Zauber der Leidenschaft
identifizieren. Und bevor sie gelernt hatten, ihre eigenen herzustellen, um seinen entgegenzuwirken.
Sabine hob lässig den Kelch. » Slàinte .« Sie leerte ihn bis zum Grund. »Jetzt muss ich aber wirklich ein bisschen schlafen. Denk dran, Omort, ich tue dies für uns. Und ich weiß, du willst, dass wir Erfolg haben.«
»Nun gut, Sabine.« Mit einem letzten langen Blick verließ er endlich das Zimmer, doch sie hörte noch, wie er » Bald « murmelte.
Endlich allein, ging sie wieder auf den Balkon. Während sie auf die bewegte See hinausblickte und tief die salzige Luft einatmete, grübelte sie über ihre gegenwärtige Lage nach. Komplotte und Intrigen. Sie wollte Tornin für sich selbst und Lanthe. Doch nach dem eben Erlebten fürchtete sie, dass Omort sie zur Aufgabe zwingen würde, bevor sie auch nur die Chance zum Kampf bekommen könnte.
Sie erschauerte. Er war so kühn gewesen, in ihr Gemach einzudringen, und hatte Kälte und Kummer mitgebracht, die ihn umgaben wie ein Umhang. Sie fühlte sich nachdenklich und unrein. Zum ersten Mal blieb Sabines Blick nicht aufs Meer gerichtet, stattdessen wandte sie sich nach Süden, in Richtung des Kerkerturms.
Der Dämon war eine solche Naturgewalt, und sie stellte sich vor, wie es wäre, sich in ihm zu verlieren. Schließlich stellte sie auf einmal fest, dass ihre Füße sie in seine Richtung trugen. Ihr Herz sehnte sich nach … irgendetwas .
9
Ohne ein Wort stieg Sabine zu dem Dämon ins Bett. Auch wenn sie spürte, wie er sich augenblicklich versteifte, legte sie sich neben ihn auf den Rücken, ohne ihn zu berühren, aber nahe genug, um die Hitze zu fühlen, die von seinem gewaltigen Körper ausging.
Eine ganze Weile lagen sie so schweigend Seite an Seite, als ob sie einen unsicheren Waffenstillstand geschlossen hätten. Beide starrten an die Decke, darum ließ sie sie augenscheinlich verschwinden, und der Nachthimmel kam zum Vorschein.
Er verkrampfte sich noch mehr. »Deine Macht ist groß.« Seine Stimme war tief und knurrend.
Sie schien sie in der Finsternis spüren zu können. »Das ist sie.«
»Ist all das Illusion, oder hast du die Decke verschwinden lassen?«
»Meine Eitelkeit sagt mir, dass du von meiner göttinnengleichen Gabe beeindruckt und darum neugierig bist. Die Erfahrung sagt mir, dass du meine Stärken und Schwächen kennenlernen willst, damit du mich töten kannst.«
»Ich werde dein Leben verschonen, wenn du mich jetzt befreist«, sagte er. »Du hast mir übel mitgespielt, aber noch hast du mir nichts angetan, was nicht wiedergutzumachen wäre.«
»Gib mir Zeit, Dämon.« Wie konnte er nur so warm sein? Es war unglaublich, aber sie fühlte, wie sie sich entspannte. »Um auf deine Frage zu antworten: Das alles ist Illusion. Sowohl optisch als auch akustisch.«
»Du kannst andere nicht dazu bringen, Dinge zu fühlen?«
»Ich vermag keine taktilen Illusionen zu schaffen – noch nicht. Und das ist eine Schande, denn mit meinen eingebildeten Pfeilen könnte ich ganze Armeen vernichten. Aber dennoch bin ich in der Lage, andere dazu zu bringen, bestimmte Dinge zu fühlen.«
»Wie?«
»Ich kann dich deine schlimmsten Albträume oder größten Wunschträume sehen lassen. Und ich kann sie kontrollieren.«
»Besitzt du noch weitere Fähigkeiten?«
»Dutzende«, log sie. Die einzige andere war ein Geburtstagsgeschenk, das Lanthe ihr vor langer Zeit gemacht hatte: die Fähigkeit, mit Tieren zu reden und sie zu hypnotisieren. »Ich verfüge über eine ganze Menge.«
Er schien darüber nachzudenken. Schließlich fragte er: »Hast du darüber nachgedacht, was du da anstrebst? Was es bedeuten würde, ein Dämonenkind zu gebären und aufzuziehen?«
In Wahrheit hatte sie überhaupt nicht großartig nachgedacht. Sie hatte sich verboten, sich ihre Schwangerschaft, die Geburt oder die Erziehung eines Dämonenprinzen auszumalen. Wenn sie doch einmal anfing, sich zu fragen, wie ihr Halbling wohl aussehen würde, zwang sie sich, an etwas anderes zu denken.
Ihr Ziel war klar umrissen, ihr Plan geschmiedet. Der Rest waren nur Details. Aber Omorts Besuch würde möglicherweise eine Planänderung nach sich ziehen.
Sie beantwortete die Frage des Dämons mit einer Gegenfrage. »Woher willst du denn wissen, ob ich nicht schon eine ganze Schar Dämonenkinder habe?«
»Und, hast du?«
»Nein, ich habe keine Kinder.«
»Was, wenn du ein Mädchen zur Welt bringst? Das Königreich von Rothkalina ist eine patrilineale Gesellschaft.«
»Erinnere mich bloß
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