Zauberflötenrache: Meranas dritter Fall (German Edition)
derzeit damit, dafür zu sorgen, dass unsere Künstler in Ruhe arbeiten können
und nicht dauernd von Presseleuten aufgehalten werden. Dich, liebe Jutta, meine
ich damit natürlich nicht.« Die Journalistin deutete eine gespielte Verbeugung an
und verabschiedete sich. Elena Braga verschwand im Zimmer der Geigerin. Nach einer
kurzen Weile öffnete sie die Tür, ließ vier Leute aus dem Raum und gab Merana ein
Zeichen, einzutreten. Dann ging sie selbst auch nach draußen. Die junge Frau, die
jetzt vor ihm saß, hatte einiges von ihrer Bühnensouveränität verloren. Sie wirkte
erschöpft. Ihre vollen Lippen zeigten sich verschmiert von den vielen Küssen. Das
schulterfreie Kleid war leicht zerknittert. Sie hielt nervös eine der Rosen in den
Händen und drehte sie andauernd.
»Auch wenn
Sie es in der letzten halben Stunde sicher Hunderte Male gehört haben, möchte ich
mich den Gratulationen gerne anschließen, Frau Navarra. Ihr Spiel hat mich tief
berührt. Es war ein großartiges Konzert.«
Ihr gelang
ein schwaches Lächeln. »Danke, das ist sehr freundlich.« Sie nahm drei Teddybären
von einem Stuhl und bat Merana, sich hinzusetzen. »Frau Todorova wäre heute Abend
sicher sehr stolz auf Sie gewesen.« Sie nickte verlegen, sagte aber nichts. »Wie
war Ihr Verhältnis zu Ihrer Förderin?«
Sie hielt
den Kopf gesenkt, spielte weiterhin mit der Rose. »Gut.«
»Haben Sie
eine Erklärung, wie es zu diesem schrecklichen Vorfall gekommen ist?
Wir gehen
nicht von Selbstmord aus. Wir denken, dass jemand Frau Todorova absichtlich Gift
verabreicht hat.« Er wartete auf ihre Reaktion. Sie zuckte zusammen. Sie hatte sich
an einem Dorn gestochen. Sie legte die Rose schnell auf den Garderobentisch und
saugte kurz an der kleinen Wunde am Daumen.
»Haben Sie
etwas mitbekommen? Wissen Sie, wer das getan haben könnte?«
Mit der
Daumenspitze im Mund und den müden Augen wirkte sie gar nicht mehr wie die große
Künstlerin, die Merana eben noch auf der Bühne erlebt hatte. Vor ihm saß eine kleines
Mädchen, das nun den Kopf mit den langen Haaren schüttelte. Er stellte ihr noch
weitere Fragen zu ihrem Umgang mit Anabella Todorova, zur Arbeit in der Stiftung.
Ihre knappen Antworten brachten nichts Ergiebiges.
»Wie wird
es mit Ihrer Karriere weitergehen?«
»Ich hoffe,
gut.«
»Ich habe
gehört, Sie werden vielleicht sogar Star einer Fernseh-Serie?« Zum ersten Mal kam
Feuer in ihre müden Augen. Es zuckte darin. »Woher wissen Sie das?« Ihre Stimme
war plötzlich laut geworden. Sie erschrak selbst dabei.
Er ging
nicht auf ihre Frage ein. »Wusste Frau Todorova davon?«
»Natürlich
wussten Sie davon. Ich habe es ihr erzählt.«
»Wann?«
»Das weiß
ich nicht mehr genau. Vor etwa zwei Wochen, als ich hierher nach Salzburg kam.«
»Wie hat
sie darauf reagiert?« Sie zögerte kurz mit der Antwort, als müsse sie überlegen.
»Sie hat nicht viel dazu gesagt, sie war ja auch sehr mit den Proben beschäftigt.
Außerdem ist bei der Konzeption noch gar nichts fix. Ich bin nur pro forma gefragt
worden, ob ich mir das eventuell vorstellen könnte.«
Merana dachte
nach.
»Und Sie
haben tatsächlich schon vor zwei Wochen mit ihr darüber geredet und nicht erst am
Premierenabend?« Dieses Mal kam ihre Antwort schneller. »Nein, es war bei meiner
Ankunft in Salzburg.« Er ließ sich mit der nächsten Frage Zeit.
»Wann haben
Sie Frau Todorova zuletzt lebend gesehen?«
Schmerz
schlich sich in ihr hübsches Gesicht. »Als sie während der Arie von dieser schrecklichen
Säule kippte. Ich saß in der fünften Reihe.« Ihre Augen füllten sich mit Tränen.
»Und davor?«
»Ich habe
sie kurz beim Einsingen aufgesucht, um ihr für den Abend alles Gute zu wünschen.«
»Und dazwischen
nicht mehr?«
»Nein!«
Dieses Mal kam die Antwort sehr schnell. Und laut. Vielleicht ein bisschen zu laut,
für Meranas Geschmack. Er erhob sich, dankte für das Gespräch und verließ das Zimmer.
Als er den Max-Reinhardt-Platz vor den Festspielhäusern erreichte, vibrierte sein
Handy. Es war Otmar Braunberger.
»Martin,
in einem Waldstück an der Gaisbergstraße wurde eine Tote gefunden.
Thomas und
seine Truppe sind schon unterwegs. Die Tote hatte einen Ausweis dabei.«
»Wer ist
es? Kennen wir sie?«
»Ja. Emina
Saric.«
Der Kommissar
blieb abrupt stehen, als sei er gegen eine unsichtbare Mauer getreten. Emina tot?
Das Gesicht der jungen Frau mit den scheuen Rehaugen stand vor ihm. Er spürte, wie
sich sein Magen zusammenkrampfte.
»Ich
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