Zarias Sehnsucht
bisschen ähnlich«, erwiderte ich schnell.
»Zweifellos. Aber was machen wir mit ihm?«
»Ich weiß nicht! Wenn wir ihn zurück zu seiner Familie schicken, wird Lily ihn wieder entführen. Wenn wir ihn irgendwo auf der Erde verstecken, wird sie eines der Skope reparieren und herausfinden, wo er ist. Wir können nicht von ihm verlangen, den Rest seines Lebens unter der Erde zu verbringen.«
»Du könntest ihm die Wahrheit sagen«, schlug Meteor vor.
»Die Wahrheit?«
»Wenn er aufwacht«, antwortete Meteor. »Sag ihm die Wahrheit. Überlass ihm die Entscheidung.«
»Natürlich«, sagte ich. »Ich habe ihn wie einen Menschen betrachtet, der nichts von alldem verstehen kann; ich habe versucht herauszufinden, welcher Zauber ihm helfen könnte.«
»Aber es ist sein Leben.« Meteor legte mir freundschaftlich den Arm um die Taille.
Ich nickte. »Und er verdient es, die Wahrheit zu erfahren.«
»Unsere nächste Aufgabe ist überhaupt nicht beängstigend«, sagte Andalonus, als wir Sam schlafend im Zimmer zurückließen. »Wir müssen nur die Kristallflasche und die indigoblaue Flasche zurückholen.«
»Und herausfinden, was Lily auf Anschield treibt«, fügte Leona hinzu.
Meteor sah mich an. »Und Zaria vor den Trollen schützen.«
»Und wir müssen Jett finden«, sagte ich leise, während ich nach unten ins Kaminzimmer flog. Mich meinem Vater beweisen.
Andalonus hüpfte fröhlich an mir vorbei. »Ich schlage vor, dass wir es auch vermeiden, umgebracht zu werden.«
»Ich schlage vor, dass wir den Schmuggler zwingen, uns zu helfen«, meinte Meteor direkt hinter Andalonus.
»Sollten wir einen Blick nach draußen werfen«, fragte Leona, »und sehen, ob die Menge verschwunden ist?«
»Noch nicht«, antwortete ich. »Zuerst trinken wir Tee.«
Andalonus schüttelte den Kessel und lauschte dem Schwappen des Wassers. »Er ist voll genug.«
Meine Gedanken waren bei Beryl, als ich den dickbäuchigen Ofen anschürte. Sie hatte jeden Tag so viele Dinge für mich getan, Dinge, die ich nie bemerkt hatte, wie die Teetassen zu spülen und für genug Brennholz für den Ofen zu sorgen. Ich würde ihr nie vergelten können, was sie mir alles gegeben hatte.
Meine Eltern hatten sie und nur sie auserkoren, sich um mich zu kümmern. Jetzt, da es zu spät war, verstand ich, warum. Ich stellte mir vor, wie sie es besprochen und die Entscheidung getroffen hatten, sie als meinen Vormund zu ernennen, falls sie … sterben sollten.
Fünf Jahre waren vergangen, und jetzt waren sie wieder zu Hause. Ihre Heimkehr war kein bisschen so gewesen, wie ich sie mir erträumt hatte – aber sie war mit etwas angefüllt. Sie war mit Wahrheit angefüllt.
Ich hoffte, mein Vater würde, allein in seinem Zimmer, froh darüber sein, es unverändert vorzufinden. Ich hatte mich dort nie so ausgebreitet wie im Zimmer meiner Mutter. Vielleicht würde er mich am Morgen in die Arme schließen. Aber wenn er es nicht konnte, war es mir immer noch ein Trost zu wissen, dass er frei und nicht mehr jenseits der Zeit gefangen war.
Dampf zischte aus dem Kessel. Ich stellte ihn auf die steinerne Arbeitsplatte und löffelte getrocknete Orchideenblüten hinein, um Tee zu kochen.
»Bedient euch«, sagte ich zu meinen Freunden. »Wenn ihr euch alle eine Tasse eingeschenkt habt, bringe ich meiner Mutter den Kessel.«
Leona nickte. »Sie braucht bestimmt dringend eine Stärkung.«
Ich lächelte. »Ja. Und ihre Lieblingsteetasse ist schon in ihrem Zimmer.«
Victoria Hanley
wurde in Kalifornien geboren. Ihre Fantasyromane wurden in zehn Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet. Zurzeit lebt sie am Fuß der Rocky Mountains, wo sich Elfen, Feen, Trolle und Gnome Gute Nacht sagen.
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