielleicht als
Geburtstagsgeschenk, brauchten die sich nich mal selber was ausdenken, war doch
praktisch.« Sie lächelt.
    »Was?« Ich seh grade gar nicht
mehr durch.
    »Na, ich weiß ja nich, also -
na, wieviel du so dafür haben möchtest.«
    Ich glaub, ich starr sie an,
als hätt sie nicht mehr alle. Oder ich. »Spinnst du? Die sind doch geschenkt,
Mann!«
    »Echt?« Falls das überhaupt
geht, ist sie jetzt noch n bisschen röter geworden. »Also Kaffe.«
    Sie geht raus, kommt aber
gleich wieder. »Danke, übrigens.«
    Kurz danach scheppert
irgendwas in der Küche, und ich hör, wie sie »Scheiße!« ruft.
    Obwohl ihr Zimmer ganz schön
groß ist, kommts einem nicht so vor. Ich glaub, es ist noch

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