Zauberin von Darshiva
er befriedigt. »Das läßt sich leicht wieder hinausschöpfen.«
Der Nebel wurde zusehends dichter, während sie ihr Gepäck an Bord brachten. In diesem Teil der Welt war Frühling, und Frösche quakten ihren Liebesdrang zwischen dem Röhricht am Ufer hinaus. Es war ein angenehmes, einschläferndes Geräusch. Durnik kundschaftete ein paar hundert Meter stromab und fand eine seichte Uferstelle, wo die Strömung die Erde weggespült hatte. Aus dem restlichen Holz baute er eine Rampe. Sie zogen den Kahn zu der seichten Stelle und brachten die Pferde an Bord.
»Warten wir, bis es ein bißchen heller ist«, schlug der Schmied vor. »Der Nebel ist schlimm genug, aber wenn auch noch Dunkelheit dazukommt, sieht man so gut wie gar nicht, wohin man fährt. Diesen Kahn zu rudern wird kein so großes Vergnügen sein, daß wir auch noch im Kreis herum-paddeln sollten.«
»Könnten wir nicht ein behelfsmäßiges Segel aufziehen?« fragte Silk hoffnungsvoll.
»Mit Leichtigkeit«, antwortete Durnik. Er benetzte einen Finger mit der Zunge und streckte ihn hoch. »Ich werde es tun, sobald dir einfällt, wie du den Wind zum Blasen kriegst.«
Silks Gesicht wurde lang.
»Während du dich damit beschäftigst, muß ich mit Ce’Nedra reden.« Er stiefelte den Strand hoch und rüttelte Garions Gemahlin sanft wach.
»Manchmal«, brummte Silk, »hat er einen sehr merkwürdigen Humor.«
Als das erste Tageslicht den nebligen Horizont im Osten tönte, legten sie ab und nahmen ihre Plätze an den Rudern ein.
»Ich möchte ja nicht gern unken«, sagte Sadi zu Durnik, der auf dem Heck an der Ruderpinne stand. »Aber ich kenne den Nebel aus Nyissa gut, und wenn es erst richtig Tag ist, werdet Ihr unmöglich erkennen können, wo die Sonne steht. Wie wollt Ihr da den Kurs halten?«
»Darum kümmert sich Ce’Nedra.« Der Schmied deutete zum Bug.
Die Rivanische Königin lehnte über die Backbordseite und beobachtete ein schwimmendes Holzstück, das an einem langen Seil befestigt war.
»Was macht sie da?« fragte Sadi verwundert.
»Sie achtet auf die Strömung. Wir müssen uns schräg zu ihr halten, und solange das Seil im gleichen Winkel vom Kahn bleibt, sind wir auf dem richtigen Kurs. Ich habe eine Markierung an der Reling angebracht, damit sie weiß, wie das Holzstück stehen muß.«
»Ihr denkt wirklich an alles, nicht wahr?« Sadi legte sich weiter gleichmäßig in die Riemen.
»Ich versuche es. Probleme lassen sich gewöhnlich vermeiden, wenn man im vorhinein alles gründlich durchdenkt.«
Ce’Nedra hob einen Arm und deutete gebieterisch nach Steuerbord. Sie nahm ihre Arbeit offensichtlich sehr ernst. Gehorsam bewegte Durnik die Pinne.
Seit das Ostufer des mächtigen Stromes im Nebel verschwunden war, hatte Garion das Gefühl, daß die Zeit völlig stehenblieb. Nichts schien sich zu bewegen, obwohl er sein Ruder mit eintöniger Regelmäßigkeit durchs Wasser zog.
»Langweilig, nicht wahr?« brummte Silk.
»Das ist Rudern immer«, antwortete Garion.
Silk schaute sich um, dann sagte er leise. »Ist dir auch aufgefallen, daß Durnik sich verändert hat?«
»Nein, eigentlich nicht.«
»Ich meine damit, er ist gewöhnlich so zurückhaltend, daß man seine Anwesenheit manchmal fast vergißt. Aber dort auf dem Strand hat er die Leitung übernommen.«
»So ist er schon immer, Silk. Wenn wir etwas tun, das andere besser verstehen, macht er einfach mit und hält die Augen offen. Doch wenn es zu etwas kommt, bei dem er sich auskennt, übernimmt er und tut, was getan werden muß.« Garion schaute voll Zuneigung über die Schulter zu seinem alten Freund. Dann blickte er Silk verschmitzt an. »Er lernt auch sehr schnell. Inzwischen ist er wahrscheinlich ein ebenso guter Spion wie du.
Er hat auch sehr genau aufgepaßt, wie du den Bohnenmarkt in Melcene manipuliert hast. Sollte er sich je entschließen, ins Geschäft einzusteigen, werdet ihr, du und Yarblek, gut aufpassen müssen, daß ihr nicht ins Hin-tertreffen kommt.«
Silk wirkte etwas besorgt. »Das würde er doch nicht wirklich tun, oder?«
»Bei Durnik weiß man so was nie so genau.«
Als die Sonne höherstieg, streute der Nebel ihr Licht, und die Welt um sie wurde schwarzweiß – weißer Nebel und schwarzes Wasser, ohne den geringsten Hinweis, daß sie vorankamen, und wenn, ob in die richtige Richtung. Garion hatte ein eigenartiges Gefühl, weil sie sich völlig auf Ce’Nedra verlassen mußten. Nur ihre Aufmerksamkeit, mit der sie darauf achtete, daß das Seil immer genau
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