Zauberhafte Versuchung
waren Legendenjäger. Warum sollten sie da nicht an einen alten griechischen Mythos glauben?
»Genau die«, bestätigte Mr. Nichols, dessen Stimme jetzt kaum mehr als ein Flüstern war.
»In der Geschichte ließ sich Pandora von ihrer Neugier hinreißen und öffnete eine Büchse, wodurch sie Seuchen und andere Plagen freisetzte. Ist es diese verfluchte Büchse, die Sie wollen?«, fragte Fielding. Es gelang ihm nicht, die Verachtung aus seiner Stimme fernzuhalten.
Jensen setzte abrupt sein Glas ab. »Spott können wir keinen gebrauchen, Mr. Grey. Wir waren der Auffassung, dass Sie schon oft mit dieser Art von Antiquitäten zu tun hatten.«
Fielding hatte sich nie besonders für die Artefakte interessiert, die er gefunden hatte; das konnte er sich gar nicht leisten. Für ihn bedeuteten sie nicht mehr als den Preis, den er dafür erlangte. Von seinen Kunden wusste er jedoch, dass viele an die Magie gewisser Stücke glaubten. Und so sah er sich trotz seiner Abneigung gegen Solomon's genötigt, die Stimme der Vernunft zu sein. »Könnte es nicht einfach nur ein Artefakt, ein Schmuckstück oder ein Schmuckkasten aus der griechischen Antike sein, was mein Onkel aufgestöbert hat?«
Mr. Nichols schüttelte den Kopf. »Wenn es nur so einfach wäre«, sagte er mit besorgter Miene. »Diese Büchse ist mit furchtbaren Verwünschungen belegt, Sir.«
Fielding schüttelte den Kopf. Verwünschungen waren Unsinn. »Aber warum gerade ich? Warum machen sich die Männer von Solomon's nicht selbst auf die Jagd danach? Ihre Mitglieder sind doch ebenso erfahrene Schatzjäger wie die Männer, die für den Raben arbeiten.«
»Wir haben jeder unser Fachgebiet«, wandte Lindberg ein. »Ich selbst bin mit einer anderen Suche als nach der Büchse der Pandora beschäftigt. Und einige von uns geben sich damit zufrieden, die Experten ihres jeweiligen Fachgebiets zu sein. Mr. Nichols beispielsweise hat sich jahrelang mit der Geschichte der Pandora befasst, aber er richtet sein Augenmerk auf die Recherche und nicht auf die Bergung solcher Artefakte.«
Mr. Nichols lächelte verhalten und nickte.
Bei genauerer Betrachtung des sanftmütig wirkenden Mannes konnte Fielding sich sehr gut vorstellen, warum Solomon's nicht ihn zum Raben schickte. Eine durchsetzungsfähige Frau wäre da eine weitaus ebenbürtigere Gegnerspielerin für seinen Onkel.
»Sie kennen die Handlanger des Raben besser als wir«, warf Jensen ein. »Sie wissen, wie sie sich verhalten und wohin sie die Büchse bringen werden. Sie sind am besten dazu geeignet, mit diesen Männern umzugehen. Wir dagegen sind ...« Jensen unterbrach sich und machte eine kurze Handbewegung.
»Gentlemen?«, ergänzte Fielding mit einem Anflug von Verbitterung in der Stimme. »Selbstverständlich.« Er spürte die Hitze, die ihm in den Nacken stieg. Er sollte diese Narren jetzt gleich zum Teufel schicken. Denn schließlich war auch er ein Gentleman. Zumindest war er wie einer erzogen worden. Er trug einen Titel und verfügte über das nötige Vermögen, das zu untermauern. Doch für die Männer von Solomon's war Fielding kein Viscount, sondern nur das Mittel zum Zweck.
»Nennen Sie uns Ihren Preis«, forderte ihn Mr. Nichols auf, dessen kurze Finger sein Taschentuch umklammerten und den feuchten Stoff zu einem festen Knäuel kneteten. »Es ist von äußerster Wichtigkeit, dass wir uns dieses Artefakt verschaffen.«
»Warum ist gerade dieses Stück so wichtig? Von Mr. Nichols' offensichtlichem Interesse dafür einmal abgesehen.«
Lindbergs freundliches Lächeln verblasste. »Weil es gefährlich sein könnte«, sagte
er.
»Könnte?«, fragte Fielding.
»Höchstwahrscheinlich ist es das«, berichtigte sich Lindberg.
»Wir wissen es einfach nicht«, warf Mr. Nichols mit vor Aufregung schriller Stimme ein. »Über die Büchse der Pandora und deren Inhalt ist viel geschrieben worden, und wir wissen nicht, was davon den Tatsachen entspricht. Doch die Möglichkeiten ...« Er unterbrach sich für einen Moment. »Die Möglichkeiten sind katastrophal«, schloss er.
»Sag es ihm«, forderte Lindberg ihn auf.
Mr. Nichols sah die anderen Clubmitglieder an, ehe er nickte und sich wieder Fielding zuwandte.
»Es heißt, dass die Büchse der Pandora alles Böse und Schlechte in sich birgt. Dass die Götter so furchtbare Plagen wie Gier und Hass, Eitelkeit, Neid, Wollust und Krankheit in die Büchse legten, um Pandora für ihre Neugier zu bestrafen. Und diese Übel werden, so heißt es, von Gegenständen
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