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Zauber einer Winternacht

Zauber einer Winternacht

Titel: Zauber einer Winternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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sie durchmachte. Vielleicht war es reiner Instinkt gewesen, dass er sich jedes Detail, jede Anweisung gemerkt hatte. Doch jetzt, wo sie mit schmerzverzerrtem Gesicht vor ihm lag, schien ihm das Gelesene nicht wieder einzufallen.
    Als die Kontraktion vorüberging, schimmerte ihr Gesicht vor frischem Schweiß. »Sie kommen jetzt schneller«, flüsterte sie. »Es ist bald so weit.« Obwohl sie sich auf die Lippe biss, entrang sich ihr ein Schluchzen. »Ich darf das Baby nicht verlieren.«
    »Dem Baby wird nichts passieren – und dir auch nicht.« Er drückte ihr beruhigend die Hand. Sie würden Handtücher brauchen, eine Menge. Faden und Schere mussten sterilisiert werden. In den Büchern hatte alles so einfach ausgesehen. Er hoffte nur, dass es sich auch so einfach in die Tat umsetzen ließ.
    »Ich bin gleich wieder da. Ich muss ein paar Sachen holen.« Er sah, wie in ihren Augen der Zweifel aufblitzte, und beugte sich über sie. »Ich lasse dich nicht allein. Ich kümmere mich um dich, Laura. Vertrau mir.«
    Sie nickte und schloss die Augen.
    Als er wieder ins Schlafzimmer kam, starrte sie gegen die Decke und atmete stoßartig. Nachdem er die frischen Handtücher ans Fußende gelegt hatte, breitete er eine weitere Decke über ihr aus. »Ist dir kalt?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Aber das Baby wird warm gehalten werden müssen. Es kommt zu früh.«
    »Der Kamin heizt kräftig, und wir haben eine Menge Decken.« Behutsam wischte er ihr mit einem kühlen Tuch das Gesicht ab. »Du hast mit den Ärzten geredet, du hast die Bücher gelesen. Also weißt du, was auf dich zukommt.«
    Sie sah zu ihm hoch. Ja, sie wusste es, aber nur theoretisch. Mit der Realität hatte das wenig zu tun.
    »Die haben gelogen.« Als er die Stirn runzelte, verzogen sich ihre Mundwinkel zu einem schwachen Lächeln. »Die wollen einem weismachen, dass der Schmerz erträglich wird, wenn man ihn akzeptiert.«
    Er hob ihre Hand an den Mund und ließ sie dort. »Schrei, so viel du willst. Schrei, bis das Dach wegfliegt. Niemand wird es hören.«
    »Ich will das Baby nicht auf die Welt schreien.« Keuchend grub sie die Finger in seine Hand. »Ich kann nicht …«
    »Doch, du kannst. Hechle. Hechle, Laura. Drück meine Hand. Fester. Konzentriere dich nur darauf.« Er sah ihr in die Augen, während sie den Atem herausstieß. »So ist es richtig. Du machst das hervorragend.« Als ihr Körper sich entspannte, ging er ans Fußende. »Der Abstand ist geringer geworden, ja?« Noch während er sprach, kniete er sich aufs Bett und schob die Decke fort.
    »Es ist fast keiner mehr zu merken.«
    »Dann hast du es bald geschafft. Denk dran.«
    Sie wollte sich die Lippen befeuchten, doch ihre Zunge war geschwollen. »Falls mir etwas passiert, versprich, dass …«
    »Nichts wird dir passieren«, fiel er ihr ins Wort. Ihre Blicke begegneten sich erneut, ihrer fast glasig vor Schmerz, seiner dunkel vor Entschlossenheit. »Verdammt, ich werde keinen von euch beiden verlieren, verstanden? Wir drei schaffen das. Und jetzt wirst du arbeiten müssen, Engel.«
    Jedes Mal, wenn die Schmerzen sie durchströmten, litt er mit. Die Zeit zog sich zäh dahin, während sie Welle auf Welle überstand. Doch dann, wenn sie sich erschöpft ausruhte, schien die Zeit zu rasen. Gabriel wechselte permanent den Standort, arrangierte die Kissen, wischte ihr den Schweiß aus dem Gesicht, kniete sich ans Fußende, um den Fortgang der Geburt zu überprüfen.
    Er hörte das Feuer im Kamin prasseln, machte sich aber noch immer Sorgen, es könnte in der Hütte zu kalt sein. Dann wiederum war es die Hitze, die ihm zu schaffen machte, denn Lauras von Wehen geschüttelter Körper schien wie ein Ofen zu glühen.
    Er hatte nicht gewusst, was eine Geburt der Frau abverlangte. Er wusste, dass Laura total erschöpft und fast am Ende ihrer Kraft war. Dennoch hielt sie durch, nutzte die kurzen Pausen, um ihre schwindenden Energiereserven anzuzapfen. Der Schmerz schien sie auseinanderzureißen. Sein Hemd war schweißdurchtränkt, und immer wieder feuerte er sie an zu atmen, zu hecheln, sich zu konzentrieren. Sein ganzer Ehrgeiz, seine Freude, seine Trauer, alles in ihm verdichtete sich zu dem einen Wunsch, Laura zu helfen. Sein komplettes Leben schrumpfte auf diesen einen Moment, auf dieses Zimmer, auf die Frau vor ihm zusammen.
    Er bewunderte ihren Mut, ihre Tapferkeit, ihre Kraft.
    »Hast du schon einen Namen ausgesucht?«, fragte er, um sie abzulenken.
    »Ich habe Listen geschrieben. Manchmal versuche

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