Zauberkusse
an:
»Woher wissen Sie das?«
»Ist ziemlich eindeutig«, meint er achselzuckend. »Zwei Frauen, die einander verblüffend ähnlich sehen, völlig irrationaler Vandalismus, ein Mann, dem trotz leichter Bekleidung in einer kühlen Nacht die Schweißperlen auf der Stirn stehen.«
»Wow, Sie sind wohl die Reinkarnation von Sherlock Holmes, was?«, spotte ich.
»Spuren von Wimperntusche unter dem rechten Auge der Täterin«, fährt er ungerührt fort, »dies hier ist eindeutig ein Verbrechen aus Leidenschaft.« Schnell hebe ich meine gefesselten Hände zum Gesicht und versuche, besagte Spuren mit dem Handrücken wegzuwischen. Ein bisschen beeindruckt bin ich schon, das muss ich zugeben.
»Können Sie mir auch sagen, was er ihr da«, mit dem Kopf nicke ich in Richtung Küche, »jetzt für eine Geschichte auftischt?« Doch bevor er noch zu einer Antwort ansetzen kann, erscheinen Gregor und Anna wieder im Türrahmen.
»Wir verzichten auf eine Anzeige«, verkündet Gregor und man kann förmlich sehen, welche Last ihm dabei von den Schultern fällt. Genauso wie mir übrigens.
»Da bin ich aber froh«, lächele ich erleichtert und halte Herrn Lange die Handschellen entgegen, »wenn ich Sie dann bitten dürfte …?«
»Nicht so schnell«, geht Anna dazwischen, »unter zwei Bedingungen.«
»Die da wären?«
»Erstens müssen Sie natürlich für den entstandenen Schaden aufkommen.« Ich spüre, wie mir das Blut aus dem Gesicht weicht. Wie war das noch gleich? Kein Bild von Knut Dingsdabums ist unter fünfzigtausend Euro wert? Der Traum von meinem eigenen Café zerplatzt wie eine Seifenblase. Das kann doch nicht wahr sein. Ich bin ein solcher Vollidiot. »Die Vase ist fast tausend Euro wert und die Restauration des Gemäldes wird sicherlich auch einige Tausend kosten. Wir werden uns da erkundigen.« Einige Tausend? Restauration? Das klingt schon ein bisschen besser. Ich werfe einen unsicheren Blick an die Wohnzimmerwand und frage mich, wie man dieses Bild noch retten will. Anna folgt meinem Blick. »Oh, das Klavier«, fällt ihr dabei ärgerlicherweise auf, »die Reinigung wird sicher auch einiges kosten.«
»Aber das kann ich nicht bezahlen«, protestiere ich schwach, »wissen Sie, was eine Putzfrau heute verdient?« Dabei werfe ich Gregor einen hämischen Blick zu. Wenn der mich schon zur Putze macht, dann will ich wenigstens etwas davon haben. Anna guckt konsterniert auf mich herunter. Wahrscheinlich hat sie etwas mehr Dankbarkeit von meiner Seite erwartet. Gregor bricht schon wieder der Schweiß aus:
»Sie finden schon eine Lösung«, meint er und rollt beschwörend mit den Augen. »Sie könnten zum Beispiel einen Kredit aufnehmen.« Fragend sehe ich ihn an und er nickt kaum merklich.
»Okay, es wird schon gehen«, schwenke ich sofort um. Dass ich da nicht eher drauf gekommen bin. Natürlich muss ich den Krempel nicht bezahlen. Gregor weiß doch selber am besten, dass er an allem schuld ist. Und wenn ich mich hier in der Hütte so umschaue, dann hat er weiß Gott keine Geldsorgen. »Können wir dann«, frage ich Herrn Lange fast gut gelaunt, doch schon wieder macht Anna mir einen Strich durch die Rechnung.
»Moment, nicht so schnell! Die zweite Bedingung«, sie stützt sich mit den Händen auf der Tischplatte ab und lehnt sich zu mir herüber, »lautet, dass wir Sie nie wieder zu Gesicht bekommen. Verstanden? Lassen Sie uns in Ruhe.«
»Geht klar«, knirsche ich zwischen den Zähnen hindurch, »kann ich jetzt gehen?«
»Dieser Mann«, fährt sie ungerührt fort, »ist glücklich verheiratet, wie er Ihnen ja schon wiederholt zu erklären versucht hat. Es tut mir leid für Sie, dass Sie sich in ihn verliebt haben und ich verstehe, dass eine Abfuhr immer kränkend ist, aber …« Sie macht eine bedeutungsschwangere Pause und erklärt dann feierlich: »Liebe kann man eben nicht erzwingen.« Fassungslos blicke ich von einem zum anderen, meine Hände beginnen, unkontrolliert zu zittern. Betäubt sitze ich da und sehe in Annas grüne Augen, die mich mit einer Mischung aus Kälte und Mitleid ansehen, während Gregor, der Pantoffelheld, neben ihr immer kleiner und kleiner zu werden scheint. Dieser Mistkerl! Er hat mich verraten! Ich kann mir ganz genau zusammenreimen, was er ihr im Nebenzimmer für eine Geschichte aufgetischt hat:
»Die arme Frau scheint total in mich verliebt zu sein. Ich habe ihr niemals Hoffnungen gemacht, das musst du mir glauben, Schatz. Sie hat sich wohl in die Sache hineingesteigert.«
»Ich
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