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Zauber-Schloss

Titel: Zauber-Schloss Kostenlos Bücher Online Lesen
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leichten Beute für die Kobolde geworden. Es dauerte seine Zeit, bis man mit allen Gefahren Xanths vertraut war, und manche Leute lernten es ihr Leben lang nicht. Ein Mundanier mußte jede Menge falsche Reflexe haben und schnell zugrunde gehen. Deshalb fielen die Mundanier vielleicht auch immer in ganzen Wellen ein; da waren sie geschützter.
    Nun waren sie dabei, sich in südlicher Richtung auf die Mitte Xanths zuzubewegen, auf Schloß Roogna zu. Dor wußte noch nicht, wie sie die große Spalte überqueren sollten, die Xanth entzweiteilte. Zu seiner Zeit war die Nordwildnis nicht ganz so gefährlich wie die Südwildnis, und da es hier und jetzt weniger Magie oder, genauer, weniger entwickelte Magie gab, machte er sich keine allzu großen Sorgen, was diese Seite der Spalte anging. Aber das Land Xanth hatte seine ureigenste Art, Leute in die Irre zu führen, deshalb blieb er wachsam.
    Schloß Roogna. Er fragte sich, ob es dort wohl auch einen Wandteppich gab. Was würde der wohl zeigen? Die Ereignisse einer Zeit, die weitere achthundert Jahre zurücklag? Oder die Gegenwart? Zeigte er dann wohl an, wie er sich dem Schloß näherte? Ein faszinierender Gedanke!
    Hüpfer blieb stehen und hob seine beiden Vorderbeine, die anscheinend am empfindlichsten auf alles Neue reagierten. Dor hatte keine Ohren an der Spinne feststellen können. War es etwa möglich, mit den Beinen zu hören? »Etwas Seltsames«, schnatterte Hüpfer.
    Da sich die Spinne inzwischen an die seltsame Umgebung gewöhnt zu haben schien, mußte sie nun wirklich etwas sehr Seltsames wahrgenommen haben. Dor spähte nach vorne und erblickte ein Wesen, das entfernt an einen kleinen Drachen erinnerte, aber augenscheinlich kein Drache war. Und doch glich es einem Drachen, schien mit ihm verwandt zu sein. Es besaß einen unregelmäßig gewundenen Körper, kleine Flügel, die fluguntauglich zu sein schienen, Krallen, einen Schwanz und einen Echsenkopf, aber ohne die großen Zähne und die züngelnden Flammen eines echten Drachen. Alles in allem wirkte es nicht besonders furchteinflößend.
    »Ich glaube, wir können es getrost umgehen«, meinte Dor. Im Westen lag ein Sumpfgebiet, aus dem es übelriechend emporgluckerte, und im Osten befand sich ein Dickicht aus glitzernden, dornigen Brombeersträuchern, also mußten sie das Revier dieses Geschöpfs durchqueren. »Wir suchen ja keinen Ärger, und vielleicht geht es ihm genauso.« Da er wußte, daß Hüpfer diese ganzen Ausführungen wohl kaum verstehen konnte, ergriff Dor die Initiative und machte einen Ausfall nach rechts, um das Ungeheuer in sicherem Abstand zu umgehen, ohne sich dem blubbernden Sumpf zu weit zu nähern.
    Doch das Wesen reckte eines seiner Beine so enorm weit vor, daß es Dor den Weg versperrte. »Ihr dürft hier nicht vorbei«, sagte es schnarrend. »Das ist meine Domäne, mein Revier, mein Gebiet. Hier herrsche ich.«
    Wenigstens konnte es sprechen. »Wir wollen keinen Ärger mit dir«, sagte Dor, der sich an das Protokoll der Erwachsenen erinnerte, das für solche Fälle galt. »Wenn du uns vorüberziehen läßt, dann werden wir dir auch nichts tun.«
    »Wenn ihr vorüberzieht, dann behaltet ihr die Oberhand«, sagte das Ungeheuer. »Ich bin Gerrymander. Ich behalte stets die Oberhand durch meinen Gestaltwandel.«
    Dor kannte ein solches Wesen nicht aus seiner Zeit. Das hier mußte eine Sackgasse der Evolution gewesen sein. Gerrymander – die dadurch die Oberhand behielten, daß sie ihre Gestalt wechselten, um anderen den Weg zu versperren? Das war aber eine merkwürdige Definition des Oberhandbehaltens!
    »Ich will dir nicht schaden, Gerrymander«, sagte Dor und legte die Hand an den Griff seines Schwertes. Er befürchtete, daß es so aussehen könnte, als wollte er sich an der Schulter kratzen, und wünschte, sein Körper hätte sich ein etwas üblicheres Waffengehänge ausgesucht, aber das ließ sich jetzt auch nicht mehr ändern. »Aber wir müssen vorbei.«
    Gerrymander veränderte seine Gestalt. Er zog sie am Bein entlang und stand dann wieder so vor Dor, wie dieser ihn zuerst erblickt hatte. »Das werdet ihr nicht. Ich halte dieses Amt auf ewige Zeiten inne, gleichgültig, was andere brauchen oder wünschen.«
    Das Ding stellte sich also offen seiner Herausforderung. Dor fühlte sich eingeschüchtert. Er war zwar im Besitz eines kräftigen erwachsenen Männerkörpers, aber im Grunde seines Herzens war er noch immer ein Junge, und Kämpfen und Raufen hatten ihm noch nie gelegen. Diese

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