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Zauberhafte Versuchung

Zauberhafte Versuchung

Titel: Zauberhafte Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robyn DeHart
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waren an den großen Schreibtisch gegangen und sprachen leise miteinander. Esme strengte vergeblich ihre Ohren an, um zu hören, was sie sagten.
    Schließlich bückte sich der Rabe und zog ein langes, aufgerolltes Pergament hervor, eine Art Landkarte vielleicht, das er auf dem Schreibtisch ausbreitete. Beide Männer zeigten an einigen Stellen auf das Pergament, doch nur der Rabe sprach. Und obwohl Esme sich wieder die größte Mühe gab zu lauschen, verstand sie nur die Worte Wachen und Majestät.
    Thatcher beugte sich vor und stützte sich mit beiden Händen auf den Tisch, wodurch der goldene Armreif unter seinem Ärmel sichtbar wurde. Esme hätte ihn gern aus der Nähe gesehen, um dessen Gravur zu lesen, aber sie wagte nicht, sich von der Stelle zu bewegen.
    Sie war jedoch nicht die Einzige, die den Armreif bemerkt hatte. Der Rabe unterbrach sich mitten im Satz und starrte den Armschmuck prüfend an.
    »Nimm das ab«, murmelte er.
    Thatcher runzelte verwirrt die Stirn.
    Der Rabe griff über den Tisch nach Thatchers Arm und zerrte an dem Armreif. »Warum geht das Ding nicht ab?«
    »Ich sagte Ihnen doch schon, dass ich alles versucht habe, ihn abzulegen«, erwiderte Thatcher und zog seinen Arm zurück.
    Einen Moment überlegte Esme, ob sie den beiden sagen sollte, was Fielding über die Wirkung des Fluchs herausgefunden hatte, aber dann beschloss sie, ihr Wissen lieber für sich zu behalten.
    »Was haben Sie eigentlich vor?«, fragte sie jedoch, weil die Karte ihre Neugierde geweckt hatte.
    »Oh, wir haben einen brillanten Plan«, prahlte Thatcher. »Wir werden ...«
    »Halt die Klappe, du Dummkopf«, fuhr der Rabe ihm über den Mund und starrte wieder den goldenen Armreif an, der seinen Blick wie magisch anzuziehen schien.
    Es musste der Fluch der Gier sein, mit dem Thatchers Goldreif belastet war, denn wann immer der Rabe ihn ansah, schien er den Blick nicht mehr abwenden zu können. In der Kutsche hatte er ihren Armreif gesehen, hatte aber nicht versucht, ihn ihr wegzunehmen. Aber er hatte sie berührt, mehr als einmal, vielleicht, weil er in dieser kurzen Zeit schon dem Fluch der Wollust anheimgefallen war. Und bevor Thatcher jetzt dazugekommen war, hatte der Rabe so ruhig und beherrscht gewirkt, als hätte er nicht nur sich, sondern auch sie ganz und gar unter Kontrolle. Und nun war es das mit dem Fluch der Gier behaftete Armband, das ihn in Versuchung führte.
    »Sie werden abwarten müssen, wenn Sie wissen wollen, was wir vorhaben«, fuhr Thatcher fort. »Wir haben schon alles ausgetüftelt. Wir ...«
    »Wir?«, brüllte der Rabe. »Es gibt kein Wir. Es ist mein Plan. Und du arbeitest für mich.« Bei den letzten Worten riss er das Schwert von der Wand und ließ die gut geschärfte Klinge auf Thatcher Handgelenk niedersausen. Blut spritzte über den Schreibtisch und zeichnete ein rotfleckiges Muster auf die Karte.
    Thatcher heulte vor Schmerz auf, fiel zu Boden und umklammerte einen blutigen Stumpf, wo eben noch seine Hand gewesen war. Esme erstickte ihren eigenen Aufschrei, indem sie beide Hände an ihren Mund presste. Ihr Herz raste in einem solchen Maße, dass sie nicht wusste, ob es sich je wieder beruhigen würde.
    »Kein wir«, wiederholte der Rabe und hob Thatchers Hand vom Schreibtisch auf. »Ich weiß nicht, warum ich nicht schon vorher daran gedacht habe.«
    In ungläubigem Entsetzen beobachtete Esme, wie der Rabe das Armband von der abgeschlagenen Hand zu lösen versuchte, doch als würde es von einer unsichtbaren Fessel gehalten, ließ es sich nicht bewegen.
    Thatcher schrie immer noch vor Schmerz.
    »Halt den Mund!«, fuhr ihn der Rabe an.
    Mit tränenüberströmtem Gesicht drückte Thatcher den blutüberströmten Arm an seine Brust und wiegte sich vor dem Schreibtisch hin und her.
    Der Rabe fluchte erbost. »Das verdammte Ding geht immer noch nicht ab!« Er ging um den Schreibtisch herum zu Thatcher. »Du bist aber auch zu nichts zu gebrauchen«, sagte er und stieß das Schwert in Thatchers Brust.
    Diesmal konnte Esme ihren Aufschrei nicht mehr unterdrücken.
    »Nun, wahrscheinlich reicht auch seine Hand. Ich brauche ja nur das Armband«, sagte der Rabe und kam ein paar Schritte auf Esme zu.
    Sie versuchte, ihre Panik zu unterdrücken, was ihr aber nach dem, was sie mit angesehen hatte, nicht gelang.
    »Haben Sie etwas zu sagen, Miss Worthington?«
    Sie schüttelte stumm den Kopf.
    »Gut.« Er zog an einer Klingelschnur in einer Ecke des Zimmers, und kurz darauf erschien der Butler in der Tür.

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