Zauber der Schlange
gebeten habe, vorbeizukommen«, sagte der Graf. »Ich scheine es vergessen zu haben. Kannst du dich vielleicht daran erinnern?«
»Nur eine kleine Sache, Graf«, antwortete Y’diss. »Das kann ich leicht erledigen. Sie brauchen Ruhe. Sie dürfen sich nicht überanstrengen, wie Sie wissen.«
Der Graf fuhr sich mit einer Hand übers Gesicht. »Jetzt, wo du es sagst, fühle ich mich wirklich etwas ermüdet, Y’diss. Vielleicht könntest du unsere Gäste unterhalten, während ich mich ein Weilchen ausruhe.«
»Aber natürlich, Graf«, sagte Y’diss mit einer neuerlichen Verbeugung.
Der Graf setzte sich in seinem Stuhl zurecht und war fast augenblicklich eingeschlafen.
»Der Graf hat eine heikle Gesundheit«, sagte Y’diss mit öligem Lächeln. »Er verläßt seinen Sessel in letzter Zeit nur noch selten. Wir sollten etwas abseits gehen, um ihn nicht zu stören.«
»Ich bin lediglich ein drasnischer Kaufmann, Eminenz«, sagte Silk, »und das sind meine Diener – bis auf meine Schwester hier. Wir sind etwas erstaunt über all dies.«
Y’diss lachte. »Warum beharrst du auf dieser absurden Komödie, Prinz Kheldar? Ich weiß, wer du bist. Ich kenne euch alle, und ich kenne eure Mission.«
»Warum interessierst du dich für uns, Nyissaner?« fragte Meister Wolf barsch.
»Ich diene meiner Herrin, der Ewigen Salmissra«, antwortete Y’diss.
»Ist die Schlangenfrau für die Grolims tätig?« fragte Tante Pol, »oder beugt sie sich dem Willen Zedars?«
»Meine Königin beugt sich niemandem, Polgara«, erwiderte Y’diss zornig.
»Ach wirklich?« Sie hob eine Augenbraue. »Dann ist es allerdings seltsam, einen ihrer Diener zu treffen, der nach einer Grolimpfeife tanzt.«
»Ich habe nichts mit den Grolims zu schaffen«, sagte Y’diss. »Sie durchkämmen ganz Tolnedra nach euch, aber ich habe euch gefunden.«
»Finden heißt nicht behalten, Y’diss«, sagte Meister Wolf gelassen. »Vielleicht sagst du uns einfach, was das alles soll.«
»Ich werde dir nur sagen, was ich will, Belgarath.«
»Ich finde, das reicht, Vater«, sagte Tante Pol. »Wir haben wirklich keine Zeit für nyissanische Rätselspiele, nicht wahr?«
»Tu’s nicht, Polgara«, warnte Y’diss. »Ich kenne deine Macht. Meine Soldaten werden deine Freunde töten, sobald du auch nur die Hand hebst.«
Garion fühlte, wie er von hinten ergriffen wurde und man ihm eine Schwertklinge gegen die Kehle preßte.
Tante Pols Augen loderten plötzlich auf. »Du bewegst dich auf gefährlichem Boden!«
»Ich glaube, es ist nicht nötig, daß wir hier lauter Drohungen austauschen«, sagte Meister Wolf. »Du hast also, wenn ich recht verstehe, nicht vor, uns den Grolims auszuliefern?«
»Ich interessiere mich nicht für Grolims«, sagte Y’diss. »Meine Königin hat mir befohlen, euch zu ihr nach Sthiss Tor zu bringen.«
»Wieso interessiert Salmissra sich für diese Angelegenheit?« fragte Wolf. »Es geht sie nichts an.«
»Das wird sie euch selbst erklären, wenn ihr nach Sthiss Tor kommt. Inzwischen gibt es ein paar Dinge, die ich von euch wissen will.«
»Mich dünkt, Ihr werdet wenig Erfolg damit haben«, sagte Mandorallen steif. »Wir haben keineswegs die Angewohnheit, Privatangelegenheiten mit unangenehmen Fremden zu besprechen.«
»Und mich dünkt, daß du dich irrst, mein lieber Baron«, antwortete Y’diss mit kaltem Lächeln. »Die Kerker dieses Hauses sind tief, und was dort geschieht, kann sehr unangenehm sein. Ich habe Diener, die sehr bewandert darin sind, außerordentlich überzeugende Foltern anzuwenden.«
»Ich fürchte Eure Folter nicht, Nyissaner«, sagte Mandorallen verächtlich.
»Nein. Das glaube ich auch nicht. Angst setzt Phantasie voraus, und ihr Arendier seid nicht intelligent genug, um Phantasie zu besitzen. Aber die Foltern werden deinen Willen schwächen – und meinen Dienern Unterhaltung bescheren. Gute Folterknechte sind schwer zu finden, und sie werden mürrisch, wenn sie nichts zu tun haben. Ich denke, du verstehst mich. Später, nachdem ihr alle Gelegenheit hattet, sie ein-, zweimal zu besuchen, werde ich etwas anderes ausprobieren. Nyissa strotzt vor Wurzeln, Blättern und seltsamen kleinen Beeren mit merkwürdigen Eigenschaften. Seltsamerweise ziehen die meisten Leute Streckbett oder Rad meinen kleinen Tränken vor.« Y’diss lachte, ein brutales Lachen ohne jede Freude darin. »Wir werden all das später besprechen, wenn ich den Grafen für die Nacht vorbereitet habe. Jetzt werden euch die Wachen erst einmal
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