Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler

Titel: Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
du noch in Schuss bist, nach all den Wettern, denen du ausgesetzt warst.«
    »Unheimlich«, stimmte Paragon zu und versuchte, nicht allzu finster zu klingen. »Keiner war an Bord, seit du das letzte Mal hier warst. Also müsstest du alles noch so vorfinden, wie du es verlassen hast. Höchstens ein bisschen feuchter.«
    Er hörte und fühlte, wie sich der Mann im Vorschiff bewegte und schließlich in die Kapitänskajüte ging. Seine laute Stimme drang an Paragons Ohren. »Heh! Meine Hängematte ist ja immer noch da. Und sie ist auch noch in Schuss. Ich hatte sie völlig vergessen. Du erinnerst dich, es ist die, die ich bei meinem letzten Besuch hier gemacht habe.«
    »Ja, ich erinnere mich«, erwiderte Paragon. Er lächelte, als er daran dachte. Brashen hatte ein kleines Feuer am Strand entzündet und das Schiff trunken im Knüpfen unterrichtet.
    Seine Hände, die soviel größer waren als die eines Menschen, hatten Brashen vor eine ziemliche Herausforderung gestellt, als er versuchte, dem blinden Schiff allein durch die Berührungen die notwendigen Knoten zu zeigen. »Hat dir denn niemals jemand etwas beigebracht?«, fragte er empört, als Paragon sich seinen Weg durch die einfachen Handbewegungen gefummelt hatte.
    »Nein. Niemand. Jedenfalls nicht das. Als ich jung war, habe ich gesehen, wie es gemacht wird, aber niemand hat mir jemals die Chance geboten, es selbst auszuprobieren«, hatte Paragon geantwortet. Er fragte sich, wie oft er seitdem diese Erinnerung hervorgekramt hatte, um die langen Nachtstunden zu überstehen, wie oft er seine leeren Hände vor sich gehalten und imaginäre Linien geknüpft hatte, mit denen er eine Hängematte herstellen konnte. Es war eine Möglichkeit, den größeren Wahnsinn im Zaum zu halten.
    In der Kapitänskajüte hatte Brashen seine Schuhe abgestreift.
    Paragon wusste, dass sie jetzt in eine Ecke schlitterten, und zwar in die Ecke, in die alles rutschte. Aber die Hängematte war mit Haken gesichert, die Brashen angebracht hatte. Sie hing gerade, während der Mann ächzend hineinkletterte. Paragon fühlte, wie sie nachgab, aber die Haken hielten. Es war, wie Brashen gesagt hatte: Verblüffend wenig neuer Verfall. Als ob Brashen spürte, wie gierig das Schiff auf ein Gespräch war, richtete er sich noch einmal auf und rief: »Ich bin wirklich müde, Paragon. Lass mich ein paar Stunden schlafen. Morgen berichte ich dir von meinen Abenteuern, die ich erlebt habe, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben. Und auch von meinen Missgeschicken.«
    »Ich kann warten. Schlaf ein bisschen«, sagte das Schiff liebenswürdig. Er wusste nicht, ob Brashen ihn gehört hatte.
    Aber das war auch nicht wichtig.
    Er fühlte, wie der Mann sich in der Hängematte umdrehte und sich gemütlicher hinlegte. Danach herrschte fast vollkommene Ruhe. Das Schiff konnte sein Atmen wahrnehmen. Es war zwar keine sonderlich aufregende Gesellschaft, aber es war mehr, als Paragon seit vielen Monaten erlebt hatte. Er kreuzte die Arme vor seiner nackten Brust und konzentrierte sich auf das Geräusch von Brashens Atmen.

    Kennit betrachtete Sorcor. Der Erste Maat trug ein neues Hemd aus rot-weiß gestreifter Seide und grelle Ohrringe.
    Meerjungfrauen mit winzigen Perlen in ihren Nabeln und grünen Glasaugen. Sorcors vernarbtes Gesicht wirkte peinlichst sauber über seinem Bart. Sein Haar war ordentlich nach hinten gekämmt und mit einem Öl eingeschmiert, das vermutlich aromatisch sein sollte. Für Kennit stank es sowohl nach Fisch als auch nach Moschus. Aber er ließ sich diese Einschätzung nicht anmerken. Sorcor fühlte sich schon so sichtlich unbehaglich. Formalitäten peinigten den Mann. Aber Formalitäten und die Missbilligung des Kapitäns würden seinen Verstand vermutlich vollkommen lähmen.

    Die Marietta knarrte leise am Dock. Kennit hatte das Fenster der Kajüte geschlossen, damit der Gestank von Divvytown nicht eindringen konnte, aber der Lärm der nächtlichen Feiern war immer noch zu hören. Bis auf den Schiffsjungen, der sie bediente, und einen einzigen Mann als Wache befand sich kein weiterer Matrose an Bord. »Das genügt«, befahl Kennit dem Jungen. »Sei vorsichtig, wenn du sie sauber machst. Es ist Zinn, kein Blech.«
    Der Junge verließ die Kabine mit einem Stapel Teller und schloss die Tür fest, aber respektvoll hinter sich. Einige Sekunden lang herrschte Stille in der gemütliche Kajüte, während Kennit sorgfältig den Mann musterte, der nicht nur seine rechte Hand an Deck war, sondern auch

Weitere Kostenlose Bücher