Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler
rumschleppen kannst. Und was deine Juwelen angeht… Warum tust du nicht so, als hättest du sie schon bekommen, sie Stück für Stück unter Schmerzen verkauft? Das Geld wäre weg, und jetzt müsstest du tatsächlich herausfinden, wie es ist, auf eigenen Beinen zu stehen. Das wird dir eine Menge Zeit sparen, und so bleiben die Erbstücke wenigstens in den Händen deiner Familie. Falls Kyle nicht sowieso schon veranlasst hat, sie wegzuschließen.«
Das Schweigen, das Brashens bitterem Vorschlag folgte, war noch schwärzer als die sternenlose Finsternis, in die Paragon starrte. Als Althea schließlich antwortete, klang ihre Stimme hart vor Entschlossenheit.
»Ich weiß, dass du recht hast. Ich muss etwas tun, nicht darauf warten, bis etwas passiert. Ich muss mir eine Arbeit suchen. Und die einzige Arbeit, die ich kann, ist segeln. Und es ist auch der einzige Weg, jemals wieder an Bord der Viviace zu gelangen. Aber ich werde nicht angeheuert, so wie ich angezogen bin…«
Brashen schnaubte verächtlich. »Stell dich der Wahrheit, Althea! Du wirst nicht eingestellt, ganz gleich wie du gekleidet bist. Es spricht einfach zuviel gegen dich. Du bist eine Frau, du bist Ephron Vestrits Tochter, und Kyle Haven wird sicher auch nicht sonderlich freundlich mit dem umspringen, der dich einstellt.«
»Warum sollte die Tatsache, dass ich Ephron Vestrits Tochter bin, ein Makel sein?«
Altheas Stimme klang kläglich. »Mein Vater war ein guter Mann.«
»Stimmt. Das war er. Ein sehr guter Mann.«
Brashens Ton wurde kurz sanfter. »Aber was du lernen musst, ist, dass du nicht so einfach aufhören kannst, die Tochter eines Händlers zu sein. Oder der Sohn. Die Bingtown-Händler wirken wie eine ach so solide Allianz, wie man sie sich nur wünschen kann. Von außen. Aber du und ich, wir kommen von innen, und das genau ist es, was gegen uns arbeitet. Siehst du, du bist eine Vestrit.
Also gibt es einige Familien, die mit euch handeln und davon profitieren, andere, die mit euch konkurrieren, wieder andere, die mit denen verbandelt sind, die mit euch in Wettbewerb stehen… Niemand ist natürlich ein Feind, genaugenommen.
Aber wenn du nach Arbeit suchst, wird es so laufen wie bei mir.
›Brashen Trell, hm, Keif Trells Sohn, ha? Nun, warum arbeitest du nicht für deine Familie, Junge? Was, oh, du hattest eine Meinungsverschiedenheit? Ja, aber ich will es mir nicht mit deinem Vater verderben, indem ich dich einstelle.‹ Natürlich ist keiner so geradeheraus und sagt das. Nein, sie sehen dich an, schicken dich weg und sagen: ›Komm in vier Tagen wieder‹, nur sind sie nicht da, wenn du wiederkommst. Und die, die mit deiner Familie nicht klarkommen, stellen dich auch nicht ein, weil sie es gern sehen, wenn du in der Scheiße steckst.«
Brashens Stimme wurde leiser, weicher und langsamer. Er redet sich in den Schlaf, dachte Paragon, was er schon so oft getan hat. Vermutlich hatte er sogar vollkommen vergessen, dass Althea da war. Paragon kannte Brashens lange Litanei, wer ihm Unrecht getan und welche Ungerechtigkeiten er erlitten hatte, bis zum Überdruss. Und noch genauer kannte er Brashens sarkastische Selbstbeschuldigungen, wie idiotisch und wertlos er war.
»Und wie hast du überlebt?«, fragte Althea widerwillig.
»Ich bin dorthin gegangen, wo mein Name keine Rolle spielte. Das erste Schiff, mit dem ich gesegelt bin, war ein chalcedeanisches. Es interessierte sie nicht, wer ich war, solange ich gut arbeitete und billig war. Es waren die gemeinsten, verdorbensten Mistkerle, mit denen ich jemals gesegelt bin. Sie hatten kein Mitleid mit einem Jungen, die nicht. Ich habe das Schiff im ersten Hafen verlassen, in dem wir angelegt haben. Und ich bin noch am gleichen Tag auf einem anderen Boot ausgelaufen. Es war zwar nur ein bisschen besser, aber immerhin. Und dann sind wir…« Brashens Stimme versiegte.
Einen Moment dachte Paragon, dass er eingeschlafen war. Er hörte, wie Althea sich bewegte und versuchte, einen angenehmeren Halt auf dem geneigten Deck zu finden. »…
Als ich dann nach Bingtown zurückkam, war ich ein erfahrener Matrose. Junge, was war ich erfahren! Aber es hatte sich verdammt noch mal nichts geändert! Es hieß Trells Junge hier, Trells Sohn da… Ich dachte, ich hätte etwas aus mir gemacht.
Ich bin sogar zu meinem Vater gegangen und habe versucht, die Dinge wieder geradezubiegen. Aber er war nicht sonderlich von dem beeindruckt, was ich aus mir gemacht hatte. Nein, wirklich, das war er nicht. Was für ein
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