Zauberhafte Versuchung
zog damit Esmes Blick auf sich. »Ach, Thea, sieh das Ganze doch einfach als ein großes Abenteuer.«
»Ich glaube, ich bin zu alt für Abenteuer«, erwiderte Thea mit einem schwachen Lächeln.
»Unsinn. Du siehst keinen Tag älter aus als vierzig.«
Sie fuhren eine Straße hinauf, überquerten zwei andere und bogen in eine dritte ein, um etwaige Verfolger abzuschütteln. Trotzdem dauerte es nicht lange, bis die Kutsche hielt.
Esme zog den Vorhang beiseite und schaute aus dem Fenster. »Ist dies das Haus des Marquis?«
»Wenn Sie bitte einen Moment hier warten«, sagte Fielding. »Es wird nicht lange dauern.« Damit stieg er aus und schloss die kleine Kutschentür. Nachdem er kurz mit dem Fahrer gesprochen und ihm aufgetragen hatte, während seiner Abwesenheit ein Auge auf die Damen zu haben, stieg er die Stufen zu Lindbergs großem, mit prachtvollen Eingangssäulen versehenen Haus hinauf.
Der Butler öffnete die Tür, noch bevor Fielding Gelegenheit bekam anzuklopfen, fast als hätte er bereitgestanden, um etwaige Besucher einzulassen. Fielding wurde sogleich in das Arbeitszimmer des Marquis geführt, der hinter seinem Schreibtisch stand und eine große Landkarte betrachtete.
Als der Butler den Besucher ankündigte, blickte Max Lindberg auf. »Grey. Das ist aber eine Überraschung!«, sagte er und kam um den Tisch herum. »Haben Sie die Büchse schon gefunden?« Der Marquis gab sich keine Mühe, die freudige Erregung in seiner Stimme zu verbergen.
Fielding ignorierte seine Frage. »Ich bin hier, weil ich Ihre Unterstützung brauche, Lindberg.« Er unterbrach sich kurz, um die richtigen Worte für sein Anliegen zu finden. »Vielleicht lässt es sich bei einem Drink besser darüber reden«, sagte er dann und ließ sich unaufgefordert in einem rötlich braunen Ledersessel nieder, der unter seinem Gewicht ein leises Ächzen von sich gab.
Max ließ sich nicht lange bitten und schenkte beiden ein Glas Sherry ein, bevor er sich Fielding gegenübersetzte.
Nach einem belebenden Schluck berichtete Fielding dem Marquis von Miss Worthingtons Entführung und erklärte ihm, dass sie und ihre Tante vorübergehend eine sichere Unterkunft benötigten. Die Geschichte mit dem verwünschten Armreif überging er dabei, und auch das Kästchen erwähnte er nicht. Er traute den Männern von Solomon's nicht und sah daher keinen Grund, ihnen diese Informationen mitzuteilen. Im Übrigen pflegte er seine Auftraggeber ohnehin nicht über jeden seiner Fortschritte in Kenntnis zu setzen. »Ich kenne den Raben gut genug, um zu wissen, dass er mich nie auch nur in der Nähe eines Mitglieds von Solomon's vermuten würde.«
Der springende Punkt war allerdings eher der, dass der Rabe ihn gut genug kannte, um zu wissen, dass Fielding diese Männer normalerweise nie um Unterstützung bitten würde. Was wiederum bedeutete, dass das Haus des Marquis' unter den gegebenen Umständen ein sicherer Zufluchtsort für sie alle wäre.
»Und natürlich verbietet sich Ihr eigenes Haus von selbst«, stellte Lindberg fest.
»Genau. Außerdem habe ich zwei Damen unter meiner Obhut und weiß nicht, wo ich sie sicher unterbringen kann.«
Fielding war sich über die Reaktion des Marquis nicht im Klaren gewesen, doch dass er schallend lachen würde, damit hatte er wirklich nicht gerechnet. Aber genau das war Max' Reaktion.
»Wir hatten nicht die Absicht, Sie auf eine Mission zu schicken, die zur Folge hat, dass Sie eine Dame aus einer misslichen Lage retten müssen«, sagte er belustigt.
»Man lernt, mit dem Unerwarteten zu rechnen, wenn man es mit dem Raben zu tun hat«, entgegnete Fielding. »Obwohl ich dazusagen muss, dass es nicht zu unserer Vorgehensweise gehörte, unschuldige Damen zu entführen, als ich noch für ihn arbeitete.«
»Wahrscheinlich glaubte der Rabe, dass sie über wertvolle Informationen verfügte.« Zwei steile Falten furchten Max' Stirn. »Und sie ist bei Ihnen, sagen Sie?«
Fielding nickte. »Sie wartet in der Kutsche. Mit ihrer Tante.«
Max lächelte, als er zur Tür ging. »Dann lassen Sie uns die Damen hereinbitten und es ihnen bequem machen. Selbstverständlich können Sie alle so lange bleiben, wie es nötig ist. Es gibt einen Flügel dieses Hauses, den ich fast nie benutze«, sagte er, als sie auf die Eingangstür zugingen, und wies mit einer Handbewegung auf das andere Ende der Halle.
»Ich muss Sie allerdings warnen, dass Miss Worthington eine eher untypische Frau ist«, erklärte Fielding. »Sie ist ziemlich
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