Zauber des Orients
Palasts. Seine Hoheit, der Kronprinz, dachte, dass Sie vielleicht eine Führung durch die Räumlichkeiten wünschen.“
„Ja. Ja, vielen Dank, aber erst würde ich gern … Dieses Telefon scheint nicht zu funktionieren.“
„Wen wollten Sie anrufen, Mylady?“
Madison hob eine Augenbraue. Das geht Sie nichts an , wäre ihre typische New Yorker Reaktion gewesen, doch Fouad war alt genug, um ihr Großvater zu sein.
„Mein Büro“, antwortete sie höflich, „in …“
„Ah. Das wurde bereits erledigt.“
„Nein, wurde es nicht. Ich habe nicht mit meiner Assistentin gesprochen, seit …“
„Es wurde erledigt, Mylady. Mylord hat sich darum gekümmert.“
Madison hob erneut eine Augenbraue. „Der Prinz?“
„Ja, er hat den Anruf getätigt.“
„Nun, das war nett von ihm, aber ich möchte trotzdem telefonieren, wenn Sie mir also kurz zeigen könnten …“
„Sie sollen sich den Palast ansehen, Madame. Der Prinz hat es befohlen.“
Der Prinz hatte einen Anruf getätigt, um den sie ihn nicht gebeten hatte. Hatte er nun auch noch tatsächlich befohlen , dass sie sich den Palast ansah, oder lag es daran, dass sich der alte Mann missverständlich ausdrückte?
„Mylady?“
Es hatte keinen Sinn, Fouad um eine Antwort zu bitten. Ihre Fragen würde sie sich für Tariq aufheben.
„Ich würde mich freuen, den Palast zu sehen“, erklärte sie freundlich.
Der alte Mann versank in einer weiteren dieser ach so servilen Verbeugungen, gefolgt von einer kurzen Handbewegung in Richtung Tür.
„Wenn Sie mich bitte begleiten würden?“
Madison zwang sich zu einem höflichen Lächeln und gesellte sich an die Seite des alten Dieners.
Durch den Palast zu gehen war wie der Spaziergang durch einen Traum.
Hohe Decken. Kunstvoll bemalte Wände. Marmorne Treppen. Kristalllüster. Originalskulpturen von Michelangelo und Rodin. Madison sah elegant eingerichtete Wohnzimmer und andere Räume, in denen blitzende Computer standen.
Doch trotz der Anzeichen modernen Lebens war der Palast tief in der Vergangenheit verwurzelt. Sobald sie einen Raum betraten, erstarb jegliche Konversation. Die Dienerinnen versanken in einem tiefen Knicks und wagten es nicht, Madisons Blick zu begegnen. Fouad erklärte ihr dann jedes Mal, dass dies nun mal so bei ihnen Sitte sei. Es machte ihr schlagartig deutlich, wie sehr sich diese Welt von ihrer eigenen unterschied.
Eine ernüchternde Erkenntnis.
Und so schön der Palast auch sein mochte, er war eher ein Museum als ein gemütliches Heim. Erwartete Tariq etwa, dass sie hier lebten? Die Vorstellung war nicht besonders angenehm.
Die Tour durch den Palast dauerte Stunden. Oder zumindest kam es Madison so vor. Am Ende versank Fouad erneut in einer dieser furchtbar tiefen Verbeugungen.
„Bitte“, sagte sie rasch, „Sie müssen das nicht tun!“
„Es ist so Sitte, Mylady.“
War das die Antwort für alles in Dubaac? Dass es die Sitte war? Welche anderen Sitten gab es wohl noch? Sie wollte Fouad fragen oder, nachdem dieser rückwärts aus der Tür gegangen war, Sahar.
Doch die Dienerin verkündete, dass das Mittagessen bereits auf der Terrasse serviert war, und ehe Madison entgegnen konnte, dass sie kein Essen, sondern Antworten wolle, tauchte eine junge Frau auf, die kein Englisch sprach. Sie knickste und errötete.
Madison signalisierte ihr, dass sie aufschauen solle, doch es war zwecklos – das Mädchen schien allein bei der Vorstellung von Entsetzen erfasst zu werden.
„Sie ist hier, um sich um Ihre Bedürfnisse zu kümmern, Mylady“, erklärte Sahar. „Sie wird Ihnen helfen, sich für heute Abend fertig zu machen. Sie wird Ihnen ein Bad einlassen, Ihre Nägel lackieren und Ihr Haar frisieren, so wie es bei uns …“
„Sitte ist“, fiel Madison ihr schärfer ins Wort als beabsichtigt. „Aber meine Sitte ist es, diese Dinge selbst zu tun.“
„Das entspricht nicht unserer Tradition.“
Madison wandte sich frustriert ab und versuchte nachzudenken. War sie verrückt? Vielleicht. Sonst hätte sie sich wohl kaum einverstanden erklärt, Tariqs Frau zu werden, ohne vorher so entscheidende Dinge zu klären, wie wo sie leben würden oder was er von ihr erwartete …
Die andere Dienerin tuschelte verzweifelt mit Sahar. Madison drehte sich um und schaute die beiden an. Als sie sah, wie bleich das junge Mädchen geworden war, platzte ihr beinahe der Kragen.
„Was ist denn jetzt schon wieder?“
„Das Mädchen möchte wissen, ob sie ihrer Aufgabe nachkommen darf, Mylady, oder
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