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Zauberflötenrache: Meranas dritter Fall (German Edition)

Zauberflötenrache: Meranas dritter Fall (German Edition)

Titel: Zauberflötenrache: Meranas dritter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Baumann
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den derzeitigen Stand unserer
Beziehung.«
    Er schluckte.
    »Die Wahrheit
ist dem Menschen zumutbar, Martin.«
    Merana konnte
Phrasen nicht ausstehen. Selbst wenn sie von einer großen Dichterin wie Ingeborg
Bachmann stammten. Er kannte die Textstelle. Die Wahrheit ist dem Menschen
zumutbar. Denn wir wollen alle sehend werden , hieß es dort. Der Satz war stimmig.
Aber er wird zu Tode strapaziert, fand Merana. Er wollte zu einer Erwiderung ansetzen,
aber Birgit sagte nur: »Denk bitte darüber nach, Martin.« Dann legte sie auf. Grußlos.
Er saß noch eine Weile auf der Couch und starrte in die Luft.
    Der Schlussakkord
der Ouvertüre verklang. Gleich setzte ein bedrohlicher Ton ein. Unruhige, zerrissene,
fahrige Geigenkaskaden kündeten von nahender Gefahr. Ein dumpfer Knall schreckte
Merana hoch. Das Handy war ihm aus der Hand gefallen und auf den Teppich geplumpst. Zu Hilfe, zu Hilfe, sonst bin ich verloren, tönte es aus den Lautsprecherboxen
der Stereoanlage. Tamino, der Prinz aus der Zauberflöte, war auf der Flucht, verfolgt
von einer riesigen Schlange. Merana versuchte wieder zu seiner inneren Opernbühne
zurückzukehren. Aber es wollte ihm nicht mehr so recht gelingen.
     
    »Nein! Das muss in einer einzigen
fließenden Linie geschehen!«
    Johannes
Stiegler versuchte die Musik zu überschreien. Er gab dem Korrepetitor am Bühnenrand
ein Zeichen. Der unterbrach augenblicklich das Klavierspiel. Mit dem Aussetzen der
Musik blieb der vordere Teil der Schlange mit dem großen Kopf ruckartig stehen.
Der Halt kam offenbar unerwartet, denn der hintere Teil der Schlange stauchte sich
zusammen wie eine plötzlich gequetschte Ziehharmonika. Es rumpelte auf dem Bühnenboden.
Durch den mit Fransen und Glöckchen behängten Stoff drangen Überraschungsrufe von
hellen Kinderstimmen. Der völlig aus dem Gleichgewicht geratene Schwanz der Schlange
kippte zur Seite wie ein betrunkener Regenwurm. Das Kreischen in der bunten Schlangenhaut
schwoll an. Nur nicht die Nerven verlieren! Johannes Stiegler atmete tief durch.
Was ein guter Regisseur in erster Linie brauchte, waren gute Nerven. Er hatte es
zwar erst zum Regieassistenten gebracht, aber man konnte nie früh genug damit anfangen,
die für eine steile Theaterkarriere brauchbaren Talente zu trainieren. Das Problem
mit Geduld lösen, war jetzt angesagt.
    »He, spinnt
ihr total?«, tönte es zornig aus dem rotgoldenen Kopf der Schlange. Die großen Augen
des Ungeheuers wackelten. Dann fuhr der Schlangenschädel ruckartig in die Höhe.
Die aufgeklebte Zunge flatterte. Der mächtige Schlangenkopf wurde zur Seite gestülpt.
Darunter kam ein anderer Kopf zum Vorschein. Der eines Mädchens mit schwarzen Locken
und ebenso dunklen Augen. »Ihr Spinner da hinten müsst anhalten, wenn ich stehen
bleibe!« Aus dem völlig zerwühlten Stoffkörper der Theaterschlange zappelten einige
Kinderbeine. Zwei verdutzte Gesichter tauchten am Schwanzende auf.
    »Schon gut,
Tamara«, beruhigte der Regieassistent und hob beschwichtigend die Hände. »Macht
ja nichts. Wir fangen noch einmal von vorne an. Alle zurück auf die Ausgangsposition«.
Er klatschte in die Hände. Die Schlange, bewegt von Kinderbeinen und Kinderhänden,
rappelte sich hoch und torkelte mit zur Seite gekipptem Kopf zurück in den Hintergrund
der riesigen Bühne des Großen Festspielhauses. Warum musste der verdammte Darmvirus
ausgerechnet jetzt fünf Kinder aus der Zauberflötenschlangengruppe flach legen?
Hätte er nicht bis nach der Premiere warten können? Johannes Stiegler verfluchte
kurz alle Schicksalsgöttinnen, die er aus seinem umfassenden mythologischen Wissen
kannte. Dann griff er zum Funkgerät und gab dem Techniker in der Lichtregie die
Anweisung, mit der Lichtstimmung noch einmal vom Einsatz der Arie zu beginnen.
    »Keine Panik,
Leute, wir kriegen das schon hin.«
    Aber sicher
nicht gleich beim nächsten Versuch. Das war ihm klar. Dem jungen Korrepetitor und
dem erfahrenen Lichttechniker auch. Das würde noch dauern. Zwei der Ersatzkinder
stellten sich dermaßen tollpatschig an, dass man sich am liebsten alle Haare ausreißen
würde. Johannes hätte ja gerne talentiertere Kinder genommen. Aber der Wink aus
dem Direktorium war eindeutig gewesen. Diese Kinder und keine anderen. Immerhin
waren das die erlauchten Sprösslinge von zwei angesehenen Salzburger Familien, beide
potente Förderer der Festspiele. Johannes holte tief Luft. »Also noch einmal von
vorne!«, kommandierte er. »Und denkt daran. Ihr seid eine

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