Zarter Mond - Hawthorne, R: Zarter Mond - Dark Guardian - 03 Dark of the Moon
umklammerte und sein eigenes Gewicht nutzte, um ihn zu Boden zu befördern. Bei dem darauf folgenden Schlagabtausch packte ich seinen Arm, presste seinen Ellbogen auf meinen Oberschenkel und drehte ihn herum. Manche nennen dieses Manöver Polizeigriff, aber mit solchen technischen Begrifflichkeiten hielt ich mich nicht auf. Das Einzige, was für mich zählte, war, dass es mir einen Vorteil verschaffte, wenn ich gegen einen Gegner kämpfte, der größer war als ich selbst. Connor heulte auf – die Bestie in seinem Inneren hasste es, zurückgehalten zu werden.
Ich fühlte seine Muskeln erschlaffen, wusste, dass er kurz davor war, sich geschlagen zu geben. Ich lockerte meinen Griff …
Ehe ich begriff, wie mir geschah, hatte er mich erneut zu Boden geschleudert und presste sich mit seinem ganzen Gewicht auf meinen Körper. Vielleicht dachte er, er hätte mich da, wo er mich wollte, aber in Wahrheit hatte ich ihn genau da, wo ich ihn immer gewollt hatte – ganz nah, Haut an Haut.
Er musterte mich mit intensivem Blick, als wollte er sich ein ganz genaues Bild von mir machen. Sein Kopf senkte
sich ein wenig, und seine Nasenflügel weiteten sich, als er meinen Geruch einsog. Am liebsten hätte ich irgendeine flapsige Bemerkung gemacht, wie: »Lass uns Liebe machen statt Krieg.« Es wäre typisch für mich gewesen, einen Moment der Nähe mit einem kitschigen Spruch zu verderben.
Glücklicherweise war mein Selbsterhaltungstrieb in Alarmbereitschaft und kontrollierte mein Sprachzentrum. So sagte ich nur: »Ich gebe mich geschlagen.«
Noch intensiver als in der vergangenen Nacht fixierte Connors feuriger Blick meine Lippen. Dann sah er mir in die Augen. Er runzelte die Stirn. Schließlich nickte er und rollte sich von mir herunter. Er streckte mir die Hand entgegen. Ich umschloss sie mit den Fingern und spürte seinen kraftvollen Griff und seine raue Haut. Beides ließ meinen Körper wohlig erschauern, während er mir auf die Beine half.
»Okay«, sagte Connor und schaute an mir vorbei. »Sie ist tauglich.«
»Wie bitte?« Ich drehte mich um und sah Lucas mit vor der Brust verschränkten Armen dastehen, ein selbstzufriedenes Grinsen auf den Lippen. Kayla stand neben ihm und lächelte mich an.
»Connor hat die Führung seiner Wächtergruppe«, sagte Lucas.
»Ja, ich hab die Liste gesehen«, erwiderte ich.
»Jeder Führer braucht einen Stellvertreter, dem er vertraut, und auf den er sich im Notfall zu hundert Prozent verlassen kann«, erklärte Lucas. »Ich habe Connor vorgeschlagen, dich zu wählen. Er hatte Zweifel, aber ich glaube, du hast sie gerade beseitigt.«
Ich warf Connor einen grimmigen Blick zu. Er wischte sich mit einem Handtuch den Schweiß von der glitschigen Haut und schien nicht einmal ansatzweise etwas von der überwältigenden Gefühlswoge zu ahnen, von der ich erfasst worden war, als er mich zu Boden gepresst hatte: Nie zuvor hatte mein Herz derart heftig geschlagen, als ich mir einbildete, dass er endlich angefangen hatte, sich für mich zu interessieren … mich als Mädchen wahrzunehmen. Ich holte aus und verpasste ihm einen Boxhieb.
»He!« Er rieb sich den Arm. »Was soll das, zum Teufel?«
»Das war ein Test ? Du wolltest mich testen ? Mein Gott, Connor, du kennst mich doch schon seit Ewigkeiten und hast an mir gezweifelt?«
Zorn flammte in seinen Augen auf, doch das war nichts im Vergleich zu dem, was er in meinen Augen sehen musste. »Tut mir leid, wenn ich dich beleidigt habe, aber ich hab dich noch nie kämpfen sehen. Ich geb’s zu, ich wollte wissen, wozu du fähig bist.«
Ich starrte ihm in die Augen. »Wag es bloß nicht, mich als Wolf zu testen. Sonst garantier ich dir, dass du auf der Matte liegen bleibst.« Es war eine Lüge, angeberisches Getue, das ich nicht in die Tat umsetzen konnte, aber das war mir egal. Ich würde mich von niemandem zwingen lassen, mein schmutziges Geheimnis zu offenbaren.
Die Herausforderung ließ seine Miene noch finsterer werden, und seine Urinstinkte gewannen die Oberhand. Mein Körper reagierte heftig auf die Botschaft, die er aussendete. Plötzlich fingen wir an zu keuchen, wie am Ende eines harten Trainings. Unsere Hände ballten sich zu Fäusten – nicht um zuzuschlagen, sondern um den Impuls, einander
zu berühren, zu unterdrücken. Nur unter Aufbietung all meiner Willenskraft konnte ich mich davon abhalten, mich auf ihn zu stürzen, bis wir uns beide am Boden wälzten. Ich erkannte, dass er denselben inneren Kampf ausfocht. Er nahm erneut
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