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Zaster und Desaster

Zaster und Desaster

Titel: Zaster und Desaster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Zeyer
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Monolog fort, »erinnerst du dich an Winterfield, upps, den Namen vergisst du aber gleich wieder, der war nach den kleinen Massakern auf den weltweiten Börsen und in seinem Portefeuille so sauer, dass er eigentlich sein ganzes Depot abziehen wollte. Aber als ich ihn in der ›Juwelenhalle‹ darauf aufmerksam machte, dass er zum Rindsbraten unbedingt einen Burgunder nehmen solle, am besten gleich einen Romanée-Conti, die Sauce ist ja auch mit Burgunder angesetzt, und hinterher noch einen Chablis Pic, den er gar nicht kannte, da überlegte er sich’s wieder anders.«
    Als ob ich mir die ganzen Namen merken würde, dachte Frau Künzli, aber an das Besäufnis erinnere ich mich, da musstest du mal wieder im Besucherzimmer übernachten, der Gestank nach Alkohol war unerträglich gewesen.
    »Komme gleich wieder«, sagte Künzli, und seine Frau dachte: Wusste ich es doch, aber bevor du dich an nichts mehr erinnerst, muss ich dann den richtigen Moment für mein kleines Anliegen erwischen. Vorsichtig stellte Künzli eine Mahagoni-Kassette auf den Marmortisch und sagte ehrfürchtig: »Das, meine Liebe, ist ein Macallan, von Speyside, Jahrgang 1946, einer der seltensten Single Malt, die es gibt.«
    Als ob ich mir die Namen von all den Whiskys merken könnte, dachte seine Gattin und sagte: »Na, da hat sich ja die Anschaffung eines Extra-Weinkellers für deine Sammlung gelohnt.«
    »Ja, ich weiß«, schnappte Künzli zurück, »du hältst das für überflüssig, aber man kann eben Weine und Single Malts nicht problemlos im selben Keller lagern, außerdem braucht meine Sammlung von mehr als 300 Raritäten halt ihren Platz. Erinnerst du dich noch, als Well …«, gerade rechtzeitig verschluckte Künzli den Rest den Namens, »also als dieser UHNWI samt Begleiterin hier war, und der wollte dann unbedingt einen Highland Park, natürlich 25 years old, und ich musste doch eine Weile suchen, bis ich die Abteilung Orkney-Inseln hinter dem gerade gelieferten Château Margaux fand, das war ja peinlich.«
    Wirklich peinlich war, wie du dem und seinem platinblonden Flittchen hinten reingekrochen bist, dachte Frau Künzli, aber dann biss sie sich auf die Lippen, das wäre sicherlich nicht die geschickteste Einleitung für ihr eigenes Anliegen gewesen.
    Künzli achtete gar nicht auf seine Gattin, sondern drehte andächtig den Schlüssel im Schloss der Kassette rum und zeigte ihr seinen Schatz: »Siehst du, mit Urkunde, der kostet locker 3000 Eier, aber das ist er auch wert.«
    Das ist mein Stichwort, dachte Frau Künzli: »Ach übrigens, ich freue mich ja immer, wenn du Geld für dein Hobby ausgibst, aber in meiner Boutique müsste man langsam auf die Sommerdekoration umstellen, und ich habe da ein fantastisches Angebot von der Blumenhalle, zweimal die Woche frische Dekoration, sieht großartig aus, was meinst du?«
    Künzli schwankte hin und her, ob er sich weiter mit dem vorsichtigen Entkorken der Flasche beschäftigen sollte oder mit der nötigen Aufmerksamkeit auf die Frage seiner Frau reagieren. Denn ihre Schmuck-Boutique an bester Lage beim Paradeplatz hatte sie immerhin von ihrer Pillensucht geheilt, aber die monatlichen Kosten standen doch in einem sehr ungünstigen Verhältnis zu den dürftigen Einnahmen, obwohl Künzli kaum einmal bei Kundengesprächen darauf verzichtete, auf die wunderbare Gelegenheit, »wenn Ihre gnä Frau Gattin etwas shoppen will«, hinzuweisen. Aber der Macallan war stärker als sein gesunder Menschenverstand, also sagte Künzli: »Sicher, hört sich großartig an.« Dann genoss er mit verklärtem Blick den ersten Schluck, und seine Gattin dachte: Sehr schön, dann schaue ich dir jetzt zu, wie du dich vollaufen lässt. 3000 Franken die Flasche, du spinnst ja. So viel kostet die Blumendekoration in einem Monat, und das ist wenigstens sinnvoll ausgegebenes Geld.

Sechsundzwanzig
    Hugentobler saß an seinem Schreibtisch und spielte mit dem zweiten Bankcheck über eine Million. Wusste gar nicht, dachte er fröhlich, dass man bei der Pleite einer Bank reich werden kann, großartig.
    Er wollte den Check schon in ein Couvert stecken, als ihm eine viel bessere Idee kam. Er fuhr mit dem Lift ins Erdgeschoss und trat in die Bahnhofstrasse hinaus. Belustigt betrachtete er die Passanten; wenn ihr wüsstet, dachte er. Dann suchte er sich ein ruhiges Plätzchen und zückte sein Privathandy: »Herr Walthinten, wie geht es dem Fürsten, alles im grünen Bereich in Liechtenstein?«
    »Hallo«, sagte Treuhänder Walthinten,

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