Zauberkusse
es um die Scheidung geht?« Erneutes Nicken. »Hättest du sie nicht an jemand anderen in der Kanzlei weiterleiten können?« Kopfschütteln. »Du hättest es schon gekonnt, aber du wolltest nicht«, sage ich böse. »Herrgott, Loretta, wie stellst du dir das denn vor? Diese Frau geht mit meinem Freund in den Scheidungskrieg und du stehst auf der falschen Seite.« Wieder schüttelt Loretta den Kopf. Wie soll ich das denn jetzt verstehen? »Du meinst, dass du auf der richtigen Seite bist?«, forsche ich nach und sie nickt heftig. »Und warum?« Mit großen Augen sieht sie mich an und zuckt mit den Schultern.
»Das ist keine Ja-oder-Nein-Frage«, quetscht sie hervor.
»Das weiß ich selber«, blaffe ich sie an. »Aber deine Spielchen sind mir zu blöd. Was soll das Ganze? Ja, ich weiß, vielleicht hätte ich dir sagen sollen, dass ich wieder mit Gregor zusammen bin, aber deine Reaktion hat ja eindringlich bewiesen, dass du nicht länger auf meiner Seite bist. Und damit nicht genug, dann nimmst du auch noch Anna als deine Klientin an. Meine Rivalin …«
»Vor ein paar Wochen hast du noch anders über sie gesprochen«, fällt Loretta mir jetzt heftig ins Wort. »Wenn ich dich daran erinnern darf, hast du gemeint, plötzlich mit ihr in einem Boot zu sitzen.«
»Das meine ich aber jetzt nicht mehr«, rufe ich aus.
»Und warum nicht?«
»Weil ich dann nicht mit Gregor zusammen sein könnte, darum! Und das ist, was ich will! Ich will mit ihm zusammen sein und es ist mir egal, was du oder Anna oder sonst wer darüber denken. Und wenn du noch meine Freundin bist, dann unterstützt du mich und sagst seiner Frau, dass du sie nicht länger vertreten kannst«, fordere ich, trinke meinen Cognac in einem Zug aus und knalle das Glas auf die Tischplatte. Ich spüre den Alkohol heiß meine Kehle hinunterrinnen, während Loretta sich zu mir herüberbeugt und mir in die Augen sieht.
»Das werde ich nicht tun«, sagt sie sehr betont und ich zucke zusammen.
»Wirklich nicht?«, frage ich betroffen und sie schüttelt langsam den Kopf. »Tja, dann gehe ich wohl jetzt mal«, sage ich mühsam beherrscht und erhebe mich mit zitternden Knien. Während ich in Richtung Tür wanke, rasen meine Gedanken. Das kann doch alles nicht wahr sein. Wieso stellt Loretta sich plötzlich gegen mich? Wir sind befreundet, seit wir zusammen im Sandkasten gespielt haben. Ich kann mir mein Leben ohne sie gar nicht vorstellen. Was habe ich getan, um sie dermaßen gegen mich aufzubringen? Und dann schleicht sich eine peinigende Frage in mein Bewusstsein: Was ist, wenn es mit Gregor doch schiefgeht? Und wenn Loretta dann nicht da ist, um mich aufzufangen? Zögernd drehe ich mich zu meiner Freundin um, sehe ihren kurz geschnittenen, schwarzen Haarschopf, der sich über den Schreibtisch beugt, während sie eifrig mit dem Kugelschreiber auf einem Notizblock herumkritzelt. Schon wieder ganz in ihre Arbeit vertieft, obwohl ich noch nicht mal raus bin aus ihrem Büro. Nur mit Mühe halte ich die Tränen zurück, als Loretta ihre Notizen beendet und mit einem Ruck den Kopf hebt.
»Luzie«, sagt sie scharf und ich zucke zusammen. »Bleib noch einen Moment!« Unschlüssig bleibe ich, wo ich bin, während sie sich erhebt und um den Schreibtisch herum auf mich zukommt. Ganz dicht vor mir bleibt sie stehen, das Gesicht undurchdringlich. »Ich gehe jetzt einen Kaffee holen. Dort auf dem Zettel«, sie weist mit der Hand in Richtung Schreibtisch, »habe ich einige wichtige Fakten aufgeschrieben, die Annas und Gregors Scheidung betreffen. Damit ich sie nicht vergesse. Ich muss dich bitten, diesen Zettel nicht zu lesen, während ich weg bin.« Mit diesen Worten drückt sie sich an mir vorbei und verlässt das Büro, nicht, ohne mir vorher noch einen vielsagenden Blick zuzuwerfen. Die Tür wird vorsichtig ins Schloss gezogen und ich bin allein. Wie magisch angezogen bewege ich mich auf das weiße, mit Lorettas schnörkelloser Handschrift eng beschriebene Papier zu und greife danach.
»Anna Landahl hat sich von ihrem Mann Gregor getrennt und nicht umgekehrt«, steht dort. »Er hat sie angefleht, bei ihm zu bleiben. Sie hat ihn rausgeworfen. Sie will die Scheidung.« Ungläubig starre ich auf die Buchstaben, die sich zu diesen für mich unsinnigen Sätzen formen. »Er ruft täglich bei ihr an, um sie zurückzugewinnen und bombardiert sie per SMS mit Liebesschwüren.« Die Worte verschwimmen vor meinen Augen. Das kann nicht sein. »Gregor hat ausschließlich von Annas Geld
Weitere Kostenlose Bücher