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Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler

Titel: Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Holzstücke zerbrechen würde und ihn verstreute, wohin Wind und Wellen ihn trugen. Er fragte sich, ob ihm das Vergessen bringen würde oder ob er als ein dunkles Stück Hexenholz weiterleben und in alle Ewigkeit auf den Wellen tanzen musste. Manchmal verstärkten solche Gedanken seinen Wahnsinn. Manchmal, wenn er auf dem Strand lag, leicht nach Steuerbord geneigt, fühlte er die Holzwürmer und Muscheln, die sich in sein Holz fraßen, die sich hineinbohrten und sich tief vorarbeiteten, aber niemals in seinen Kiel oder seine Beplankung aus Hexenholz. Nein. Das war die Schönheit des Hexenholzes. Es war undurchlässig für die Angriffe des Meeres. Es war gleichzeitig Schönheit und ewige Verdammnis.
    Er kannte nur ein einziges Zauberschiff, das gestorben war.
    Tinester war in einem Feuer umgekommen, das sich rasend schnell durch seine Ladung gefressen hatte, eine Ladung aus Ölfässern und trockenen Häuten, und ihn in wenigen Stunden vollkommen verzehrt hatte. Es waren Stunden gewesen, in denen das Schiff geschrien und um Hilfe gebettelt hatte. Es war Ebbe gewesen. Selbst als ihn das Feuer durchlöchert hatte, er gesunken war und Salzwasser seine inneren Flammen löschte, hatte er nicht tief genug sinken können, um die Feuer auf Deck zu ersticken. Sein Hexenholz selbst war langsam verbrannt, und dichter, fettiger Rauch war von ihm in den blauen Himmel über dem Hafen aufgestiegen. Aber er hatte gebrannt. Vielleicht war das der einzige mögliche Friede, den ein Zauberschiff finden konnte. Flammen und ein langsames Verbrennen. Warum die Kinder wohl niemals daran gedacht hatten? Warum hatten sie Steine geworfen, wenn sie doch seinen rottenden Rumpf schon lange hätten in Brand setzen können? Sollte er es ihnen vielleicht irgendwann vorschlagen?
    Die Schritte kamen näher und blieben schließlich stehen.
    »Heh, Paragon.«
    Eine männliche Stimme, freundlich und beruhigend. Er brauchte einen Moment, dann konnte er sie zuordnen.
    »Brashen. Ist schon lange her.«
    »Über ein Jahr«, gab der Mann sofort zu. »Vielleicht sogar zwei.«
    Er kam näher, und dann fühlte Paragon, wie eine warme menschliche Hand über seinen Ellbogen strich. Er breitete die Arme aus und streckte seine rechte Hand vor. Er fühlte, wie Brashens schmale Hand versuchte, sie zu packen.
    »Ein Jahr. Ein voller Zyklus der Jahreszeiten. Das ist eine lange Zeit für euch Menschen, stimmt’s?«
    »Ach, ich weiß nicht.«
    Der Mann seufzte. »Es war länger, als ich ein Kind war. Jetzt kommt mir jedes Jahr kürzer vor als das davor.«
    Er hielt inne. »Na, und wie ist es dir ergangen?«
    Paragon grinste durch seinen Bart. »Das ist vielleicht eine Frage. Beantworte sie doch selbst. Ich bin derselbe, der ich die letzten, sagen wir, dreißig Jahre war. Mindestens, denke ich. Zeit hat für mich wenig Bedeutung.«
    Er hielt einen Moment inne und fragte dann: »Na, was bringt dich hierher, zu einem alten Wrack wie mir?«
    Der Mann besaß den Anstand, beschämt zu klingen. »Das übliche. Ich brauche einen Schlafplatz. Einen sicheren Schlafplatz.«
    »Und du hast niemals gehört, dass das größte Pech zwischen den Planken eines Schiffes wie mir klebt?«
    Es war ein altes Thema zwischen ihnen beiden. Aber sie hatten es lange nicht gehabt, und so fand Paragon es tröstlich, Brashen erneut durch dieses Spiel zu leiten.
    Brashen lachte bellend. Er drückte noch einmal Paragons Hand, bevor er sie losließ. »Du kennst mich, altes Schiff. Ich habe schon das schlimmste Pech erlebt, das jemandem zustoßen kann. Ich bezweifle, dass ich an Bord noch Schlimmeres finde. Und wenigstens kann ich hier fest schlafen, weil ich weiß, dass ein Freund über mich wacht. Habe ich die Erlaubnis, an Bord zu kommen?«
    »Komm an Bord und sei willkommen. Aber pass auf, wo du hintrittst. Ich müsste etwas stärker verrottet sein als das letzte Mal, als du hier Schutz gesucht hast.«
    Er hörte, wie Brashen ihn umkreiste, hörte den Sprung und fühlte einen Augenblick später, wie Brashen sich über die Reling zog. Es war seltsam, so seltsam, wieder zu fühlen, wie ein Mann nach all der langen Zeit über seine Decks ging.
    Nicht, dass es Brashen leichtgefallen wäre. Da er an Land gezogen worden war, waren die Decks der Paragon gefährlich geneigt. Brashen kletterte darauf herum, während er sich zum Vorschiff durchkämpfte. »Nicht verrotteter als bei meinem letzten Besuch«, sagte der Mann laut, beinahe fröhlich. »Und das war schon verdammt wenig. Es ist fast unheimlich, wie gut

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