Zauber-Suche
Verlangen, dort wieder hinunterzuklettern, aber zugeben wollte er das auch nicht. »Ich … äh, ich kann mich an einer Liane hinunterschwingen. Aber du –«
»Ich kann mich auch hinunterschwingen«, erwiderte sie. »Deshalb haben wir Zentauren so starke Arme und Brustmuskeln. Wir müssen mehr Gewicht tragen als ihr.
Komm, Chet.« Sie packte einen großen Fangarm und trat über den Rand.
Tatsächlich ließ sie sich, Handbreit um Handbreit, herab, wobei sie sich mit den Vorderbeinen abstütze und ihr Hinterteil sich in einer ausladenden Spiralbewegung hinabschwang, bis sie unten angenommen war. Das Fohlen folgte ihrem Beispiel, doch mit solcher Mühe, daß sie zu ihm eilte, um es unten abzufangen. Verlegen schwang Bink sich nun hinab. Eigentlich hätte er ja vorangehen müssen, anstatt Stute und Fohlen den Vortritt zu lassen!
Am Fuß des Baumes spähten sie in die finstere Öffnung, die in die Unterwelt hinabführte. Bink war immer noch beunruhigt. »Dieser Abstieg ist noch schlimmer. Ich glaube nicht, daß Chet das schafft. Und wie wollt ihr wieder hochklettern? Als ich emporgestiegen bin, hätte es mich fast umgebracht, und bei deinem Gewicht, äh …«
»Chester würde es schaffen«, sagte Cherie voller Überzeugung. »Dann könnte er den Rest von uns hochziehen.«
Vor seinem geistigen Auge sah Bink erneut Chesters mächtigen menschlichen Oberkörper und erinnerte sich an die gewaltigen Kräfte des Zentauren. Nur ein Oger besaß noch kräftigere Armmuskeln. Vielleicht würden sie es knapp schaffen, wenn sie ein doppeltes Seil benutzten, so daß die anderen unten zogen, um Chester emporzuziehen. Aber das setzte voraus, daß sie Chester auch tatsächlich fanden und retteten. Wenn ihnen das nicht gelang, war Cherie verloren, denn Bink konnte sie unmöglich allein emporziehen. Das Fohlen würde er vielleicht noch schaffen, aber das war auch alles.
Cherie zerrte bereits an den Tentakeln, um ihre Tragkraft abzuschätzen. Ihr Glaube ließ keinerlei Zweifel zu, und darum beneidete Bink sie. Bisher hatte er stets Chester für den
Dickkopf gehalten, doch nun begriff er, daß die Stärke dieser Familie bei Cherie lag. Chester war nichts als magische Knetmasse in ihren Händen – hoppla, welch obszöne Vorstellung! – und Bink offenbar ebenfalls. Er wollte nicht wieder in die entsetzlichen Tiefen eindringen, um dort nutzlose Kämpfe mit Halbkobolden und Schlangendrachen im Finstern auszutragen. Aber er wußte auch, daß er genau das tun würde, weil Chester ihren armen toten Hengst retten wollte, und wehe, wenn –
»Der hier taugt was«, sagte sie und zerrte an einem besonders langen, dicken Greifarm, der vom Baumwipfel herabhing. »Bink, du kletterst hoch und schneidest ihn mit deinem Messer ab.«
»Äh, klar doch, ja«, sagte er ohne große Begeisterung. Dann schämte er sich. Wenn er sich schon auf diese Sache einließ, konnte er wenigstens etwas mehr Enthusiasmus zeigen. »Ja, natürlich.« Dann kletterte er den gefürchteten Stamm empor.
Er hatte ein merkwürdig beschwingtes Gefühl. Es war, als sei ihm eine schwere Last abgenommen worden. Dann begriff er, was es war: sein Gewissen. Nun, da er seine Entscheidung getroffen hatte und wußte, daß sie richtig, wenn auch selbstmörderisch war, war sein Gewissen beruhigt, und das war ein wunderbares Gefühl. Das war es, was auch Cherie gespürt hatte, so daß sie mit gesteigerten Kräften wie im Flug durch die Wildnis gejagt war.
Schließlich gelangte er an die Stelle, an der die Fangarme wie bizarre Haare aus dem Stamm heraustraten. Er umklammerte den Stamm mit beiden Beinen und hieb mit dem Messer auf den Fangarm ein. Da spürte er, wie der Baum erzitterte.
Nein! sagte er sich. Das konnte keine Magie sein. Der Baum lebte noch und hatte lediglich seine Magie verloren, so daß er jetzt mundanischen Bäumen glich. Vielleicht fühlte er den Schmerz des Einschnitts und zuckte deshalb, aber es war ihm unmöglich, seine Tentakel bewußt zu bewegen.
Er hieb den Fangarm ab und sah zu, wie er hinunterfiel. Dann schnitt er noch zwei weitere ab, um sicherzugehen, daß sie auch genügende zur Verfügung hatten.
Doch der Baum zitterte immer noch, während er sich an den Abstieg machte, und seine Tentakel bebten stärker, als es durch den Wind allein möglich gewesen wäre. Ob der Greifer sich ohne Magie erholen konnte? Nein, es mußte an seinem Klettern liegen, das den Stamm erschütterte und die Schlingarme in Bewegung setzte.
Sie banden den ersten Tentakel an die
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