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Zauberkusse

Zauberkusse

Titel: Zauberkusse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Voosen Jana
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Entsetzt sehe ich Thekla an. Sie nickt bestätigend. »Sie konnte nicht zu den erforderlichen Vorgesprächen gehen und meine Kundin wurde befördert.« Ich schlucke schwer. »Ein anderer Kunde wünschte sich einen Geldsegen und hat prompt eine entfernte alte Tante beerbt.«
    »Sie ist gestorben?«, frage ich unsinnigerweise.
    »Ich kann froh sein, dass seine Frau nicht eine hohe Lebensversicherung abgeschlossen hat. Sonst hätte die womöglich dran glauben müssen«, nickt Thekla düster.
    »Und das kann nicht einfach nur Zufall sein«, frage ich mit zitternder Stimme.
    »Ausgeschlossen. Ich habe noch weitere Geschichten. Eine junge Frau hat …«
    »Schon gut, ich will nichts mehr hören«, wehre ich ab. Ist ja furchtbar! Lauter Unglücksfälle!
    »Es ist wirklich schrecklich«, meint Thekla und nimmt noch einen Schluck aus ihrer Tasse, »ich hätte niemals gedacht, dass so etwas passieren könnte. Habe meine Mutter eigentlich immer für eine liebenswerte Spinnerin gehalten. Und diesen ganzen Humbug eben für … na ja, Humbug. Das Schlimme ist«, fährt sie aufgeregt fort, »dass alles, was man in der Magie aussendet, auf einen zurückkommt. Und ich weiß noch nicht einmal genau, seit wann es plötzlich funktioniert. Bis jetzt weiß ich nur von ein paar gebrochenen Füßen, einer toten Tante, einer Fehlgeburt …«
    »Um Gottes willen«, schreie ich entsetzt auf.
    »Na ja, und noch ein paar anderen Dingen«, lenkt sie ein. »Weißt du, wie schwer es mir fiel, diese vier Stockwerke zu dir hochzulaufen? Wie leicht hätte ich mir die Füße brechen können.« Sorgenvoll schüttelt sie den Kopf, sodass ihre dunkelroten Locken auf und nieder hüpfen. Ungläubig sehe ich sie an. So ist das also. Um ihr eigenes Wohl ist sie besorgt. Wahrscheinlich tut es ihr nicht mal leid um die verletzte Frau. Die tote Tante. Den Fötus. Nicht drüber nachdenken.
    »Und was ist mit den Menschen, die den Zauber bei dir in Auftrag geben? Fällt es auf die auch zurück?«
    »Laut Internet schon«, antwortet sie prompt und zuckt dann entschuldigend die Schultern: »Ich habe ein bisschen recherchiert. Vorher hat mich der ganze Kram herzlich wenig interessiert.«
    »Aber mein Zauber hat doch niemand anderem geschadet, oder doch?«, frage ich nun unsicher. »Ich habe mir doch nur gewünscht, dass Gregors und meine Liebe gefestigt wird. Und zu einer festen Beziehung wird.«
    »Stimmt.«
    »Ich habe nicht seine Frau verflucht oder sonst irgendetwas.«
    »Stimmt.« Auf einmal stiehlt sich ein leises Lächeln auf mein Gesicht. Zuerst will ich es noch zurückhalten in Anbetracht all der tragischen Vorfälle, von denen Thekla mir Bericht erstattet hat, aber es will mir nicht gelingen. Plötzlich fühle ich mich einfach wunderbar.
    »Dann wird er ja zu mir kommen«, jubele ich und springe auf. »Du kannst wirklich zaubern, also wird es wahr werden. Er wird zu mir kommen.« Mein Herz hüpft vor Freude auf und nieder und ich hüpfe mit. Es hat sich gelohnt. Das Warten hat sich gelohnt. Die hundertfünfzig Euro haben sich gelohnt. Ich strahle Thekla an, doch ihr bedrückter Gesichtsausdruck gefällt mir gar nicht. Ich halte mitten in meinem kleinen Freudentanz inne:
    »Dann ist doch alles gut?«, frage ich forschend.
    »Nein, ist es nicht.«
    »Aber wieso denn nicht?«
    »Na ja, es gibt da noch ein klitzekleines weiteres Problem. Aber setz dich doch zuerst mal hin.«
    »Nun sag schon«, drängele ich, doch sie beharrt darauf, dass ich mich hinsetzen soll.
    »Glaub mir, es ist besser.« Ich setze mich. »Es ist so«, beginnt sie, »ach, was soll’s, kurz und schmerzlos. Du bist nicht die Einzige, für die ich einen Zauber um Gregors Liebe ausgesprochen habe.« Meine Knie werden weich. Ich ahne Schlimmes.
    »Wer noch«, frage ich kaum hörbar und weiß die Antwort schon, bevor Thekla sie ausspricht:
    »Anna.«

7.
    Du bist doch die Putzfrau!
     
    »Ich kann’s nicht glauben, ich kann es einfach nicht glauben«, schimpfe ich vor mich hin, als ich am nächsten Tag gemeinsam mit Loretta über einen schmalen Waldweg in Nienstetten laufe. Über Nacht ist es empfindlich kalt geworden und ich ziehe meinen viel zu dünnen Mantel fester um mich. In der Ferne taucht die Schrebergartensiedlung auf, in der Thekla lebt und wo sie auch ihr Wohnmobil abstellt, wenn sie damit nicht gerade auf dem Dom oder einem anderen Rummel ist. Um uns herum wachsen dicht an dicht schmale Nadelbäume bis in den Himmel, irgendwo im Unterholz knackt es. Ich öffne den Mund, um etwas zu

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