Zauberin von Darshiva
vielleicht für Außenstehende den Anschein hat. Überragende kaiserliche Staatsgewalt ist das einzige, was uns zusammenhält.«
»Sehr vernünftige Überlegungen«, lobte Silk. »Stabilität ist gut für das Geschäft.«
»Um von Geschäften zu sprechen«, sagte Atesca, »wir werden uns bei Gelegenheit sehr eingehend über Bohnen unterhalten müssen.«
»Wollt Ihr kaufen oder verkaufen, General Atesca?« fragte Silk unver-froren.
»Kommen wir wieder zur Sache, meine Herren«, warf Polgara ein. »General Atesca, welche Pläne hat der Kaiser mit uns?«
»Das weiß ich nicht, meine Lady«, antwortete Atesca. »Ich genieße nicht in allen Dingen sein Vertrauen. Ich weiß nur, daß ihn die Art und Weise sehr bestürzte, in der ihr seine Gastfreundschaft in Mal Zeth mißbraucht habt.«
»Er wußte, wohin wir wollten«, sagte Garion hart, »und weshalb.«
»Das ist wahrscheinlich eines der Dinge, über das er mit Euch reden möchte, Eure Majestät. Es wäre möglich, daß er und Ihr zu einem Einver-nehmen kommt.«
»Möglich, aber nicht sehr wahrscheinlich.«
»Das dürfte von Seiner Kaiserlichen Majestät abhängen, nicht wahr?«
Der Nebel hatte sich aufgelöst, aber der Himmel über Darshiva war bedeckt. Während Garion am Bug von Atescas Schiff stand, nahm er einen Geruch wahr, der ihm auf sehr unangenehme Weise bekannt war. Es war eine Mischung aus nassem Rost, stehendem Wasser und Moder. Er spähte voraus und sah einen Wald aus toten weißen Stämmen. Sein Herz wurde ihm schwer.
Atesca gesellte sich zu ihm. »Ich hoffe, Ihr nehmt es mir nicht persönlich übel, Eure Majestät«, sagte er, »aber es scheint schon fast zur Gewohnheit zu werden, daß ich Euch und Eure Freunde festnehme.«
»Ihr führt nur Befehle aus, General«, antwortete Garion knapp. »Ich ha-be bloß eine Meinungsverschiedenheit mit dem Kaiser, nicht mit Euch.«
»Ihr seid sehr nachsichtig, Eure Majestät.«
»Nicht wirklich, General. Aber ich vergeude meine Zeit nicht damit, Zorn gegen Leute zu hegen, die lediglich Anweisungen ausgeführt haben.«
Atesca blickte zum darshivischen Ufer, das kaum noch eine Meile entfernt war. »Ich nehme an, daß es bis zum Mittag aufklaren wird«, sagte er, um das Thema zu wechseln.
»Darauf würde ich mich nicht verlassen«, entgegnete Garion ernst.
»Wart Ihr je in Cthol Mishrak?«
»Militärs haben selten Grund, unbewohnte Ruinen zu besuchen, Eure Majestät.«
»Cthol Mishrak war nicht unbewohnt«, erklärte ihm Garion. »Die Chandim waren dort und die Hunde und andere, die ich nicht einmal beschreiben könnte.«
»Religiöse Fanatiker.« Atesca zuckte die Schultern. »Sie tun Dinge aus den merkwürdigsten Gründen. Ich hörte, daß es ein sehr ungesunder Ort ist, sozusagen.«
Garion deutete auf die darshivische Küste. »Dort drüben seht Ihr einen ähnlichen, fürchte ich. Ich weiß, daß Melcener fast so skeptisch sind wie Tolnedrer, also weiß ich nicht, wieviel Ihr von dem glauben werdet, was ich Euch nun sage. Riecht Ihr auch diesen seltsamen Geruch?«
Atesca schnupperte, dann rümpfte er die Nase. »Kein sehr angenehmer, nicht wahr?«
»Cthol Mishrak roch genauso. Ich nehme an, daß diese Wolkendecke bereits mindestens ein Dutzend Jahre über Darshiva hängt.«
»Das zu glauben fällt mir wahrhaftig schwer.«
»Seht Euch die Bäume an!« Garion deutete auf die weißen Stämme.
»Was, glaubt Ihr, könnte einen ganzen Wald töten?«
»Irgendeine Krankheit, nehme ich an.«
»Nein, General, denn dann wären längst Schößlinge nachgewachsen, aber dort gibt es nicht einmal das geringste Unterholz. Die Bäume starben, weil ihnen der Sonnenschein fehlt. Das einzige, was da draußen noch ge-deiht, sind Pilze. Es regnet hin und wieder, und das Regenwasser sammelt sich in Tümpeln. Die Sonne kommt nicht heraus, die das Wasser verdunsten helfen könnte, also bleibt es und wird faulig. Das ist Teil von dem, was Ihr riecht.«
»Ich rieche auch Rost. Woher kommt das?«
»Das weiß ich nicht. In Cthol Mishrak kam es von den Ruinen von Toraks Eisenturm. Darshiva liegt in ständiger Düsternis, weil es das Zuhause des Kindes der Finsternis ist.«
»Den Begriff hörte ich schon einmal. Wer ist dieses Kind der Finsternis?«
»Zandramas – wenigstens im Augenblick. Wollt Ihr immer noch Eure Truppen hier landen lassen?«
»Ich habe meine Befehle, König Belgarion. Meine Soldaten sind gut ausgebildet. Sie werden ein Fort an dieser Küste errichten, ob die Sonne scheint oder nicht. Dann warten
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