Zauberhafte Versuchung
sich, von ihm zurückzutreten.
Obwohl es ihr nicht leichtfiel, unterdrückte sie ihre Enttäuschung. Immerhin war nur sie vom Fluch des Armbandes betroffen, nicht Fielding Grey. Sie konnte nicht von ihm erwarten, dass er die gleichen Empfindungen für sie verspürte, die sie für ihn in sich erwachen fühlte.
»Wir können die Bücher dort drüben durchsehen«, sagte sie und wies auf den großen Tisch am Fenster.
Männer interessierten sich nun einmal nicht für intelligente Frauen; er hatte es vorhin selbst gesagt - Bücher waren Zeitverschwendung. Und sie hielt er für eine Träumerin. Sie hatte nicht das Recht, sich selbst so in Versuchung zu bringen. Nicht, solange sie sich nicht damit begnügen könnte, für den Rest ihres Lebens jemand zu sein, der sie nicht war, ihre Intelligenz zu unterdrücken und die naive kleine Frau zu spielen.
»Es ist schrecklich, dieses verfluchte Armband tragen zu müssen. Wenn dem nicht so wäre, würde ich Sie nämlich nicht nur unsympathisch finden, sondern sogar für ziemlich rüde halten«, erklärte sie.
Er zog eine Augenbraue hoch. »Aber stattdessen ...?«
Ungehalten ließ Esme die Bücher auf den Tisch fallen. »Unter den gegebenen Umständen würde ich nichts lieber tun, als Sie zu küssen, Mr. Grey.«
»Miss Worthington, welche romantischen Vorstellungen auch immer Sie hegen mögen - ich kann Ihnen versichern, das sie völlig unangebracht sind.« Er beugte sich ein wenig vor. »Mich zu küssen ...«, er unterbrach sich einen Moment und ließ langsam seinen Blick über Esme gleiten, »wird nicht lindern, was Sie quält.«
Eine süße Wärme erfüllte Esme. Sie glaubte ihm kein Wort. Ihn zu küssen würde sich ganz gewiss als das beste aller Heilmittel erweisen.
Als erriete Fielding ihren Gedanken, sagte er: »Aber wenn Sie mit dem Feuer spielen wollen, will ich Sie nicht daran hindern.« In einer scheinbar hilflosen Geste hob er die Hände.
Esme tat einen tiefen, beruhigenden Atemzug und wandte sich von Mr. Grey ab, um sich auf die Bücher zu konzentrieren, die vor ihnen lagen. »Danke für diese Ermahnung. Ich versichere Ihnen, dass ich mich bemühe, mit meinen Gedanken bei unserem derzeitigen Dilemma zu bleiben -«, ihre Stimme senkte sich zu einem Flüstern, »und nicht bei meinen lustvollen Empfindungen für Sie.«
Allein schon dieses Wort auszusprechen, schien die Wollust in ihr zu wecken. Das Wort klang so sündhaft und verboten. Sie war sicher, es noch niemals zuvor laut gesagt zu haben.
Doch solche Gedanken waren nicht im Mindesten hilfreich, und deshalb schob Esme sie beiseite und sagte: »Lassen Sie uns mit der Suche beginnen. Wir werden nicht viel Zeit haben, die Bücher auszuwählen, die wir mitnehmen wollen.«
Nachdem beide Platz genommen hatten, versuchte Esme, sich auf ihre Lektüre zu konzentrieren, aber aus dem Augenwinkel schaute sie immer wieder auf Fieldings Finger, die erstaunlich behutsam die Seiten des Buches umblätterten, das er gerade durchsah. Und sein maskuliner Duft nach Sandelholzseife schien auf sie zuzuwehen wie Kerzenrauch. Oh, Herrgott noch mal, Esme!
Einige Momente verstrichen, bis sie sich schließlich zwang, sich auf das Buch zu konzentrieren und den nächsten Absatz zu lesen - und zu verstehen. Doch ihre Gedanken gaben trotzdem keine Ruhe. Fielding saß so dicht neben ihr, dass sie die Wärme seines Körpers spürte. Gequält schloss Esme die Augen und wurde sich augenblicklich seiner ruhigen Atemzüge und des Geräuschs bewusst, das durch das Umblättern der Buchseiten entstand.
In ihrer Fantasie malte sie sich aus, wie er sich ihr zuwandte, und dass seine braunen Augen sich vor Leidenschaft verdunkelten, als er sie hochhob und auf den Tisch setzte. Er sagte nichts, als er sich vorbeugte und mit den Lippen ihren Hals streichelte. Ein köstliches Erschauern durchflutete sie, als er die zarte Haut ihrer Schulter küsste, bevor er seinen Mund auf ihren senkte und Besitz von ihm ergriff ...
Das Scharren eines Stuhls über den Holzboden riss Esme aus ihren Träumereien und ließ sie sich wieder ihrer Aufgabe zuwenden.
Sie schlug das Buch zu und griff nach einem anderen, um es durchzublättern. Nachdem sie zwei, drei Seiten überflogen und einige gelesen hatte, fiel ihr Blick auf eine Zeichnung.
»Sehen Sie sich das mal an, Mr. Grey.«
Er beugte sich zu ihr und betrachtete die Illustration.
Esme errötete heiß, als ihr zu Bewusstsein kam, was sie ihm zeigte: die Darstellung einer nackt daliegenden Frau, die nichts als ein
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