Zauberin von Darshiva
bereits am See, und Eriond striegelte das glänzende kastanienbraune Fell seines Hengstes.
»Wir dachten schon, du würdest heute den ganzen Tag schlafen«, be-grüßte ihn Belgarath, als sich Garion auf einen Stamm setzte und seine Stiefel anzog.
»Ich habe es erwogen«, bekannte Garion. Er stand auf und blickte über das glitzernde blaue Wasser des kleinen Bergsees. Am gegenüberliegen-den Ufer wuchsen Espen mit Stämmen von der Farbe frischen Schnees.
Die Blätter hatten sich bereits zu verfärben begonnen und schimmerten in der Morgensonne wie gehämmertes Gold. Die Luft war kühl und ein wenig feucht. Plötzlich wünschte er sich, er könnte ein paar Tage hierbleiben.
Seufzend ging er hinüber zu seinem Großvater und Silk. »Wozu die feine Kleidung?« fragte er den rattengesichtigen kleinen Drasnier.
Silk zuckte die Schultern. »Wir kommen in eine Gegend, wo ich verhältnismäßig gut bekannt bin«, antwortete er. »Daraus könnten wir vielleicht Nutzen ziehen – sofern die Leute mich erkennen. Bist du völlig sicher, daß der Weg Südostwerts führt?«
Garion nickte. »Anfangs war es etwas verwirrend, aber dann bin ich doch klargekommen.«
»Verwirrend?« fragte Belgarath.
»Der Sardion war ebenfalls hier – allerdings vor langer Zeit. Eine Weile sah es so aus, als wollte das Auge beiden Spuren gleichzeitig folgen. Ich mußte deshalb ernsthaft mit ihm reden.« Garion schlang den Schwertgürtel über die Schulter und schnallte ihn fest. Dann rückte er die Scheide ein bißchen hin und her, bis es bequemer für ihn war. Das Auge am Knauf des Schwertes glühte in einem stumpfen Rot.
»Warum macht es das?« fragte Silk neugierig.
»Wegen des Sardions«, erklärte Garion. Er blickte über die Schulter auf den glühenden Stein. »Hör damit auf!« sagte er.
»Kränk es nicht«, mahnte Silk. »Wir könnten ganz schön in Schwierigkeiten geraten, wenn es anfinge zu schmollen.«
»Was liegt im Südosten?« fragte Belgarath den kleinen Mann.
»Voresbo«, antwortete Silk. »Es gibt dort nicht viel mehr als einen Ka-rawanenweg und ein paar Minen oben in den Bergen. In Pannor ist ein Seehafen. Ich lege dort manchmal auf dem Rückweg von Melcena an.«
»Sie die Leute dort Karandeser?«
Silk nickte. »Aber sie sind noch primitiver als die in den mittleren Kö-
nigreichen – wenn das überhaupt möglich ist.«
Der blaugestreifte Falke flog in Spiralen vom klaren Himmel, leuchtete auf und nahm mit einem Schimmern Beldins Gestalt an, kaum daß die Krallen den Boden berührten. Der bucklige kleine Zauberer war wie üblich in seine alten Lumpen gekleidet, die von Schnurstücken zusammen-gehalten wurden, und Strohhalme und Zweigstückchen hatten sich in Kopf- und Barthaar verfangen. Er fröstelte. »Ich hasse es zu fliegen, wenn es kalt ist«, brummelte er. »Da schmerzen meine Flügel.«
»So kalt ist es wirklich nicht«, meinte Silk.
»Dann versuch es mal zweitausend Fuß höher.« Beldin deutete auf den Himmel, dann drehte er sich um und spuckte ein paar aufgeweichte graue Federn aus.
»Hast du wieder mal zugeschlagen, Ohm?« Polgara blickte vom Feuer auf.
»Nur ein kleines Frühstück, Pol«, antwortete er. »Ein Täubchen flog etwas früh aus.«
»Das war nicht nötig, weißt du.« Sie tupfte bedeutungsvoll mit dem langen Kochlöffel auf die Seite des brodelnden Topfes.
Beldin zuckte die Schultern. »Eine Taube wird der Welt schon nicht gleich fehlen.«
Garion schauderte. »Wie bringst du es nur fertig, sie roh, mit Federn und allem zu verschlingen?«
»Man gewöhnt sich daran. Mit meinen Krallen hatte ich nie viel Glück, ein Feuer zu machen.« Er blickte Belgarath an. »Schwierigkeiten voraus!«
erklärte er. »Eine Menge Rauch und Gruppen von Bewaffneten, die he-rumziehen.«
»Konntest du erkennen, wer sie waren?«
»So nahe kam ich nicht heran. In einem Haufen wie ihrem gibt es ge-wöhnlich den einen oder anderen gelangweilten Schützen, und ich habe keine Lust, mir meine Schwanzfedern von einem Pfeil zerrupfen zu lassen, nur weil irgend so ein Idiot mit seinen Schießkünsten angeben will.«
»Ist das schon mal passiert?« fragte Silk neugierig.
»Einmal – vor langer Zeit. Bei kaltem Wetter schmerzt meine Hüfte davon immer noch.«
»Habt Ihr etwas unternommen?«
»Ich hatte ein kurzes Gespräch mit dem Schützen. Ich ersuchte ihn, so etwas nie wieder zu tun. Er zerbrach seinen Bogen, als ich ihn verließ.«
Beldin wandte sich wieder Belgarath zu. »Können wir sicher sein, daß der
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