Zauber-Schloss
wollen. Das einzige, was noch wütender werden kann als eine nasse Henne ist ein trockener Pruster. Wir müssen den Fluß überqueren, nicht umlenken.«
»Na ja, man kann’s ja trotzdem mal versuchen.« Hüpfer steckte einen Fuß ins Wasser und schichtete ein paar Steine um. Das Wasser reagierte, indem es höher stieg, einen kleinen Bogen in der Luft machte und schließlich wieder in sein Bett hinabstürzte.
»He, wenn wir es dazu bringen könnten, hoch genug zu springen, könnten wir unten drunter durchgehen!« rief Dor. Er stürzte sich in die Fluten und half Hüpfer beim Auftürmen der verzauberten Steine.
Der Fluß stieg immer höher, und schließlich strömte er in einem hohen Bogen über dem Boden und gab ein Stück seines Betts frei. »Wenn wir ihn nur noch ein Stückchen höher bekommen, damit sie unten drunter hindurchgehen können, ohne sich bücken zu müssen«, sagte Dor eifrig. Er nahm eine weitere Handvoll Steine auf.
»Vielleicht sollten wir lieber nicht –« warnte Hüpfer.
»Unsinn! Es funktioniert doch prima! Die Zombies sollten möglichst überhaupt nicht in Berührung mit dem Wasser kommen, denn es würde sie ausspülen, und sie sind zu doof, um sich richtig zu bücken.« Dor machte weiter.
Da kippte der Fluß auch schon um und bildete plötzlich eine Rückwärtsschlaufe in der Luft und floß dann wieder den Hügel empor. Anstatt eine Übergangsstelle zu schaffen, hatten sie den Strom verdoppelt.
»Wir müssen ihn noch einmal umleiten.«
»Nein«, schnatterte Hüpfer. »Damit schaffen wir uns unter Umständen nur noch weitere Schwierigkeiten. Wir können ihn auch so überqueren.« Und er zeigte Dor einen schmalen Pfad, der zwischen den parallelen Wasserläufen hindurchführte.
Dor stellte eine magische Markierung auf, und sie machten sich wieder auf den Weg. Die Landschaft jenseits des Flusses war weiterhin sehr schön, das Schönste, was er je gesehen hatte. Er genoß diese Reise, denn sie stellte eine willkommene Abwechslung zu der Gewalttätigkeit der letzten Zeit dar. Nur zu bald würden sie beim Schloß eintreffen und ihre Mission beendet haben. Dann hieß es wieder heimkehren, doch damit hatte Dor im Augenblick keine große Eile.
Sie folgten dem gewundenen Pfad in ein Tal hinab, wo der Fluß in einen stattlichen See strömte. Neben dem See befand sich ein Berg, dessen Grundfläche denselben Durchmesser wie der See zu haben schien, etwa tausend Fuß breit. Doch der See sah sehr tief und der Berg sehr hoch aus. Der Gipfel war schneebedeckt. Diese beiden Geländemerkmale schienen durch Magie etwas überbetont zu wirken, waren also in Wirklichkeit wahrscheinlich viel kleiner, als sie aussahen.
Im See und auch auf dem Berg und dem zwischen beiden liegenden Verbindungsstück waren Leute zu sehen: wunderschöne nackte Frauen und zartzottige Männer. »Ich schätze, wir sind auf eine Kolonie von Nymphen und Faunen gestoßen«, meinte Dor. »Die dürften zwar harmlos, aber auch unzuverlässig sein. Ist wohl besser, wenn man sie in Ruhe läßt. Das Problem ist nur, daß unser Weg zwischen Berg und See hindurchführt – gerade dort, wo die Kolonie am dichtesten ist.«
»Ist es denn unratsam, diesen Weg zu nehmen?« wollte Hüpfer schnatternd wissen.
»Na ja, Nymphen eben – du weißt schon.« Aber die Spinne wußte natürlich nicht, da sie vor diesem Abenteuer keine Erfahrungen mit Menschen hatte sammeln können. »Nymphen… die –« Dor merkte, daß er es nicht erklären konnte, weil er sich selbst nicht ganz sicher war. »Wir werden’s schon noch feststellen. Vielleicht passiert ja auch nichts.«
Die Nymphen erspähten Dor und riefen ihm freudig Begrüßungen zu. »Freudige Begrüßung!« Sie erblickten Hüpfer und kreischten entsetzt auf. »Entsetzen!« Die behuften Faune kamen kampfbereit auf sie zu.
»Beruhigt euch!« rief Dor. »Ich bin ein Mensch, und das hier ist mein Freund. Wir wollen euch nichts Böses.«
»Ach so. Na, dann ist ja alles in Ordnung«, rief eine der Nymphen. »Jeder Freund eines Menschen ist auch unser Freund.« Prasselndes Händeklatschen und spontanes Getanze, das wunderbare Dinge mit der Anatomie der Nymphen anstellte.
Nicht schlecht. »Ich heiße Dor, mein Freund heißt Hüpfer. Möchtet ihr mal sehen, wie gut er hüpfen kann?«
»Au ja!« riefen sie. Also sprang Hüpfer fünfzehn Fuß hoch, was sie sehr erstaunte. Dabei war das noch längst nicht seine Höchstleistung. Es war offensichtlich, daß er Vorsicht walten ließ, damit sie seine Grenzen
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