Zauber der Vergangenheit
Dann entglitt ihr seine Hand wieder. Er war noch zu geschwächt.
»Wollt ihr mich vielleicht mal in euer Geheimnis einweihen?«, fragte ich.
Lilian wischte sich mit dem Ärmel ihres Umhangs die Tränen aus dem Gesicht und wechselte einen bedeutungsvollen Blick mit Drew. Er nickte schwach. Ich sah sie abwartend an.
»Violet, es gibt da etwas, das du wissen solltest. Ich habe euch nicht verraten. Das hätte ich niemals getan. Ihr habt mir schließlich das Leben gerettet. Wenn ihr beide nicht gewesen wäret, dann wäre ich längst tot. Ich verdanke euch mehr, als ich euch je zurückgeben könnte.« Sie stockte. Drew griff wieder nach ihrer Hand. Offenbar wollte er ihr damit signalisieren, dass sie weitersprechen sollte. Sie sah wieder von ihm zu mir. »Drew hatte die Idee dich eifersüchtig zu machen.«
»Aber warum?«, fragte ich. Ich verstand nicht, wo der Sinn darin lag.
»Es stimmt, was Joshua gesagt hat«, wisperte Drew. »Ich habe ihn gebeten, dir den Ring abzunehmen. Als ich dich zusammen mit Anthony gesehen habe, da dachte ich, dass er hinter deinem Ring her sei. Ich wollte auf keinen Fall riskieren, dass du in irgendeiner Weise gefährdet wirst. Deshalb habe ich mich an meinen Vorfahren Joshua gewendet. Ich dachte, da er zur Familie gehört, würde er mir helfen. Ich habe ihm vertraut. Er sollte einen Weg finden, ihn dir zu entwenden und ihn mir dann auszuhändigen. Ich dachte, Anthony würde dich dann in Ruhe lassen. Der Zettel, den mir die Wirtin im Gasthaus gegeben hat, war keine Quittung. Es war eine Notiz, dass wir an diesem Tag überfallen würden. Joshua meinte, so würde es echter wirken. Aber als die Kerle versucht haben uns umzubringen, wurde mir klar, dass ich einen Fehler gemacht hatte.« Drew hustete stark und schloss für einen Moment die Augen.
»Drew, du darfst nicht so viel sprechen. Du musst dich ausruhen«, bat Lilian und bedachte ihn mit einem besorgten Blick. Dann sah sie wieder zu mir.
»Drew wusste nun, dass Joshua auch aus eigenem Interesse hinter den Ringen her war und euch deshalb auf Schritt und Tritt beobachten ließ. Aber er sollte sie natürlich nicht bekommen. Drew war der Überzeugung, dass es für dich in seiner Gegenwart nicht sicher war. Damit Joshua außerdem nicht gleichzeitig in den Besitz beider Ringe kommen konnte, beschloss er, dass ihr beide für eine Weile getrennte Wege gehen solltet. Er wusste aber auch, dass du dich nicht freiwillig von ihm trennen würdest. Deshalb habe ich Drew geküsst, um dich eifersüchtig zu machen.«
»Und das hat ja auch ganz hervorragend geklappt«, warf Drew ein und grinste breit.
»Als du aus dem Geschäft gestürmt bist, habe ich nur gehofft, dass Anthony dich schnell finden würde«, sagte Lilian.
»Anthony? War er etwa auch Teil eures Plans?«, fragte ich irritiert. Lilian biss sich verlegen auf die Lippe.
»Er sollte dich finden und …« mehr traute sie sich anscheinend nicht zu sagen. Ihr Blick wanderte nervös umher.
»Er sollte mich glauben machen, dass er in mich verliebt sei«, vollendete ich den Gedanken.
»Ja, ein bisschen, damit du Drew leichter loslassen konntest. Drew sagte, er habe gesehen, wie du Anthony angesehen hast. Er glaubte, du würdest etwas für ihn empfinden und dass es deshalb leicht für Anthony würde, dein Vertrauen zu gewinnen. Aber vor allem sollte Anthony dich beschützen, Violet. Er ist einer der besten Schwert- und Degen-Kämpfer weit und breit«, sagte Lilian. »Bei ihm warst du in Sicherheit.«
»Wie lange genau spielt ihr mir schon etwas vor?«, fragte ich ärgerlich.
»Violet, das …«, setzte Drew an, doch ich unterbrach ihn.
»Wie lange?«, beharrte ich. Langsam wurde ich zornig.
»Ehrlich gesagt schon seit der Nacht im Wald«, gab Lilian zu.
»War Anthony da auch schon in euren Plan eingeweiht?«, fragte ich Lilian. Es gab da ja noch dieses kleine Geheimnis, das wir teilten.
»Ja, er wusste von dem Plan«, gab Lilian zu. Ich blickte niedergeschlagen zu Boden. Es war wirklich alles gespielt gewesen. Der Kuss im Wald, seine Liebeserklärung an mich, einfach alles.
»Warum hat er dann für Joshua Scott gearbeitet?«, fragte ich.
»Er sollte Joshua vormachen, dass er sein Verbündeter sei. Joshua sollte dich und den Ring bei Anthony in Sicherheit wähnen. Er sollte im Glauben sein, dass er das bekam, was er wollte. Wir hofften, dass er euch dann nicht weiter beobachten würde. Aber leider war Joshua trotzdem misstrauisch und hat euch überwachen lassen. Irgendwie ist er
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