Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler
darüber übergeben«, sagte Althea ungeduldig. »Ist solch ein Schwur gesetzlich bindend?«
Curtil zuckte mit den Schultern. »Du würdest damit vor dem Händler-Konzil landen, aber… Ja, ich glaube, du würdest gewinnen. Sie sind sehr konservativ, und die alten Sitten bedeuten ihnen viel. Ein Eid, der bei Sa geschworen wurde, würde auch gesetzlich eingehalten werden müssen. Hast du dafür Zeugen, und zwar mindestens zwei?«
Althea lehnte sich seufzend auf dem Stuhl zurück. »Einen, vielleicht, der die Wahrheit dessen bezeugen könnte, was ich sage. Die beiden anderen… Nun, ich weiß nicht mehr, was ich von meiner Mutter und meiner Schwester zu erwarten habe.«
Curtil schüttelte den Kopf. »Solche Familienstreitigkeiten sind sehr hässliche Angelegenheiten. Ich rate dir, dies nicht weiterzuverfolgen, Althea. Es wird nur zu noch schlimmeren Brüchen führen.«
»Ich glaube kaum, dass es noch schlimmer werden kann«, bemerkte sie grimmig, bevor sie sich von ihm verabschiedete.
Sie war die Tochter ihres Vaters. Und natürlich war sie schnurstracks zu Curtil in seine Kanzlei gegangen. Der alte Mann war nicht sonderlich überrascht, sie zu sehen. Nachdem man sie in seine Gemächer geführt hatte, stand er auf und entrollte einige Dokumente. Er legte ihr eins nach dem anderen vor und machte ihr damit klar, wie unhaltbar ihre Position war.
Sie musste ihrer Mutter zugestehen, dass sie wirklich gründlich gewesen war. Das Dokument war so festgezurrt wie eine Ladung in stürmischer See. Rechtlich hatte sie nichts in der Hand, sondern hing vollkommen vom guten Willen ihrer Schwester ab.
Rechtlich. Sie hatte nicht vor zuzulassen, dass ihre Realität auch nur das geringste mit dieser Art von Recht zu tun bekam.
Sie würde ihr Leben nicht von Keffrias Wohlwollen abhängig machen – schon deshalb nicht, weil es bedeutete, dass sie nach Kyles Pfeife tanzen musste. Nein. Sollten sie ruhig denken, dass ihr Vater ihr bei seinem Tod nichts hinterlassen hatte. Sie irrten sich. Alles, was er sie gelehrt hatte, all ihr Wissen des Segelhandwerks und ihre Beobachtungen seiner Art zu handeln gehörten immer noch ihr. Falls sie damit tatsächlich nicht auf eigenen Beinen stehen konnte, verdiente sie es zu verhungern.
Sie sagte sich entschieden, dass der erste Vestrit vermutlich weniger gewusst hatte, als er nach Bingtown gekommen war, und trotzdem seinen Weg gegangen war. Sie sollte ja wohl in der Lage sein, soviel allein zu schaffen.
Nein. Mehr als das. Sie würde den verdammten Beweis bekommen, dass sie genau das war, was sie von sich behauptete, und sie würde Kyle seinen Schwur vorhalten. Wintrow würde sie unterstützen, davon war sie überzeugt. Es war der einzige Weg, sich von der Fuchtel seines Vaters zu befreien. Aber würden ihre Mutter und Keffria es auch tun? Althea dachte nach. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass die beiden ihr freiwillig zu Hilfe kommen würden. Andererseits konnte sie auch nicht glauben, dass sie vor das Händler-Konzil treten und lügen würden. Ihr Entschluss verfestigte sich. Sie würde so oder so gegen Kyle vorgehen und einfordern, was ihr rechtens zustand.
Am Hafen herrschte reger Betrieb. Althea tastete sich zu dem Pier vor, an dem die Viviace vertäut war, ging Männern mit Schubkarren aus dem Weg, Frachtkarren, die von schwitzenden Pferden gezogen wurden, Schiffshändlern, die bald auslaufenden Schiffen neue Vorräte besorgten, Händlern, die ihre angeforderten Waren inspizierten, bevor sie sie in Empfang nahmen. Früher einmal hätte dieses Treiben am Hafen sie in Aufregung versetzt. Jetzt jedoch bedrückte es sie nur. Plötzlich fühlte sie sich ausgeschlossen von diesem Leben, abseits und unsichtbar. Als sie die Kais entlangging, gekleidet, wie es sich für die Tochter eines Bingtown-Händlers geziemte, wagte kein Seemann, auch nur Notiz von ihr zu nehmen, ganz zu schweigen davon, ihr einen freundlichen Gruß zuzurufen.
Es war schon merkwürdig. Sie hatte sich heute für das einfache schwarze Kleid und die Riemensandalen entschieden, als eine Art Entschuldigung gegenüber ihrer Mutter für ihr schlechtes Benehmen in der Nacht davor. Sie hatte nicht erwartet, dass dies ihr einziger Besitz sein würde, wenn sie allein den Schritt in die Welt hinaus tat.
Aber als sie die Docks entlangging, blätterte ihr Selbstbewusstsein allmählich ab. Wie sollte sie mit ihrem Wissen eine Arbeit finden, die sie ernährte? Wie konnte sie sich, so wie sie gekleidet war, einem Kapitän oder einem
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