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Zaster und Desaster

Zaster und Desaster

Titel: Zaster und Desaster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Zeyer
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sagte sich Kuster. Nachhaltigkeit, Bescheidenheit, Rückbesinnung auf wahre Werte, Tradition, das sind die Core Values von Bankiers, die gelernt haben, die umgedacht haben, die sich neu positionieren. Großartig, dachte Kuster, ich bin ja fast übertrainiert.
    Sein Assistent Müller hatte nach einem Kurzurlaub auf Mallorca die Organisation von PK Financial Consulting an die Hand genommen, gelegentlich unterbrochen von Anrufen Kusters auf einer knisterten Satellitenverbindung, meistens nachts um vier. »Oh, da habe ich wohl wieder etwas bei der Zeitdifferenz durcheinandergebracht«, hatte Kuster gesagt, und Müller hatte schlaftrunken geantwortet: »Hier ist alles im grünen Bereich«, und dann aufgelegt.
    Aber abgesehen von diesen Störungen war wirklich alles wie ein Uhrwerk gelaufen, repräsentatives Büro in der Anwaltskanzlei Vetterli & Vetterli gleich hinter dem Paradeplatz, vorläufig für einen Schnäppchenpreis, unten ein neues Schildchen, zwei neue Telefonlinien, als AG im Handelsregister eingetragen, »Finanzdienstleistungen aller Art«, genügend Visitenkarten gedruckt, alles super. Lediglich der Internet-Auftritt war etwas kompliziert geworden, die Homepage stand zwar da, leuchtete im üblichen Bankerblau und versprach die üblichen umsichtigen und maßgeschneiderten Anlagemodelle für einen exklusiven Kreis ausgewählter Kunden, die das Besondere und Bewährte suchen. Aber das mit dem Log-in und als Kunde selber im Portefeuille rumwühlen, das hatte dann doch ein paar heikle Sicherheitsaspekte und Vorschriften, die beachtet werden müssen. »Kein Problem«, hatte Kuster durch die Leitung geknistert, als ihn Müller über diese unvorhergesehenen Hindernisse informiert hatte, »dann stellen wir das on hold, muss jetzt meinen Lieblingsmanta suchen.«
    Kuster blickte wohlgefällig auf sein blütenweißes Hemd hinunter, exakt in der Mitte die dezent blaue Krawatte von Brioni, denn er hatte sich entschlossen, ein One-Trademark-Man zu werden, Schluss mit Kompromissen, nur schade, dass Brioni keine Schuhe herstellt. »So, Müller«, bellte Kuster freundlich in die Gegensprechanlage, »dann wollen wir mal das Business zum Laufen bringen, was liegt an?«
    Der Lautsprecher blieb einen Moment stumm, dann sagte Müller: »Nun, äh, Lunch wie immer um 11.45 h, Massage von 13.30 bis 14.15 h, Ihr Personal Trainer erwartet Sie wie immer um …«
    »Das weiß ich ja alles«, fuhr Kuster schon etwas unfreundlicher dazwischen, »aber jetzt ist es 8.15 h, ich meine, welche Kundentermine habe ich, sind die Dossiers parat, was ist der catch of the day?«
    Eine längere Pause, dann: »Nun, da sollten wir wohl eine To-do-Liste erstellen, in diesem Augenblick gibt es keine fixierten Meetings.«
    »Was, ich habe nichts auf dem Teller, nicht mal eine klitzekleine Umschichtung eines Depots? Ja was haben Sie denn die ganze Zeit gemacht, außer auf meiner Payroll zu stehen? Ich dachte, hier sei alles im grünen Bereich! Okay, ich sehe schon, ich muss mich wie immer um alles selber kümmern.« Kuster kippte Müller aus der Leitung und konsultierte seinen Blackberry. Fängt ja gut an, dachte er, und dann begann er, die Liste von Kunden abzutelefonieren, die ihm vor seinem Abgang bei der Kreditunion ewige Treue geschworen hatten und ihm versichert, dass sie die Verwaltung und Mehrung ihres Vermögens unter keinen Umständen in andere Hände als in die von Kuster legen würden. Zwei Stunden später lockerte sich Kuster seine Krawatte, und ein Blick auf seine Achselhöhlen bestätigte seinen Verdacht: leichte Schweißflecken. Immer wieder hatte er die Worte Nachhaltigkeit, Tradition, Rückbesinnung auf wahre Werte in den Telefonhörer tröpfeln lassen, auch gelegentlich seinen Ausflug nach Mikronesien erwähnt, da ist man Mensch in der Natur, paradiesisch und ganz einfach, unbedingt empfehlenswert, das ist der neue Ansatz beim Reisen. Leider hatte er die Fragen, ob es da auch einen Golfplatz, einen Rolls-Royce oder scharfe einheimische Nutten gab, verneinen müssen. Aber selbst diese Fragen waren nicht häufig gestellt worden, meistens endete das Gespräch schon mit der Feststellung, dass man Kusters Dienstleistungen immer geschätzt habe, zweifellos, und großartig, dass er sich selbstständig gemacht habe, aber man habe von der Kreditunion inzwischen ein wirklich überzeugendes Angebot erhalten, »vielleicht nicht nachhaltig, aber der wahre Wert von mindestens 12 Prozent, eher 15 ist ja nun auch nicht zu verachten, dazu das Backoffice

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