Zauberhafte Versuchung
Brust. Die Berührung war so intim, dass sie Esme mit Scham hätte erfüllen müssen. Doch seine Hand entfachte tausend kleine Feuer auf ihrer Haut und erweckte eine nie gekannte Kühnheit in ihr. Sein heißer Atem löste ein prickelndes Erschauern in Esme aus, als seine Lippen ihr Ohr berührten und von ihrem Nacken zu ihrer Kehle glitten.
Esme bog sich ihm entgegen und umklammerte seine Schultern, um ihm noch näher zu sein und das seltsam warme Kribbeln, das sich in ihr aufbaute, dadurch vielleicht zu lindern.
Nackt auf diesem Tisch.
Wieder küsste Fielding sie, so tief und glutvoll, dass ihr der Atem stockte und sie vor Lust und Leidenschaft schier zu vergehen glaubte. Doch dann beendete er den Kuss, und für einen Moment blieben sie in solch inniger Umarmung sitzen, dass sich ihr Atem in der stillen Luft vermischte.
»Esme«, sagte er dann.
»Ja?«
»Du musst lernen, dich zu beherrschen, da es mehr als offensichtlich ist, dass ich kein Gentleman bin.« Er hob sie auf ihren Stuhl zurück, stand auf und ging von ihr fort.
Esme versuchte, sich auf seine Worte zu konzentrieren. »Und das beunruhigt dich?«
»Du bist noch unschuldig und unverdorben, Esme. Ich will nicht, dass irgendein empörtes Familienmitglied an meiner Tür anklopft und verlangt, dass ich dich heirate.« Er schenkte ihr ein etwas schiefes Lächeln. »Ich brauche keine Ehefrau.«
Die wundervolle Wärme in ihr begann sich augenblicklich zu verflüchtigen. Er brauchte sie nicht, meinte er.
Männer heirateten immer. Es lag in ihrer Natur, sich eine Frau zu suchen, die sie umsorgte und ihre Bedürfnisse befriedigte. Also konnte es eigentlich nur so sein, dass sie für ihn einfach nicht infrage kam und er sich nur bemühte, rücksichtsvoll zu sein.
Trotzdem taten ihr seine Worte in der Seele weh, auch wenn sie ihn um nichts auf der Welt merken lassen wollte, wie sehr. Esme hob das Kinn. »Ich will auch keinen Ehemann. Und du musst dir auch keine Sorgen wegen irgendwelcher ritterlichen Männer in meiner Familie zu machen; die gibt es nämlich nicht.«
Fieldings Ausdruck wurde weicher. »Keine ritterlichen Männer oder keine Familie?«
»Weder noch.« Esme zuckte mit den Schultern. »Ich habe dir doch schon gesagt, dass ich auf mich allein gestellt bin.«
»Und was willst du von mir?«, fragte er so leise, dass sie schon fast den Eindruck hatte, es interessierte ihn tatsächlich.
Esme schluckte und ignorierte die lang gehegten Wünsche, die ihr jetzt durch den Sinn gingen. Ein Ehemann, der sie liebte und auf Händen trug. Kinder ...
Sie wollte antworten, dass sie es unerträglich fand, von Verlangen nach einem Mann gequält zu werden, den sie normalerweise keines zweiten Blickes gewürdigt hätte. Doch obwohl das durchaus zutreffen mochte, hatte das nichts mit ihm zu tun, sondern ganz allein mit ihr. Sie hatte sich angewöhnt, attraktive Männer nicht zur Kenntnis zu nehmen und sich nie wieder etwas zu wünschen, das unerreichbar für sie war.
»Ich will dieses Armband loswerden, damit ich aufhöre, dich in peinliche Situationen zu bringen.«
Fielding presste die Lippen zusammen. »Wollen wir dann mit den Büchern weitermachen?«
»Aber ja.«
Als er an den Tisch zurückkehrte, setzte er sich ihr gegenüber, sodass der Tisch sie voneinander trennte.
Anscheinend hatte Fielding doch den Gentleman in sich entdeckt.
Esme drehte sich zum hundertsten Mal um, seit sie zu Bett gegangen war. Nicht, weil das Bett unbequem gewesen wäre; es war sogar herrlich weich und warm. Es lag auch nicht daran, dass sie hellwach gewesen wäre, denn ihre Lider waren schwer vor Müdigkeit, und ihr ununterbrochenes Gähnen wurde langsam sogar lächerlich. Aber der Schlaf wollte sich nicht einstellen, und sie schien einfach keine Ruhe finden zu können.
Schon als Kind war sie von der Geschichte der Büchse der Pandora fasziniert gewesen. Ihr Vater hatte ihr Interesse an den uralten Erzählungen und Legenden geweckt, als sie noch ein kleines Mädchen gewesen war. In seine Armbeuge gekuschelt, hatte sie bis spät in die Nacht hinein seinen Erzählungen gelauscht.
Nach dem Tod ihrer Eltern hatte sie zur Erinnerung nur die Bibliothek ihres Vaters behalten wollen. Elena oder Raymond hätten ihr auch wohl kaum irgendetwas anderes gegeben. Sogar um die Bücher hatte sie betteln müssen. Sie hatte sich diese Bücher vorgenommen, hatte sie studiert und mit der Zeit ihre eigenen Hypothesen entwickelt. Dadurch war sie zu einer anerkannten Expertin geworden, was Pandora
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