Zauber der Sonneninsel
als sie um zehn Uhr aufwachte. James brachte ihr die neuesten Nachrichten.
“Der Röntgenbefund ist gut”, berichtete er und reichte ihr eine Tasse Tee. “Ich habe das aus zuverlässiger Quelle. Kein Schädelbruch und keine Blutgerinnsel.”
“Gott sei Dank!” Petra setzte sich auf. “Wird er wieder gesund?”
“So wie es jetzt aussieht, ja. Die Wunde musste genäht werden, aber da sie über dem Haaransatz liegt, wird man es nicht sehen.” James lächelte.
“Und wann wird er entlassen?”
“Wahrscheinlich morgen schon. Heute Nachmittag darf er Besuch empfangen. Ich fahre dich hin. Hier sind die Zeitungen. Ich dachte, das interessiert dich vielleicht.”
Die Vorfälle in der Ramon-Lull-Halle füllten die Titelseiten aller drei Morgenzeitungen. Auf einer war ein Foto von Petra, wie sie Tomás’ Kopf auf ihrem Schoß hielt. Um sie herum standen Polizisten. Sogar die radikalste der Zeitungen verurteilte die Vorkommnisse, obwohl sie ein Interview mit Andres Peraza brachte, in dem er versuchte, die Aufmerksamkeit wieder auf Sa Virgen zu lenken. Trotz allem hatte Petra jedoch das Gefühl, dass Barrys Aktionen sich gegen ihn selbst und seine Freunde wandten.
Petra stand langsam auf und zog sich an. Sie hätte sich nicht elender fühlen können, wenn sie selbst gestern Abend von einer Flasche getroffen worden wäre.
James nutzte seine Kontakte im Krankenhaus, so dass Petra eine Stunde vor der offiziellen Besuchszeit vorgelassen wurde.
Doch Petra musste erkennen, dass ihr jemand zuvorgekommen war. Eine schlanke, elegante Frau verließ gerade das Privatzimmer von Tomás und versperrte ihr den Weg. Petra sah in Cristina Coloms kalte Augen.
“Ich habe ihn vor Ihnen gewarnt”, erklärte Cristina ruhig. “Er wollte nicht auf mich hören. Vielleicht tut er es jetzt. Warum sind Sie gekommen? Um sich an seinem Anblick zu weiden?”
“Ich möchte zu Tomás”, erwiderte Petra mühsam beherrscht. “Die Schwester sagte mir, er sei wach.”
Cristina lächelte kalt. “Glauben Sie etwa, dass Tomás Sie sehen will? Sie sind unverschämter, als ich dachte.”
“Lassen Sie mich vorbei!” verlangte Petra energisch.
Cristinas Blick glitt über Petras Kleidung. Cristina war nur etwa sechs oder sieben Jahre älter, aber es lagen Welten zwischen dem Auftreten und Stil der Spanierin und Petras Natürlichkeit.
“Die Schwester hat sich geirrt”, sagte Cristina kurz. “Er schläft gerade. Sie können jetzt nicht hinein.”
“Dann warte ich”, erwiderte Petra kühl.
“In der Zwischenzeit kann ich ja ein offenes Wort mit Ihnen reden”, sagte Cristina herausfordernd. “Sie hatten es von Anfang an darauf angelegt, sich an Tomás heranzumachen. Ein hübsches Spielchen, das Sie sich da ausgedacht haben. Aber Sie waren ein bisschen zu schlau und ein bisschen zu unverschämt. Das Spiel ist aus, Miss Castle.”
“Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen”, wehrte sich Petra steif.
“Sie sind so leicht zu durchschauen”, meinte Cristina verächtlich. “Ihre Absichten sind nur allzu deutlich. Aber ich kann Ihnen versichern, dass Ihre Pläne, soweit sie Tomás Torres betreffen, nicht aufgehen werden.”
“Sie haben kein Recht, so mit mir zu sprechen!” Petra zitterte vor Wut über Cristinas Beleidigungen. “Ich bin nicht im Mindesten an seinem Geld interessiert.”
“Seinem Geld?” Cristina lachte höhnisch. “Das ist es also? Dachten Sie, er wäre reich? Eine gute Partie für eine Bürgerliche wie Sie?”
“So hat mich gestern schon einmal jemand genannt”, bemerkte Petra trocken. “Aber einer von der anderen Seite.” Hinter der zur Schau getragenen Ruhe verbarg sie ihre Verwirrung. “Ich hatte den Eindruck, dass er reich ist, aber für mich ist es unwichtig.”
“Ich muss Sie leider enttäuschen”, sagte Cristina scheinheilig. “Tomás Torres hat kaum genug Geld, um Alcamar zu halten. Warum, glauben Sie, lässt er sich die Nase nicht richten? Weil er dummerweise meint, er müsse zuerst seine Leute bezahlen. Haben Sie das nicht gewusst?”
“Nein.”
“Sie kleiner Dummkopf! Haben Sie sich etwa Hoffnungen gemacht, in die Torres-Familie einzuheiraten?”
“Natürlich nicht. Aber Alcamar – und die Yacht …”
Cristina zog die Augenbrauen hoch. “Die ‘Epoca’? Tomás hat kein Geld für solch teure Spielzeuge”, erwiderte sie verächtlich. “Die ‘Epoca’ gehört mir. Und was Alcamar betrifft, so hat Tomás sich ganz auf den Anbau von Zitrusfrüchten verlegt. Aber in den letzten Jahren
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