Zauberhafte Versuchung
Und er war ein erfahrener Liebhaber, das hatte sein Kuss ihr bewiesen. Natürlich hatte sie keine Vergleichsmöglichkeiten, aber selbst eine Unschuld wie sie merkte es, wenn ein Kuss so betörend war, dass er auch einer erfahrenen Frau eine Gänsehaut verursacht hätte.
Eines wusste Esme mit Sicherheit: Sie würde Fielding wieder küssen. Und das nächste Mal ein bisschen länger. Es hatte etwas Verheißendes gehabt, als er mit seiner Zunge ihre Unterlippe gestreichelt hatte. Und sie wollte unbedingt erfahren, was das war. Sie konnte einfach nichts dagegen tun. Der Fluch war zu stark und Mr. Grey viel zu verlockend.
Außerdem war Küssen harmlos. Sie war weder eine Frau von Rang und Namen noch hatte sie Aussichten, jemals zu heiraten. Diese Hoffnung hatte sie schon vor Jahren aufgegeben.
Demnach bestand also kein großer Grund zur Sorge, was ihren guten Ruf betraf. Sie hoffte nur, dass dieser verdammte Fluch ein Ende nehmen würde, bevor sie sich ganz und gar ins Unglück stürzte.
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8. Kapitel
F ielding sah Esme nach, als sie die Bibliothek verließ. Sobald er allein war, lehnte er sich auf seinem Stuhl zurück und fuhr sich mit der Hand über das Gesicht.
Er hatte nie an Flüche geglaubt und tat es auch jetzt nicht. Esme hatte eine Schwäche für ihn, weil er sie gerettet hatte. Eine Entführung wäre für jeden eine Qual gewesen, aber für eine wohlerzogene junge Dame wie Esme war es schlichtweg zu viel. Kein Wunder also, dass er zum Objekt ihrer Zuneigung geworden war.
Nun ja, vielleicht fühlte sie sich bis zu einem gewissen Grad tatsächlich zu ihm hingezogen. Sie hätte sich nicht so verführerisch geben können, wenn dem nicht so wäre. Wobei es Esme gar nicht um ihn ging; es hatte ihn getroffen, weil er zur rechten Zeit am rechten Ort und somit für sie verfügbar gewesen war.
Sie war eine erwachsene Frau, und wer war er, ihr zu verweigern, was sie wollte? Auf jeden Fall hatte er sich ihren Reizen nicht entziehen können und sie geküsst, auch wenn es besser gewesen wäre, er hätte seine Hände bei sich behalten.
Doch als sie ihre Lippen so unschuldig auf seine gepresst hatte, war er außerstande gewesen, an etwas anderes zu denken als daran, sie richtig zu küssen. Und an Schicklichkeit und Anstand hatte er dabei keinen Gedanken verschwendet. Er hatte sie geküsst, um ihr eine Lehre zu erteilen, um ihr zu zeigen, dass ihre Tändelei mit ihm ihr letztendlich nichts nützen würde. Doch nun schien er derjenige zu sein, dem eine Lehre erteilt worden war - das Wissen, dass es Verlangen in ihm erregte, Esme zu berühren und sie zu küssen. Ein Verlangen, von dem er wusste, dass er es niemals würde stillen können.
Er hatte ihr von Anfang an gesagt, dass er kein Gentleman war, und diese Warnung war durchaus ernst gemeint gewesen. Wenn sie also mit Feuer spielen wollte, würde er ihr gern die Zündhölzer dazu anreichen. Aber so verlockend es auch wäre, sie zu verführen, hatte er im Moment doch sehr viel Wichtigeres zu tun. Zum Beispiel sie zu beschützen, bis er die verdammten Armreifen wieder in die Schatulle legen und darin verschließen konnte.
Fielding trat vor das Haus und blieb an der Eingangstreppe stehen, um die Straße zu überschauen. Er wusste, dass die Männer des Raben nicht weit hinter ihnen sein konnten. Und wie, um seine Vermutung zu bestätigen, entdeckte Fielding fast im selben Augenblick das rote Wappen seines Onkels auf der glänzenden schwarzen Kutsche, die nicht weit entfernt in einer Querstraße stand.
»Esme«, rief Fielding, als er das Haus betrat. Jetzt war keine Zeit für Höflichkeiten. »Wir müssen weg. Sofort!«
Außer Atem von der Hetze des Packens und in einem ihrer eigenen Kleider, dessen kräftiges Rosa zu den roten Flecken auf ihren Wangen passte, kam Esme in die Eingangshalle gelaufen. »Was ist los?«
»Sie haben uns gefunden.«
»Wer hat uns gefunden?«, fragte Thea angsterfüllt.
Esme sah Fielding an, bevor sie sich ihrer Tante zuwandte. »Die Männer, die mich entführt haben«, erwiderte sie schlicht.
Falls sie glaubte, ihre Tante damit zu beruhigen, irrte sie sich. Die alte Dame schwankte plötzlich und streckte eine Hand aus, um sich an der Wand abzustützen.
»Ojemine«, murmelte sie.
Fielding war den Umgang mit Frauen nicht gewöhnt. Männern konnte er Anweisungen geben, ihnen sagen, wo sie graben oder ihm leuchten sollten, doch den galanten Gentleman zu spielen war
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