Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler
verklungen, als Sorcor auch schon die nächsten Kugeln abfeuern ließ. Dieser Schuss richtete zwar nicht soviel Schaden an, aber die angegriffene Mannschaft des Sklavenschiffes achtete jetzt mehr auf weitere Geschosse, als die Segel ordentlich zu bedienen.
Gleichzeitig bedeckten Segelfetzen und Leinen, die heruntergefallen waren, das Deck und behinderten die Männer, die an den anderen Segeln arbeiteten. Auf den Decks des Sklavenschiffs herrschte vollkommenes Durcheinander, und Sorcor befahl, die Enterhaken zu werfen.
Kennit sah unbeteiligt zu, als sie ihr hilfloses Opfer heranzogen und sicherten. Als der Morgen dämmerte, sprangen Sorcor und sein Sturmtrupp über die Reling oder schwangen sich an Leinen über die kleine Kluft zwischen den beiden Schiffen und schrien und kreischten vor Mordlust. Kennit hob seine Manschette an die Nase und atmete durch seinen Ärmel, um den Gestank des Sklavenschiffes nicht einatmen zu müssen.
Er blieb mit einer Rumpfmannschaft an Bord der Marietta . Die Piraten, die bei ihm geblieben waren, wirkten ganz offensichtlich frustriert, weil man sie um das Gemetzel betrogen hatte. Aber irgendjemand musste die Marietta bemannen und bereit sein, entweder einen Gegenangriff zurückzuschlagen oder die Leinen zu kappen, falls sich das Kampfesglück gegen sie wenden sollte.
Kennit blieb ein unbeteiligter Zuschauer des Gemetzels auf dem Sklavenschiff. Dessen Crew hatte ganz offensichtlich nicht damit gerechnet, von Piraten angegriffen zu werden, denn ihre Ladung entsprach nicht dem Geschmack von Piraten. Die meisten Freibeuter wie Kennit bevorzugten wertvollere Ware, unverderbliche Güter, vor allem solche, die leicht zu transportieren waren. Die angeketteten Sklaven unter Deck waren die einzige Fracht, die dieses Schiff mit sich führte.
Selbst wenn die Piraten willig gewesen wären, die mühsame Fahrt nach Chalced zu unternehmen und sie dort zu verkaufen, bedurfte der Transport einer solchen Ware ein wachsames Auge und einen verdammt starken Magen. Dieses Menschenvieh musste sowohl bewacht als auch gefüttert werden, man musste es mit Wasser versorgen und ein Mindestmaß an sanitären Einrichtungen bereithalten. Das Schiff selbst hatte vermutlich einen gewissen Wert, obwohl der Gestank, den es ausstrahlte, Kennit beinahe den Magen umdrehte.
Die Mannschaft des Sklaventreibers hatte fast nur die Waffen bei sich, die sie brauchte, um die Sklaven in Schach zu halten.
Kennit fiel auf, dass sie außerdem keine Ahnung zu haben schienen, wie man einen bewaffneten und gesunden Mann bekämpft. Wenn man sich daran gewöhnte, Männer in Ketten zu schlagen und zu treten, vergaß man wohl, wie es war, wenn man einem ernsthaften Gegner gegenüberstand.
Er hatte schon vorher versucht, Sorcor zu überreden, dass man für die Mannschaft und das Schiff vielleicht ein vernünftiges Lösegeld bekommen könnte, selbst wenn man sie von ihrer Fracht befreit hatte. Sorcor hatte augenblicklich leidenschaftlich widersprochen. »Wir töten die Mannschaft, befreien die Sklaven und verkaufen das Schiff. Aber nicht an andere Sklavenhändler«, hatte er ziemlich überheblich gefordert.
Kennit bedauerte allmählich, dass er diesem Mann gestattet hatte, sich als Gleichgestellten zu betrachten. Er wurde entschieden zu fordernd und schien absolut nicht zu bemerken, wie verhasst Kennit dieses Verhalten fand. Kennit kniff die Augen zusammen, als er darüber nachdachte, wie überaus erfreut die Mannschaft auf Sorcors idealistisches Treiben reagierte. Er bezweifelte, dass sie seine hochtrabenden Motive teilten, was die Befreiung der Sklaven anging. Für viel wahrscheinlicher hielt er, dass sie einfach an ungezügeltem Gemetzel Gefallen fanden. Als er zwei seiner Seeleute dabei beobachtete, wie sie einen noch lebenden Mann über die Reling und direkt in das erwartungsvoll aufgerissene Maul einer Seeschlange hievten, nickte Kennit langsam. Genau nach dieser bestialischen Blutorgie stand ihnen der Sinn. Vielleicht hatte er seinen Leuten bei den letzten Beutezügen zu straffe Zügel angelegt, weil lebende Gefangene gutes Lösegeld brachten.
Darüber wollte er später in Ruhe nachdenken. Er konnte von allen lernen, selbst von Sorcor. Alle Hunde mussten gelegentlich von der Leine gelassen werden. Er durfte die Mannschaft nicht glauben lassen, dass nur Sorcor ihnen solche Gelegenheiten verschaffen konnte.
Es ermüdete ihn schnell, das Ende des Schlachtens mitanzusehen. Die Mannschaft der Sklavengaleere war kein würdiger Gegner.
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