Zauber der Sonneninsel
aufmunternd zu. “Du wirst dich erst einmal von ihm trennen müssen, Schwesterchen.”
Die Krankenpfleger hoben Tomás vorsichtig auf die Trage. Petra beobachtete, wie sie mit ihm in Richtung Ausgang verschwanden, und fühlte Panik in sich aufsteigen.
“Können wir nicht auch zum Krankenhaus fahren?” bat sie ihren Bruder verzweifelt.
“Das hat keinen Sinn. Er wird wahrscheinlich sofort geröntgt und dann auf eine Station gebracht oder vielleicht in den Operationssaal.”
“Ich möchte aber trotzdem hin.”
“Na gut.” James nickte ihr beruhigend zu. “Wir fahren in deinem Wagen hinterher.” Er sah sich im Saal um. “Wir nehmen besser den Bühnenausgang.”
Als James und Petra auf die dunkle Nebenstraße hinauskamen, blieben sie wie erstarrt stehen. Ein paar Meter entfernt parkte Tomás’ Ferrari. Oder das, was nur noch davon übrig geblieben war. Und das sah trostlos aus.
Jemand hatte mit Knüppeln oder Eisenstangen so lange auf den Wagen eingeschlagen, bis er nur noch ein Haufen Blech war. Beim Anblick der zersprungenen Windschutzscheibe und der verbeulten Motorhaube ergriff Petra wieder Panik. Die Türen hingen wie zerbrochene Flügel in den Angeln. Selbst das Polster der Ledersitze war aufgeschlitzt, so dass die Füllung herausquoll.
“Verdammt noch mal!” fluchte James. “Haben sie denn immer noch nicht genug angestellt?”
“Verrückt”, flüsterte Petra. Sie starrte fassungslos auf den zertrümmerten Wagen. “Sie sind alle verrückt!”
“Warte hier. Ich hole die Polizei.” James rannte zurück in den Saal.
Ein Slogan war auf den Wagen gesprüht worden, aber Petra wollte gar nicht lesen, was da stand. Wie gelähmt vor Grauen, schien sie jetzt erst zu begreifen, wozu Menschen fähig sind.
Schritte kamen näher. Petra drehte sich um und erkannte Barry Lear, der mit den Händen in den Taschen auf sie zukam.
Er betrachtete den zerbeulten Ferrari und lächelte. “Das ist wirklich eine Schande.” Die Schadenfreude in seinem Blick brachte Petra in Wut.
“Das ist alles dein Werk”, sagte sie und bemühte sich, ihre Stimme unter Kontrolle zu halten.
“Wie kommst du darauf?” fragte er ungerührt und kickte ein Stück Glas weg. “Ich finde, dies hier ist der reinste Vandalismus. Obwohl einige Leute es vielleicht als einen gerechten Racheakt betrachten würden.”
In diesem Moment wusste Petra, dass sie sich nicht geirrt hatte. Barry und die anderen hatten dieses Debakel von vornherein geplant. Der Abend war genauso abgelaufen, wie sie es sich vorgestellt hatten. Und sie selbst hatte es durch ihre Naivität und Dummheit überhaupt erst möglich gemacht.
Ungläubig sah sie ihn an. “Du bist ja verrückt!”
Barry warf ihr einen eiskalten Blick zu. “Ich habe dir doch gesagt, dass er diesen Abend nicht vergessen würde, oder?”
“Und das hast du damit gemeint?” Petra taumelte. Sie musste sich gegen die kalte Steinwand lehnen. “Barry, ich kann es einfach nicht glauben. Du musst doch wissen, was du getan hast. Nach allem, was letztes Jahr auf Sa Virgen geschehen ist …” Sie schüttelte langsam den Kopf. “Ist dir nicht klar, dass du ihn hättest töten können?”
Er sah sie unbewegt an. Weder die Geschehnisse in der Halle noch die Zerstörung des Wagens bedeuteten ihm etwas. “Ich habe nichts damit zu tun.”
“Du lügst!”
“Ich habe sogar um Ruhe und Ordnung gebeten.” Er grinste. “Ich war sehr mutig, das haben mir viele Leute versichert.” Er legte den Kopf auf die Seite und erinnerte mehr denn je an einen Vogel. “Außerdem ist es jetzt vorbei. Wir sollten daran denken, worum es hier geht.”
“Ich habe es tatsächlich vergessen”, sagte sie bitter. “Worum geht es denn?”
“Um die Welt, in der wir leben.” Plötzlich klang Barry leidenschaftlich. “Es geht um die Leute, die zu reich und zu mächtig sind, um eines Besseren belehrt zu werden. Es geht um die hilflosen Vögel und Pflanzen auf Sa Virgen, die von rücksichtslosen Müßiggängern und ihren Autos zermalmt werden, wenn wir nichts dagegen tun.”
“Dagegen tun?” wiederholte Petra ungläubig. “Du glaubst, mit Aktionen wie heute Abend etwas für den Umweltschutz zu tun? Dann sollte man dich einsperren!”
Sein Blick wurde hart. “Ich wusste, dass du nicht fähig bist, bei uns mitzumachen. Deshalb haben wir dir auch nicht erzählt, was heute passieren würde. Du bist und bleibst ein Mitglied der bürgerlichen Gesellschaft. Und wenn du glaubst, ich wüsste nicht, dass du in Torres
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