Zauber der Begierde
Mann! Er wollte alles. Hättest wegbleiben sollen, Hawk, und du weißt es.
Was ließ dich glauben, du könntest etwas bekämpfen, das du noch nicht einmal
kennst? Er
preßte die Augen zusammen und schwankte in der Dunkelheit. Dalkeith für sie
aufgeben? Sein Kopf fiel vornüber, gebeugt von der Last erdrückender
Entscheidungen. Ein Seufzer, der ein Freudenfeuer hätte erlöschen lassen,
bebte durch seinen Körper. Ja. Er würde sie an Samhain heiraten. Dann würde er
sie so weit von hier fortbringen, wie es nötig war. Er hatte bereits begonnen,
sich in verbissenem Schweigen zu verabschieden. Abschiede brauchten ihre Zeit,
und es gab viel, dem er auf Dalkeith-Upon-the-Sea Lebewohl sagen mußte.
Riskieren,
dort zu bleiben, wo welche Kräfte auch immer seine Frau bedrohten? Das kam
nicht in Frage. »Wir können nicht bleiben«, sprach er zu dem schweigenden,
wartenden Raum - dem Raum, von dem der Abschied am schwersten werden würde.
Seiner Kinderstube. »Weglaufen ist das einzig Kluge in diesem Fall. Es ist der
einzig sichere Weg, sie zu beschützen.«
Er
rieb sich die Augen und lehnte sich gegen den Türpfosten, kämpfend, die
Emotionen zu zähmen, die ihn durchströmten. Er war gefangen, über jede
Vorstellungskraft hinaus gebunden an die Frau, die unschuldig in seinem Bett
schlief. Diese Nacht, die er mit ihr verbracht hatte, war alles gewesen, was er
sich je erträumt hatte. Die unglaubliche Intimität, mit einer Frau zu
schlafen, deren geheimste Gedanken er lesen konnte. Es war nicht nur ein
Liebesakt gewesen - heute nacht, als ihre Körper in Leidenschaft miteinander
verschmolzen waren, hatte er eine solche Nähe zu ihr verspürt, daß es ihn aus
dem Gleichgewicht geworfen hatte. In diesem Moment hatte er seine Werte
umgestoßen und verschoben und neue Prioritäten gesetzt. Sie kommt zuerst.
Hawks
Kiefermuskeln spannten sich, und er fluchte leise. Sein Blick wanderte
liebevoll über die Wiegen, die geschnitzten Spielsachen, die weichen
Wolldecken und die hohen Fenster, die sich einer samtenen Morgendämmerung
öffneten. Er könnte ihr ein Kind geben - Hölle, sie könnte schon eins tragen.
Und jemand oder etwas könnte sie und das Kind geradewegs seinen Armen und
seinem Leben entreißen. Es würde ihn vernichten.
Dalkeith
würde auch ohne ihn blühen; Adrian würde einen feinen Schloßherrn abgeben.
Lydia würde ihn aus Frankreich zurückbeordern. Ilyssee würde der Mutter
Gesellschaft leisten, und Adrian würde heiraten und Kinder in diese Kinderstube
bringen.
Er
bräuchte sich keine Vorwürfe zu machen. Er könnte mit Adrienne in einer
Bauernhütte leben und Kinder haben und wäre genauso glücklich.
Der
Hawk blieb noch einen Moment länger stehen, bis der Hauch eines Lächelns über
seine Lippen flog.
Er
schloß die Tür zu seinem alten Traum mit einem sanften Lächeln und einer
Ehrfurcht, die nur ein liebender Mann völlig nachvollziehen kann. Ein Raum war
niemals sein Traum gewesen.
Sie war sein Traum.
»Hawk!« Lydias Unterlippe bebte
vor unausgesprochenem Protest. Sie wandte ihren Blick ab, um einen
verschlungenen Rosenzweig zu untersuchen.
»Es
muß sein, Mutter. Nur so kann ich Gewißheit haben, daß sie sicher ist.«
Lydia
beschäftigte ihre Hände mit dem vorsichtigen Abknipsen vertrockneter Blätter
und beschnitt ihre Rosen, wie sie sie seit dreißig Jahren beschnitten hatte.
»Aber abzureisen! Heute nacht!«
»Wir
können es nicht riskieren, zu bleiben, Mutter. Ich habe keine andere Wahl.«
»Aber
Adrian ist nicht einmal hier«, protestierte sie. »Du kannst nicht auf den Titel
verzichten, wenn niemand da ist, ihn zu übernehmen!«
»Mutter.« Hawk bemühte sich nicht weiter,
zu erläutern, wie absurd ihr Protest war. Ihrem ängstlichen Gesichtsausdruck
nach zu urteilen, war ihr selbst bewußt, daß sie lediglich nach jedem
Strohhalm griff, den sie zu fassen bekam.
»Du
redest davon, mir meine Enkelkinder wegzunehmen!« Lydia kniff die Augen fest
zusammen und kämpfte gegen die Tränen an.
Hawk
beobachtete sie mit einer Mischung aus inniger Liebe und amüsierter Geduld.
»Es sind Enkelkinder, die noch nicht einmal geboren sind. Und es sind welche,
die wir nie haben werden, wenn ich sie an das verliere, was auch immer sie in
der Gewalt hat.«
»Du
könntest sie weit wegbringen von diesen Ufern und sie trotzdem verlieren, Hawk. Bis wir nicht
herausgefunden haben, was Macht über sie hat, wird sie niemals wirklich sicher
sein«, argumentierte Lydia hartnäckig. »Sie und ich
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