Zauberkusse
mehrere tausend Euro gespart.«
»Aha.«
»Jetzt kann ich also ein bisschen was verprassen. Sie verstehen?«
»Ehrlich gesagt nein.« Er lacht ein bisschen verlegen und ich lache auch, beuge mich vor, bis mein Gesicht ganz nah an seinem ist und flüstere:
»Sie sind ein Arschloch. Ein richtig dummes Arschloch.« Das Lächeln fällt ihm aus dem Gesicht und seine Miene verfinstert sich. Ich lasse seine Hand los und marschiere mit meinem Fahrrad los: »Schicken Sie mir die Rechnung. Meine Adresse kennen Sie ja.«
3.
Liebe nine to five
In dieser Nacht träume ich von wild umherfliegenden Farbtöpfen, von nackten Frauen, die aus ihren Gemälden steigen und mich durch die Straßen jagen. Und von einem jungen Polizisten mit stahlblauen Augen, der mich wegen Beamtenbeleidigung zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe verknackt.
Schweißgebadet schrecke ich auf und sehe mich verwirrt in meinem Schlafzimmer um. Gott sei Dank, es war nur ein Traum. Oder nicht? Siedendheiß fällt mir die letzte Nacht wieder ein und ich sinke schamesrot in die Kissen zurück. Was habe ich getan? Ich kann mich nicht entscheiden, welches meiner Vergehen ich am peinlichsten finde. Dass ich mitten in der Nacht in das Haus von Gregor eingedrungen bin? Dass ich meine Wut an einem wertvollen Gemälde ausgelassen habe? Dass ich den Künstler nicht kannte und mir seinen Namen immer noch nicht gemerkt habe, obwohl ich jetzt eines seiner Werke auf dem Gewissen habe? Oder dass ich einen Polizisten, der ziemlich nett zu mir war und auch noch sehr gut aussehend, als dummes Arschloch beschimpft habe?
Bei der Beantwortung dieser Frage hilft mir meine liebe Freundin Loretta, mit der ich mich zum Mittagessen im »Café unter den Linden« treffe. Ich bin bei ihr zu Kreuze gekrochen und habe mich für meinen unschönen Abgang am Abend entschuldigt. Weil das wirklich nicht sehr nett von mir war. Weil sie doch meine beste Freundin ist und es mit ihren Warnungen nur gut gemeint hat. Weil ich, wenn man den weiteren Verlauf des Abends betrachtet, wohl im Unrecht war. Und weil ich es mir mit meinem einzigen juristischen Beistand gerade in diesen Zeiten vielleicht besser nicht verderben sollte. Wie recht ich damit habe, erfahre ich, nachdem wir uns an einem kleinen Zweiertisch am Fenster niedergelassen, Kirschsaftschorle und jeweils einen Salat mit Schafskäse und Oliven bestellt haben. Nachdem ich mit meinem Bericht über den gestrigen Abend geendet habe, sieht Loretta mich schweigend an. Ohne mit der Wimper zu zucken. Sie nimmt einen Schluck aus ihrem Glas. Mein Mund wird ganz trocken, aber ich traue mich nicht, ebenfalls etwas zu trinken. Nicht, bevor das Urteil gesprochen ist.
»Jetzt sag doch endlich mal was«, drängele ich schließlich, nachdem meine Freundin fünf Minuten lang beharrlich geschwiegen hat.
»Dazu fällt mir nichts mehr ein«, sagt sie und schüttelt mit strenger Miene den Kopf. Betreten schaue ich auf meinen Salatteller und piekse meine Gabel mit aller Wucht in ein unschuldiges Stück Tomate. Eigentlich hätte ich mir eine andere Reaktion erhofft. Ein bisschen mehr Verständnis. Aber ich will sie nicht schon wieder anblaffen und Hals über Kopf davonstürmen. Unsicher sehe ich meine Freundin an, deren Mund sich jetzt zu einem Grinsen verzieht. »Okay, das war die Anwältin in mir«, sagt sie locker und stopft sich ein überdimensionales Salatblatt in den Mund. »Als deine Freundin kann ich dir nur zu deinem unverschämten Glück gratulieren.« Verständnislos schaue ich sie an.
»Wieso Glück?«
»Ganz einfach, wenn die Dinge anders gelaufen wären, hättest du nicht nur die gestrige Nacht, sondern vermutlich noch einige weitere im Gefängnis verbracht. Auch wenn du Gregor dafür hasst, dass er seiner Frau diese Geschichte aufgetischt hast, du solltest ihm dankbar sein. Und diesem Polizisten … wie hieß er noch?«
»Michael Lange.«
»Ihm auch.«
»Und warum?«
»Ganz einfach«, meint sie genüsslich kauend, »Sachbeschädigung und Hausfriedensbruch sind Antragsdelikte. Aber Einbruch ist ein Offizialdelikt. Das bedeutet, dass Sachbeschädigung und Hausfriedensbruch nur verfolgt werden, wenn Anzeige vom Geschädigten erstattet wird. Einbruch wird aber von Amts wegen strafrechtlich verfolgt. Das heißt, eigentlich hätte dieser Herr Lange dich verhaften müssen. Anscheinend konnte er dich gut leiden.« Ich sinke immer mehr in mich zusammen.
»Ja, vermutlich hast du da sogar recht. Zumindest, bis ich ihn ein Arschloch genannt
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