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Zauberflötenrache: Meranas dritter Fall (German Edition)

Zauberflötenrache: Meranas dritter Fall (German Edition)

Titel: Zauberflötenrache: Meranas dritter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Baumann
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Verflucht. Er hatte eben
den Schell-Zehner abgehoben. Wäre das nicht geschehen, könnte er jetzt mit dem Herz-As
stechen, und sie würde nicht mehr genug Punkte zusammenbringen. Dann hätte er gewonnen.
So musste er den Schell-Zehner zugeben.
    »Jawohl,
meine Herren! Das mag die alte Kristina!« In ihren kleinen wässrigen Augen erwachte
ein Feuerwerk. »Und 40!«, rief sie und knallte den Trumpf-König und den Trumpf-Ober
auf den Tisch. Mit dieser Ansage und den beiden Stichen kam sie auf exakt 66 Punkte.
Das Spiel war aus. Merana konnte sich seine beiden verbliebenen Asse auf die Stirn
picken. Zudem hatte er keinen einzigen Stich.
    »Dass ich
meinem Enkelsohn im Schnapsen einen Schneider angehängt habe, davon lebe ich wieder
20 Jahre!«, jubelte sie. Und sie meinte das auch so. Die klitzekleine Tatsache,
dass sie schon weit über 80 war, spielte dabei keine Rolle. Sie griff zum Stift
und malte zwei fette Knollen unter den Namen ›Martin‹ auf dem Spielblock. Das Symbol
für den ›Schneider‹. So sagt man beim Schnapsen, wenn der Gegner mit null Punkten
verloren hat.
    »Ich hoffe,
du kommst mich bald besuchen. Dann kriegst du eine Revanche. Und jetzt kannst du
ins Büro fahren. Ich lege mich noch ein wenig hin. Vanessa holt mich hier gegen
Mittag ab.«
    Sie leuchtete
übers ganze Gesicht wie ein frisch erstrahlter Weihnachtsbaum.
    Er küsste
sie auf die Stirn. Dann beeilte er sich, rechtzeitig in die Dienststelle zu kommen.
     
    Es hatte geregnet in der Nacht.
Einmal kurz vor Mitternacht und dann in den frühen Morgenstunden. Die Wolkendecke
über der Stadt zeigte jedoch zunehmend lichte Flecken. Feine Schleier stiegen von
der Salzach auf. Die Dächer und Kuppeln auf der anderen Seite des Flusses dampften.
Erste zaghafte Sonnenstrahlen fanden ihren Weg durch das Wolkendickicht und trafen
auf die Mauerkronen der Festung. Wie kleine Funken schwebten die Lichtreflexe über
der Stadt. Die Dachterrasse ihres Hauses war immer noch nass, kleine Pfützen hatten
sich gebildet. Fabienne Navarra stand am Geländer. Sie fröstelte. Der Stoff ihres
hauchdünnen Nachthemdes schützte sie nicht vor der Morgenkälte. Wieder hatte sie
kaum geschlafen. Ihre Hände lagen auf dem Metall der Brüstung. Hinter der Kuppel
der Kirche, deren Namen sie immer noch nicht wusste, lag der Festspielbezirk. Dort
hatte sie vor drei Tagen einen großen Erfolg mit Mozarts Violinkonzert gefeiert.
Es kam ihr vor, als wären inzwischen Jahre vergangen. Das kleine Caféhaus in München
in der Nähe des Englischen Gartens fiel ihr ein. Da war dieser Amerikaner gewesen,
der ihr eine glänzende Karriere als Star einer internationalen TV-Produktion in
Aussicht stellte. Das alles hatte keine Bedeutung mehr. Es war ein ganz anderes
Bild, das sie nicht mehr aus ihrem Kopf brachte: Anabella Todorova, ihre Förderin,
auf der Bühne des Festspielhauses. Sie stand auf einer Säule im Scheinwerferlicht
und sang die Rache-Arie. Sie taumelte, versuchte, Halt zu finden, griff ins Leere
und stürzte mit dem Kopf nach hinten zu Boden. Immer wenn Fabienne in den vergangenen
Nächten versucht hatte, die Augen zu schließen, sah sie den reglos hingestreckten
Körper ihrer russischen Gönnerin. Die junge Musikerin bekam kaum mit, dass ihre
Knöchel schmerzten. Die Finger pressten sich wie Klammern um die Rundung des Metalls.
Sie hatte seit drei Tagen ihre Geige nicht mehr in die Hand genommen. Sie wollte
nie wieder einen Ton spielen. Helles Lachen drang zu ihr herauf. Am Salzachufer
spielten ein paar Kinder Fangen. Sie löste die Hände von der Stange. Langsam schlüpfte
sie aus ihren zierlichen Silberpantoffeln. Wie in Zeitlupe stellte sie die Füße
auf den nasskalten Boden. Zuerst den rechten, dann den linken. Sie fasste wieder
die Abschlussverstrebung, zog sich mit einem Ruck hoch und schwang das rechte Bein
über das Geländer.
    »Fabienne!«
Der Schrei ließ sie innehalten. »Fabienne, was du machst?« Fünf, sechs schnelle
Schritte auf den nassen Fliesen, dann war Laura Sigurdson neben ihr und fasste sie
am Arm. »Du wollen runterspringen da?« Ein leichter Akzent lag in ihrer hellen Sopranstimme.
Der jungen Geigerin gelang ein schwaches Lächeln. »Nein, ich wollte mich nur auf
das Geländer setzen.« Es klang nicht sehr überzeugend. Die Gesangsstudentin hielt
sie fest, bis sie wieder sicher auf dem Boden der Terrasse stand. »Wenn du runterfällst
da, du bist tot wie Maus.« Sie blickte nach unten. »Du nicht kannst erwarten, dass
da unten steht Prinz aus

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