Zauber des Orients
ihr den Atem, ihr Magen zog sich nicht zusammen, nicht die geringste Spur von Sehnsucht regte sich in ihr. Der Gedanke, ihm die Kleider vom Leib zu reißen, um sich an ihn schmiegen und seine Haut fühlen zu können, kam ihr gar nicht. Vere war nichts anderes als ein netter Mann mit einem freundlichen Lächeln, der aussah wie der Mann, den sie liebte. Kein noch so kleiner Funken sprang über. Nur eine gewisse Neugier empfand Sadie für ihn, da er Drax’ Zwillingsbruder war.
Jetzt spürte sie, dass Drax näher an sie herangetreten war und hinter ihr stand, ohne dass sie sich umgedreht hätte. Sie konnte die Wärme fühlen, die sein Körper ausstrahlte, und sehnte sich nach nichts anderem, als zurückzutreten und sich gegen ihn zu lehnen, sich in seinen Armen umzudrehen, damit sie ihn berühren, ihn küssen konnte. Doch das konnte sie unmöglich tun und der Stich, der sie bei dem Gedanken daran durchfuhr, war so schmerzhaft, dass es ihr den Atem raubte.
Drax machte noch einen Schritt auf sie zu. Sie sah ihn nicht an, sie war zu beschäftigt damit, Vere anzulächeln. Natürlich wusste er, dass sie auf dem Weg zum Empfangssaal seinen Blick gesucht hatte, doch er hatte sich verboten, sie anzusehen. Denn hätte er es getan, er wäre nicht in der Lage gewesen, sie herzubringen. Es war unerträglich für ihn, sie aufzugeben, doch er konnte auch sein Versprechen gegenüber seinem Bruder nicht brechen. Ihn allein traf die Schuld. Hätte er dem Bruder nicht so prahlerisch zugesagt, eine Frau für ihn zu finden, hätte er Sadie Vere nie angeboten … Doch er hatte diese Dinge getan, und es war nichtVeres Vergehen, dass er erkannt hatte, wie bezaubernd und einzigartig Sadie war. Allein ihre sanfte Stimme zu hören, wie sie jetzt Veres Fragen beantwortete, erfüllte Drax mit einer solch rasenden Eifersucht, dass ihm übel wurde vor Selbstverachtung. Er liebte sie. Wie sollte er einer Zukunft ohne sie entgegensehen können, und schlimmer, wie sollte er es ertragen können, als Zeuge mitzuerleben, wie sie zusammen mit Vere glücklich wurde?
11. KAPITEL
„Also hier in dieser Oase wurde der Staatsvertrag unterzeichnet?“
Sadie zwang sich zu einem Lächeln und gab sich den Anschein von heiterer Gelassenheit, während sie auf Veres Antwort wartete.
Zwei Tage, nachdem Drax ihr seine Liebe gestanden und ihr dann den Rücken gekehrt hatte, war Hakeem zu ihr gekommen, um ihr freudig aufgeregt mitzuteilen, dass sie zum königlichen Gefolge gehören sollte, um in der Oase der Zwei Tauben den Jahrestag der Staatsgründung zu feiern.
Die Oase lag am Rande des Wüstengebiets des Landes, und am gestrigen Nachmittag war der Hofstaat angekommen. Unterkunft bot ein kleines, aber sehr luxuriöses Lager, bestehend aus pavillonähnlichen schwarzen Zelten, freundlich lächelnde Diener kümmerten sich um jeden Wunsch der Gäste.
Sobald Sadie den für sie bestimmten Zeltpavillon betrat, staunte sie über den Luxus und den Komfort, der sie erwartete. Sie hatte sogar ein eigenes Badezimmer, komplett mit Dusche.
Aber Drax, den hatte sie nicht. Die Oase war von unvergleichlicher Schönheit, doch der tiefe Kummer machte es Sadie unmöglich, diese Schönheit zu genießen. Das Frühstück, das man ihr servierte, hatte sie unangerührt stehenlassen, und sie war zu einem abgelegenen Bereich der Oase gewandert, fort von den Zelten, um ihre Bedrücktheit und Verwirrung vor den anderen zu verbergen und sich zu überlegen, was sie tun sollte.
Und jetzt war Vere zu ihr gekommen, Vere, so charmant und sehr nett. Aber er war nun mal nicht der Mann, den sie wollte und liebte. Während Drax, der Mann, den sie wollte und liebte, so tat, als existiere sie gar nicht. So war es nicht überraschend, dass sie sich elend fühlte.
„Hat Drax Ihnen schon mitgeteilt, dass wir unseren Aufenthalt in der Oase früher als geplant abbrechen müssen?“, fragte Vere.
Sadie schüttelte nur stumm den Kopf. Sie konnte Vere unmöglich wissen lassen, dass Drax seit ihrer Ankunft hier kein einziges Wort mit ihr gewechselt hatte.
„Wir haben die Nachricht erhalten, dass ein Sandsturm auf dem Weg hierher ist, sehr viel stärker, als zuerst angenommen. Daher können wir leider nicht länger bleiben.“
„Die Oase ist wunderschön“, sagte Sadie mit wenig Begeisterung. Ihr war aufgefallen, wie sehr Vere die Wüste liebte. Seine offensichtliche Enttäuschung gab ihr das Gefühl, Anteilnahme zeigen zu müssen.
„In der Tat. Aber die Wüste kann todbringend sein, wenn man ihr
Weitere Kostenlose Bücher