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Zauberflötenrache: Meranas dritter Fall (German Edition)

Zauberflötenrache: Meranas dritter Fall (German Edition)

Titel: Zauberflötenrache: Meranas dritter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Baumann
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löschte das Licht im Zimmer. Er griff zum Kopfhörer,
damit die Großmutter im Gästezimmer nicht gestört wurde. Er würde sich nicht die
gesamte Zauberflöte anhören. Die Eindrücke der Aufführung waren noch stark genug.
Aber er wollte ein paar ausgewählte Stellen noch einmal auf sich wirken lassen.
Er begann mit der Bildnis-Arie. Das war die Stelle, bei der Tamino sich augenblicklich
in Pamina verliebte, obwohl er ihr Antlitz nur auf einem kleinen Gemälde erblickte.
Merana erinnerte sich, wie ihm bei dieser Szene heute Abend im Festspielhaus auch
Bilder von Frauen aufgestiegen waren. Das Gesicht von Birgit war nicht dabei gewesen
war. Dann switchte er in den zweiten Akt und suchte die Chorstelle in der 19. Szene.
Wie aus einer anderen Dimension drangen die Stimmen an sein Ohr und füllten sein
Innerstes.
     
    O Isis und
Osiris, welche Wonne!
    Die düstre
Nacht verscheucht der Glanz der Sonne.
     
    Wie sanfte Wogen strömte der dunkle
Gesang durch seinen Körper und machte sein Herz ruhig. Nach dem Chor der Priester
ließ er Tamino mit dem Zauberton der Flöte die Tiere aus dem Wald locken. In seiner
Kindheit hatte er sich dabei immer wilde Tiger und fauchende Panther vorgestellt,
die vom Klang der Flöte gebändigt wurden. Doch der aufgeweckte Dachs und die schrullige
Giraffe von heute Abend hatten ihm auch gut gefallen. Als er kurz darauf Pamina
mit voller Kraft und hohem Ton Die Wahrheit singen hörte, war seine Ruhe
vorbei. Wie eine schmale Klinge fuhr ihm das Wort durch die Brust. Er sah Emina
vor sich, so wie Flora sie beschrieben hatte. Sie lag auf dem Bett und hatte sich
auf dem Laptop genau diese Stelle vorgespielt. Die Wahrheit. Die Wahrheit. Gleichzeitig schob sich das Bild der Großmutter darüber, die ihn heute Abend an
den Kleinen Prinzen erinnert hatte. Man sieht nur mit dem Herzen gut. Er
atmete tief durch. Ja, es war Zeit für die Wahrheit. Er drückte auf die Pausetaste
und nahm den Kopfhörer ab. Er saß in der Dunkelheit und lauschte in sich hinein.
Dann stand er auf und tastete sich zur Ausgangstür. Er warf einen kurzen Blick ins
Gästezimmer. Die Großmutter schlief ruhig. Hoffentlich hatte er sie nicht überfordert.
Er griff nach den Autoschlüsseln und verließ die Wohnung.
     
    Er drückte auf den Klingelknopf
neben der Tür. Die Leuchtschrift seiner Armbanduhr zeigte kurz nach zwei Uhr. Sie
öffnete ihm sofort, als hätte sie seinen Besuch erwartet. Das Haar, das sie im Dienst
meist zu einem Pferdeschwanz gebunden hatte, war jetzt offen. Sie trug ausgebleichte
Jeans und eine helle Bluse mit Stickereien. Sie ließ ihn eintreten. Dann umarmte
sie ihn. Das kam spontan, aber er war gar nicht überrascht. Er hatte dasselbe Bedürfnis
verspürt. Er legte die Arme um ihre Schultern und drückte sie sanft an sich. Er
lauschte auf ihren Atem, versuchte, ihren Herzschlag zu hören. Aber da war nur das
Pochen, das aus seiner eigenen Brust bis in die Ohren dröhnte. Ein paar Minuten
standen sie so da, hielten einander fest und erspürten die Nähe des anderen. Dann
löste sie sich, nahm ihn an der Hand und führte ihn ins Zimmer. Sie hatte die Einrichtung
umgestellt. Bei seinem letzten Besuch waren der Tisch und die beiden Korbsessel
auf der anderen Seite der Ausziehcouch gestanden. Die hellblauen Vorhänge an den
Fenstern waren nicht zugezogen, genau wie beim letzten Mal.
    »Ich habe
gewusst, dass Sie kommen werden. Als ich Sie heute mit Ihrer Großmutter im Caféhaus
traf, hatte ich das bestimmte Gefühl, dass wir uns bald wiedersehen.«
    Sie setzte
sich auf das Bett und zog ihn an ihre Seite. Er spürte, wie ihm das wilde Pochen
seines Herzens fast den Hals zudrückte.
    »Ich weiß,
dass es schon sehr spät ist, Andrea …« Sie legte ihm sanft ihren Zeigefinger auf den Mund, verschloss seine
Lippen.
    »Lass uns
nicht Zeit mit Floskeln verlieren, Martin.« Sie war unvermutet zum Du übergegangen.
Sie nahm den Finger wieder herunter und griff erneut nach seiner Hand. Er sah den
Glanz in ihren Augen und spürte, wie er ruhiger wurde. Eine Zeit lang sprachen sie
nichts, sahen einander nur an.
    »Ich habe
in den letzten beiden Tagen viel über uns nachgedacht, Martin.« Ihr Strahlen wurde
um eine Spur heller. »Schon das erste Mal, als du mich zum Jedermann mitgenommen
hast und wir nebeneinander auf der Tribüne saßen, habe ich mir gewünscht, dass wir
beide eine wilde Affäre beginnen. Dass wir in einen Taumel fallen und in ungestümen
Liebesnächten ineinander verschlungen über feuchtwarme

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