Zauber der Wellen - Feehan, C: Zauber der Wellen - Oceans of Fire (3 - Abigail)
die sie in seiner Gesellschaft verbracht hatte. Sie waren derart ineinander aufgegangen, dass ihr gar nicht aufgefallen war, dass er sie nie seinen Freunden vorgestellt hatte. Mit Mitarbeitern hatte er sie häufig bekannt gemacht, aber nie mit Freunden. »Du bist fantastisch mit Joley umgegangen, Sasha. Du wusstest genau, was sie braucht, und du hast in jedem Moment exakt das Richtige gesagt. «
»Ich habe eine gründliche Schulung mitgemacht, Abbey. Ich durchschaue andere Menschen.«
»Warst du jemals wirklich in mich verliebt?« In dem Moment, als die Worte über ihre Lippen kamen, wollte sie sie zurücknehmen. Ihre Kehle war rau vor Schmerz, und das schlug sich in ihrer heiseren Stimme nieder.
Er fluchte erneut. »Wie kannst du mich das fragen?«
»Du hast mir gerade gesagt, dass unsere Begegnung kein Zufall war, sondern dass du schon von meinen Fähigkeiten wusstest, bevor du mir persönlich begegnet bist. Ich mag zwar naiv gewesen sein, Aleksandr, aber heute kann ich wieder klar denken. Du hast dieses Treffen mit mir eingefädelt, und dann hast
du so getan, als seist du gern mit mir zusammen, damit ich dir bei deinem Fall helfe.«
»Verflucht noch mal, Abbey. Kinder sind gestorben. Soll ich mich etwa dafür entschuldigen, dass ich jedes erdenkliche Werkzeug benutzen wollte, das mir zur Verfügung stand? Ich habe mich gegen Vorschriften zur Wehr setzen müssen, gegen meine Vorgesetzten, gegen Eltern und gegen Behörden. Er hatte schon seit mehr als zwei Jahren Kinder getötet. Willst du wissen, wie meine Albträume damals ausgesehen haben?«
Einen Moment lang brannte seine Brust, und sein Magen verkrampfte sich und rebellierte. Er hätte sie am liebsten geschüttelt. Er wollte sie an einen Ort verschleppen, wo sie miteinander allein waren und sie nicht fortlaufen konnte und ihm zuhören musste. Es war ein dunkler, primitiver Trieb, und er schämte sich dessen ein wenig, aber er dachte gar nicht daran, sich für Dinge zu entschuldigen, die unvermeidlich gewesen waren. Schließlich war es nicht ihre Aufgabe gewesen, die kleinen Leichen zu untersuchen. Und sie war auch nicht diejenige gewesen, die den Eltern sagen musste, ihr Kind käme nicht mehr nach Hause, weil ein widerliches, perverses Ungeheuer sie an sich gebracht hatte. Und sie hatte auch nicht Tag und Nacht um Unterstützung gekämpft, während niemand wahrhaben wollte, was immer wieder passierte. Oder auch nur, dass so etwas passieren könnte.
Sie sah ihm ins Gesicht. Die Wut hatte seine Augen dunkelblau gefärbt und kleine weiße Linien um seine Mundwinkel herum gezeichnet. »Warum hast du mich nicht einfach nur darum gebeten, dir zu helfen?«
»Ich kannte dich nicht. Ich wusste nicht, was für ein Mensch du bist. Du kamst aus einem anderen Land, und du hast eine Gabe besessen, die ich nicht wirklich verstehen konnte. Wenn ich all das noch einmal tun müsste, dann würde ich dir von Anfang an die Wahrheit sagen, Abbey, aber selbst wenn ich dir nicht wahrheitsgemäß gesagt habe, dass ich bereits von deinen
Fähigkeiten wusste, dann kannst du mir trotzdem glauben, dass meine Gefühle für dich echt waren und es noch heute sind. Du hast nicht nur mein Leben verändert, du hast mich verändert. Etwas in meinem Innern ist anders als früher. Ich dachte, ich könnte ohne dich leben, aber ich kann es nicht. Und es leuchtet mir auch überhaupt nicht ein, weshalb ich das tun sollte.«
»Aleksandr.« Sie versuchte ihm Einhalt zu gebieten, doch er schüttelte den Kopf.
»Nein, das hast du getan. Du hast es mir unmöglich gemacht, ohne dich zu leben. Die Arbeit spielt für mich nicht mehr die Rolle, die sie früher gespielt hat. Ich tue sie nach wie vor, routiniert und unbeteiligt, und ich führe meine Aufträge aus, aber es ist nicht mehr dasselbe. Ich war zielstrebig und hatte Schwung, und du hast mir beides genommen. Ich habe mir viele Gedanken darüber gemacht. Ich hatte weiß Gott genug Zeit, um darüber nachzudenken. Du bist zornig und du bist verletzt, und es ist dein gutes Recht, aber das ändert nichts an dem Umstand, dass wir beide zusammengehören. Ich bin nicht bereit, das, was wir hatten, einfach wegzuwerfen.«
Eine kräftige Welle barst dröhnend in der Höhle, und Wasser sprühte hoch. »Wir sollten lieber sehen, dass wir von hier verschwinden«, riet Abigail. Sie konnte nicht mit ihm reden. Wenn das, was er sagte, der Wahrheit entsprach, brach es ihr das Herz. Sie wollte nach Hause und sich von der Wärme und der Liebe ihrer Schwestern
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