Zauber der Schlange
Zeitverschwendung«, meinte Wolf. »Salmissra hat sich in diese Angelegenheit eingemischt. Das ist alles, was wir wissen müssen. Ihre Motive interessieren mich wirklich nicht besonders. Laßt uns so leise wie möglich hier hinausgehen.«
Sie schlichen an dem schnarchenden Wächter vorbei, bogen um eine Ecke und gingen vorsichtig einen anderen Gang entlang.
»Ist er tot?« fragte eine Stimme, erschreckend laut, hinter einer verschlossenen Tür, durch die rotes, diesiges Licht fiel.
»Nein«, antwortete eine zweite Stimme, »nur bewußtlos. Du hast zu stark am Hebel gezogen. Du mußt den Druck gleichmäßig halten. Sonst fallen sie in Ohnmacht und du mußt wieder von vorn anfangen.«
»Das ist viel schwerer, als ich dachte«, beklagte sich die erste Stimme.
»Du machst es schon gut«, sagte die zweite Stimme. »Die Streckbank ist immer etwas knifflig. Denk nur daran, daß der Druck gleichmäßig sein muß und du nicht an dem Hebel reißen darfst. Sie sterben normalerweise, wenn du ihnen die Arme aus den Gelenken reißt.«
Tante Pols Gesicht nahm einen harten Ausdruck an, ihre Augen flackerten kurz auf. Sie machte eine kleine Geste und flüsterte etwas. Ein kurzes, leises Geräusch murmelte in Garions Kopf.
»Weißt du«, sagte die erste Stimme ziemlich schwach, »plötzlich fühle ich mich nicht so besonders.«
»Jetzt, wo du es sagst, fällt es mir auch auf«, stimmte die zweite zu. »Ist dir das Fleisch heute abend gut vorgekommen?«
»Es schien gut zu sein.« Eine längere Pause. »Ich fühle mich wirklich überhaupt nicht gut.«
Sie schlichen auf Zehenspitzen an der verschlossenen Tür vorbei, und Garion vermied es sorgsam, durch das Gitter hineinzusehen. Am Ende des Korridors befand sich eine schwere Eichentür, die mit Eisen beschlagen war. Silk betastete den Türgriff. »Sie ist von außen verschlossen«, sagte er.
»Da kommt jemand«, warnte Hettar.
Das Trampeln schwerer Füße auf den Steinstufen hinter der Tür war zu hören, Stimmengemurmel und ein rauhes Lachen. Wolf wandte sich rasch der Tür einer nahegelegenen Zelle zu. Er berührte das rostige, eiserne Schloß, und ein sanftes Klicken ertönte. »Hier herein«, flüsterte er. Sie zwängten sich alle in die Zelle, und Wolf schloß die Tür hinter ihnen.
»Wenn wir etwas mehr Zeit haben, würde ich mich gern mit dir darüber unterhalten«, sagte Silk.
»Du hattest soviel Spaß mit den Schlössern, den ich dir nicht verderben wollte.« Wolf lächelte. »Jetzt hör zu. Wir müssen uns um diese Männer kümmern, ehe sie herausfinden, daß unsere Zellen leer sind und sie das ganze Haus aufwecken.«
»Das können wir«, sagte Barak zuversichtlich.
Sie warteten.
»Sie öffnen die Tür«, wisperte Durnik.
»Wie viele sind es?« fragte Mandorallen.
»Ich weiß nicht.«
»Acht«, sagte Tante Pol entschieden.
»Also gut«, sagte Barak. »Wir lassen sie vorbeigehen und springen sie dann von hinten an. Ein oder zwei Schreie werden hier unten wohl nicht auffallen, aber wir müssen sie rasch erwischen.«
Sie warteten angespannt in der Dunkelheit der Zelle.
»Y’diss sagt, es spielt keine Rolle, wenn ein paar von ihnen bei der Befragung sterben«, sagte einer der Männer draußen. »Die einzigen, die wir am Leben lassen müssen, sind der alte Mann, die Frau und der Junge.«
»Dann laß uns den Großen mit dem roten Bart zuerst töten«, schlug ein anderer vor. »Er sieht aus, als könnte er Ärger machen, und er ist wahrscheinlich sowieso zu dumm, um etwas Nützliches zu wissen.«
»Der ist für mich«, flüsterte Barak.
Die Männer im Korridor passierten ihre Zelle.
»Los jetzt«, sagte Barak.
Es war ein kurzer, häßlicher Kampf. Völlig überraschend fielen sie über die verblüfften Gefängniswärter her. Drei lagen am Boden, ehe die übrigen überhaupt begriffen, was vor sich ging. Einer stieß einen überraschten Schrei aus, sprang an dem Getümmel vorbei und lief zurück zur Treppe. Ohne zu überlegen, warf Garion sich vor den Flüchtenden. Dann rollte er sich herum, verhakte sich in den Beinen des Mannes und brachte ihn so zum Stolpern. Der Wächter fiel, versuchte wieder aufzustehen und sank dann schlaff zu Boden, als Silk ihn kräftig hinters Ohr trat.
»Bist du in Ordnung?« fragte Silk.
Garion kroch unter dem bewußtlosen Wächter hervor und kam auf die Beine, aber der Kampf war schon fast vorbei. Durnik schlug den Kopf eines untersetzten Mannes gegen die Wand, Barak hieb einem anderen die Faust ins Gesicht. Mandorallen
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