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Zauberkusse

Zauberkusse

Titel: Zauberkusse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Voosen Jana
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beginne dann, Loretta ihren hellblauen V-Ausschnitt-Pulli über den Kopf zu zerren.
    »Heeee.« Nun sitzen wir beide da, in Jeans und BH und ich beeile mich, den Pullover überzuziehen, damit Anna uns nicht in dieser Situation erwischt. »Du kannst doch nicht einfach …«, protestiert Loretta, aber ich höre ihr gar nicht zu, sondern drücke ihr meine Strickjacke mit dem nassen Fleck in die Hand.
    »Hier, zieh sie an oder lass es bleiben. Ist sowieso alles deine Schuld.« Loretta zuckt die Achseln und entscheidet sich dann doch für das Kleidungsstück. Gerade zieht sie den Reißverschluss hoch, als Thekla durch den Vorhang tritt. Mein Herz rast vor Aufregung.
    »So, ihr Lieben. Das hier ist Anna. Anna, das hier sind Loretta und … Luzie.« Damit tritt sie einen Schritt zurück und gibt den Blick frei auf Anna, die zögernd eintritt. Ich springe auf. Weniger aus Höflichkeit als vielmehr aus dem Gefühl, dringend auf Augenhöhe mit meiner Konkurrentin sein zu müssen. Mit einem arroganten Ausdruck auf dem Gesicht betritt sie das Zimmer und bleibt wie angewurzelt direkt vor mir stehen. Wortlos starren wir uns an. Unter ihrem knielangen, blauen Mantel trägt sie auch Jeans und einen V-Ausschnitt-Pullover. In weiß. Das schlechte Gewissen wallt in mir auf, als mein Blick auf die Halskrause fällt, die um ihren Nacken liegt. Die Arme, fährt es mir durch den Kopf, ehe ich es verhindern kann. Das muss schrecklich für sie sein, mir mit diesem hässlichen Ding entgegentreten zu müssen.
    »Verdammt«, sagt sie langsam, »du bist die Putzfrau.« Ich brauche eine Sekunde, um zu kapieren, was sie meint. Ach so, bislang wusste sie also gar nicht, dass die irre Einbrecherin und Gregors Geliebte ein und dieselbe Person sind. Nun wird mir auch klar, warum sie am Telefon so verwirrt auf meine Frage nach dem Gernading-Gemälde reagiert hat.
    »Nein, ich bin keine Putzfrau«, kann ich mir nicht verkneifen zu sagen, statt die Sache auf sich beruhen zu lassen.
    »Ich erkenne dich doch wieder«, faucht sie mich an und ich weiche unwillkürlich einen Schritt zurück. Mein Mitleid ist schon wieder wie weggeblasen. »Du warst in unserem Haus. Du hast Farbe über unser Gemälde gekippt.« Aus dem Augenwinkel erkenne ich, dass Loretta und Thekla unser Aufeinandertreffen mit offenem Mund verfolgen. Na, Hauptsache, die Damen werden gut unterhalten.
    »Ja, das war ich schon«, gebe ich zu und ihre Augen sprühen Gift und Galle, »aber ich bin keine Putzfrau.«
    »Was bist du dann?«
    »Ich bin Kellnerin«, quetsche ich unwillig hervor und wünschte, das Ladenlokal in der Stresemannstraße doch gemietet zu haben. Schimmelflecke an der Decke hin oder her, wenigstens könnte ich mich dann jetzt als Unternehmerin bezeichnen. Und müsste nicht das höhnische Lächeln ertragen, zu dem sich Annas Mund verzieht.
    »Ach so, na dann«, meint sie ironisch. Und da sehe ich es.
    »Nein«, keuche ich, weiche einen Schritt zurück und deute auf ihren Mund.
    »Nimm den Finger aus meinem Gesicht«, sagt sie leise und so scharf, dass ich tatsächlich die Hand sinken lasse.
    »Du hast auch eine«, flüstere ich.
    »Was habe ich?«
    »Eine … Zahnlücke.« Gequält entblöße ich mein Gebiss und präsentiere den Raum zwischen meinen Schneidezähnen. Unwillkürlich greift sie sich an den Mund. Ich drehe mich abrupt um, lasse mich wieder auf meinen Platz fallen und starre düster vor mich hin.
    »Setzen Sie sich doch, Anna«, lädt Thekla sie freundlich ein und sie lässt sich vorsichtig auf dem am weitesten von mir entfernten Sitzkissen nieder.
     
    Da sitze ich nun also, gegenüber der Frau, die den selben Mann liebt wie ich. Und die mir ähnlicher sieht als meine eigene Schwester. Thekla schenkt fleißig Tee aus, Loretta sieht immer noch fasziniert von einem zum anderen und Anna und ich starren düster vor uns hin.
    »Wie alt bist du?«, fragt sie mich schließlich.
    »Einunddreißig«, gebe ich zurück.
    »Na, Gott sei Dank.«
    »Wieso?«
    »Wenigstens bist du keine jüngere Ausgabe von mir. Sondern eine ältere«, sagt sie mit einem triumphierenden Lächeln auf dem Lippen.
    »Dafür sehe ich jünger aus«, trumpfe ich auf.
    »Streitet euch nicht, Kinder«, gebietet Thekla, »wir haben Wichtigeres zu tun.« Na schön. Ich werfe Anna noch einen finsteren Blick zu und nehme einen großen Schluck aus meiner Teetasse. Leider gieße ich die Hälfte daneben.
    »Verdammt«, rufe ich aus. Das erste Mal, seit sie den Raum betreten hat, wird Annas Gesicht von einem

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