Zarias Sehnsucht
er gesagt hatte, störte mich. »Warum nennen Sie sie immer so? Was hat das zu bedeuten?« Er hatte einen viel zu arglosen Ausdruck im Gesicht. »Sie wissen etwas.« Plötzlich war ich mir dessen ganz sicher.
»Ach?« Er zog einen Mundwinkel hoch.
»Etwas über Lily. Wer ist sie?«
Er kniff die Augen zusammen und schwieg.
»Laz?«
»Schade, dass du nicht früher danach gefragt hast.« Er schnalzte mit der Zunge. »Unsere Vereinbarung ist vor etwa einer Stunde abgelaufen.«
»Vereinbarung?«, fragte ich einfältig.
»Wie konntest du das vergessen, Zaria? Ich habe zugestimmt, jeweils zwei Fragen für hundert Radia zu beantworten … drei Tage lang.«
Ich lächelte. »Sie sind jetzt fünf Millionen Radia reicher als vor drei Tagen. Das ist eine Menge mehr Fragen wert.«
Ich wartete darauf, dass er mein Lächeln erwiderte, aber vergeblich. »Nein, nein, meine liebe Elfe. Du hältst dich an deinen Kodex, ich halte mich an meinen. Und der Kodex eines Spielers lautet: Nur weil du viel gewonnen hast, heißt das noch lange nicht, dass du irgendetwas verschenkst.«
Ich konnte es nicht fassen. Ganz und gar nicht. Ich warf dem Schmuggler einen bösen Blick zu, während Purzel leise vor sich hin quietschte. Unsägliche Wut sprach aus den Gesichtern meiner Freunde.
»So viel zu Ihrem großzügigen Angebot, uns zu helfen.« Ich setzte Purzel ab, erhob mich und schwebte auf Laz zu. »Ich zahle Ihnen Ihre hundert Radia. Wer ist Lily Morganit?«
Er beugte sich zu mir vor, und seine knochige blaue Nase drückte sich mir fast in die Stirn. »Das ist eine Eine-Million-Radia-Frage, und für die Antwort nehme ich keine Radia weniger.«
Leona sprang mit ihrem gezogenen und saturierten Zauberstab auf.
»Leona!« Ich gestikulierte panisch auf Laz’ Hut.
Sie schwebte rasend vor Wut in der Luft und versuchte verzweifelt, die Magie wieder aus ihrem Zauberstab zu ziehen.
Meteor und Andalonus stürzten sich gleichzeitig auf Laz. Sie stießen zusammen, nicht mit dem Schmuggler, sondern miteinander, denn Laz war nicht mehr da.
Als sich die beiden Jungs voneinander gelöst hatten, beugte sich Andalonus vor und hob den glänzenden Beutel Le MoCo auf. »Er hat das hier zurückgelassen.«
»Trog!« Leona schäumte vor Wut.
Meteor fing an, dort, wo der Schmuggler gestanden hatte, auf die Luft einzuprügeln. »Du hast recht, Zari. Dieser Elf weiß etwas über Lily Morganit. Etwas Wichtiges.«
Ich nickte, aufgebracht, weil er mich zum wiederholten Mal betrogen hatte. »Weißt du irgendetwas?«, fragte ich Meteor. »Etwas, das du uns nicht erzählt hast?«
Er griff sich in sein gestreiftes Haar. »Ich weiß über sie nur das, was alle wissen – dass sie vor mehreren Jahrzehnten Mitglied im Hohen Rat und dann vor zehn Jahren Forcier von Elfenland geworden ist. Keine Kinder. Keine Aufzeichnungen darüber, wer ihre Eltern sind.«
Ich sank niedergeschlagen auf das Nest meiner Mutter. Purzel sprang neben mich, um sich auf den seidenen Kissen zusammenzurollen. »Vielleicht hat Laz recht, und wir sollten das aevia ray für uns selbst nutzen. Wir könnten die dauerhaften Zauber erneuern und allen Elfen Radia schenken.«
Meteor schüttelte so heftig den Kopf, dass es aussah, als würde er ihm jeden Augenblick vom Hals fliegen. »Was würden die Trolle mit dir machen, wenn du dein Wort brichst?«
Was würden sie tun? Sie hatten bewiesen, dass sie meine Magie mühelos überwinden konnten. Ich stellte mir ein Leben vor, in dem ich meine eigenen Gedanken nicht mehr finden konnte; in dem ich nichts unternehmen konnte, es sei denn, ein Troll stimmte dem vorher zu; in dem meine Radia in Windeseile aufgebraucht sein würden, weil ich unberechenbare Zauber abwehren musste.
Leona berührte eine meiner Flügelspitzen mit der ihren. »Wir können dich nicht an die Trolle verlieren.«
Meteor nickte. »Vielleicht drücken sie bei einem kleinenTest noch ein Auge zu, aber es wäre gefährlich, es für uns selbst zu benutzen.«
»Wir müssen das aevia ray nach Anschield bringen, Zaria«, sagte Andalonus. »Um deinetwillen.«
»Um deinetwillen«, zirpte Purzel.
Purzel kehrte an seinen Fensterplatz zurück und packte einen Keksbeutel nach dem anderen aus und probierte alle durch. Jede neue Sorte entlockte ihm ein lautes glückliches Pfeifen. Als ich ihn daran erinnerte, dass wir uns konzentrieren mussten, legte er sich sofort wieder schlafen.
Es war leicht, die zweite Portion aevia ray herzustellen. Das einzig Schwierige, wenn überhaupt, war, sich in
Weitere Kostenlose Bücher