Zauberflötenrache: Meranas dritter Fall (German Edition)
den gesamten Platz.
»Natürlich
Lois, wie ausgemacht. Noch dazu, wo ihr als Salzkammergut-Vogelfänger jetzt sogar
UNESCO Kulturerbe seid.«
Kendelbacher
deutete auf das leere Bierglas Glockers.
»Noch eines?«
Glocker
winkte ab. »Nein, danke. Erstens habe ich in knapp sieben Stunden Premiere. Und
zweitens muss ich jetzt gleich hinüber zum Fotoshooting mit mindestens hundert aufgeregten
Nachwuchspapagenos.«
Er gab Kendelbacher
die Hand. »Also, wir sehen uns heute bei der Premiere und dann bei der Feier.« Der
Trachtenschneider hielt im Händeschütteln inne, wirkte leicht verlegen. »Leider
nein, Max. Ich habe keine Karten für die Premiere bekommen. Die war schon fünfmal
ausgebucht, bevor der offizielle Kartenverkauf losging. Ich habe gerade noch zwei
Karten für die letzte Vorstellung Mitte August ergattert. Ganz oben am Rang, vorletzte
Reihe. Aber immerhin bin ich dabei.«
Der Sänger
klopfte dem Trachtenschneider und Hobbyvogelfänger auf die Schulter.
»Hättest
ja was sagen können, als du mich wegen der Ehrenmitgliedschaft angerufen hast«.
Kendelbacher schüttelte den Kopf. Nein, das war nicht seine Art. Das hätte er nicht
ausnützen wollen. Der Sänger beugte sich nach vor und raunte ihm ins Ohr. »Kennst
du die Zauberflöte?«
»Ja. Ziemlich
gut sogar. Die Geschichte mit Papageno und Tamino und all den anderen zu kennen,
gehört ja wohl zur Vogelfängerehre.«
»Dann weißt
du auch, dass in der Zauberflöte die wunderlichsten Dinge geschehen.«
Kendelbacher
nickte. »Ja, aber nur wenn man eine Zauberflöte bei sich hat oder Papagenos Glockenspiel«.
»So ist
es,« lachte der Sänger und schlug dem Trachtenschneider mit seiner linken Pranke
auf die Schulter. Der hatte kurz das Gefühl, der Wilde Mann sei vom Brunnen herabgestiegen
und hätte mit seiner Keule zugelangt.
»Und Lois,
hast du zufällig ein Glockenspiel dabei, so wie Papageno?«
»Nein, Max.
Leider. Der Vogelmensch im Zauberspiel, das ist deine Rolle. Ich bin nur ein stinknormaler
Salzkammergut-Vogelfänger«.
Kendelbacher
hatte keine Ahnung, wohin dieses Herumalbern führen sollte. Glocker griff in die
Tasche. »Der Papageno von heute braucht kein Glockenspiel mehr, dem genügt ein multifunktionales
Handy«.
Er zog sein
Telefon aus der Rocktasche, legte es auf den Tisch und drückte eine Taste. Musik
ertönte, wie von einem elektronischen Glockenspiel.
Das klinget
so herrlich, das klinget so schön!
Tralla lalala
trallalalala!
Zwei Passanten blieben stehen, ein
junger Mann und ein Mädchen. Sie begannen sich langsam zur Melodie zu drehen. Ganz
so wie die Mohrensklaven in der Zauberflöte, die zum Spiel der Glöckchen tanzen
müssen, wie von unsichtbaren Fäden gezogen.
»Siehst
du? Es wirkt schon!«, lachte der Bassist und deutete auf das sich beschwingt drehende
Pärchen. Andere Passanten hielten nun auch inne und applaudierten.
»Man braucht
nur die richtigen Zauberdinge, lieber Lois!« Glocker langte noch einmal in seine
Jacke und legte dann ein Kuvert auf den Tisch.
»Bis heute
Abend!« Er steckte sein Handy ein, deutete dem jungen Paar gegenüber eine Verbeugung
an und schickte sich an, zu gehen. Kendelbacher nahm etwas verwirrt das Kuvert und
öffnete den Umschlag. Zwei Karten waren darin. Zauberflöten-Premiere. Logenplätze.
Und zwei Einladungen für die heutige Premierenfeier.
»He, Max,
wie hast du das zuwege gebracht?« rief er dem davonschreitenden Glocker nach. Der
drehte sich noch einmal um und winkte.
»Bedank
dich bei Brad Pitt.« Dann eilte der Zauberflöten-Papageno weiter, auf dem Weg zu
den Mini-Papagenos. Brad Pitt? Bei diesem amerikanischen Schauspieler? Alois Kendelbacher,
der Obmann der Salzkammergut-Vogelfänger, verstand überhaupt nichts mehr.
Samstag, 25. Juli, 16.35 Uhr
Gabriella Thun warf einen gehetzten
Blick auf die große Uhr über der Verkaufstheke. Schon so spät? Nicht einmal mehr
zweieinhalb Stunden, bis zum Beginn der Premiere. Sie hatte Rita eindringlich gebeten,
sich zu beeilen, aber die Chefin von »Ritas Salon« in der Salzburger Innenstadt
hatte natürlich zuerst wieder alle ihr zugetragenen Klatschskandale loswerden müssen,
von den Bestechungsvorwürfen bis zu den Bettgeschichten, ehe sie sich dazu bequemte,
Gabriellas widerspenstigen Strähnen die notwendige Aufmerksamkeit zu widmen. Vielleicht
sollte ich doch den Coiffeur-Salon wechseln, überlegte Gabriella, während sie schnell
in den großen goldgerahmten Spiegel zwischen den flammend farbigen
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