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Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler

Titel: Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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sich mit dem Rücken an ihn und seufzte schwer. »Nun, ich glaube, ich komme an Bord und suche mir ein Plätzchen, wo ich mich aufs Ohr legen kann, bevor es vollkommen dunkel geworden ist.«
    »Bevor es vollkommen dunkel geworden ist«, wiederholte Paragon langsam. »Aha. Also ist es jetzt noch nicht vollkommen dunkel.«
    »Nein. Du weißt ja, wie lange im Sommer die Abende dauern. Aber drinnen ist es vermutlich stockfinster, also wundere dich nicht, wenn ich herumstolpere.«
    Sie schwieg verlegen und baute sich dann vor ihm auf. Da er geneigt im Sand lag, konnte sie seine Hand leicht erreichen. Erst streichelte Althea sie ein bisschen und dann schüttelte sie sie. »Gute Nacht, Paragon. Und vielen Dank.«
    »Gute Nacht«, antwortete er. »Ach so. Brashen schläft in der Kapitänskajüte.«
    »Gut, danke.«
    Sie kletterte umständlich seinen Rumpf hinauf. Er hörte das Rascheln von Stoff, von viel Stoff. Er schien sie zu behindern, während sie sich über sein geneigtes Deck tastete und sich schließlich in seinen Laderaum vorarbeitete. Als Mädchen war sie beweglicher gewesen. In einem Sommer war sie beinahe jeden Tag zu ihm gekommen. Ihr Heim lag irgendwo auf dem Hügel über ihm. Sie redete immer davon, dass sie durch die Wälder hinter ihrem Haus gehen musste und dann die Klippen zu ihm herabkletterte. In diesem Sommer hatte sie ihn gut kennengelernt und alle möglichen Spiele in ihm und um ihn herum gespielt. Sie tat, als wäre er ihr Schiff und sie sein Kapitän, bis ihr Vater davon erfuhr. Er war ihr eines Tages gefolgt. Als er sie erwischt hatte, wie sie mit dem verwünschten Schiff sprach, hatte er sie beide gründlich ausgeschimpft und Althea dann mit einer Gerte nach Hause getrieben. Danach war sie lange Zeit nicht mehr zu ihm zurückgekommen. Und dann waren es auch nur kurze Besuche im frühen Morgen oder abends gewesen. Aber in diesem einen Sommer hatte sie ihn sehr gut kennengelernt.
    Sie schien sich immer noch an vieles zu erinnern, denn sie gelangte ohne Schwierigkeiten durch seinen Bauch, bis sie in den Raum kam, den die Mannschaft für ihre Hängematten nutzte. Es war merkwürdig, dass das Gefühl von ihr in ihm solche Erinnerungen auslösen konnte. Crenshaw hatte rotes Haar gehabt und sich immer über das Essen beschwert. Er war hier gestorben, und die Luke, die sein Leben beendet hatte, hatte eine tiefe Spur in der Planke hinterlassen, sein Blut hatte das Holz befleckt…
    Sie rollte sich an einem Schott zusammen. Heute Nacht würde sie frieren. Seine Hülle mochte ja noch intakt sein, aber sie konnte die Feuchtigkeit nicht fernhalten. Er konnte sie fühlen, wie sie ruhig und klein an ihm ruhte, schlaflos. Vermutlich hatte sie die Augen noch geöffnet und starrte in die Dunkelheit.
    Die Zeit verstrich. Eine Minute oder fast die ganze Nacht. Es war schwer zu sagen. Brashen kam den Strand entlang. Paragon kannte seinen Schritt und die Art, wie er vor sich hinmurmelte, wenn er betrunken war. Heute klang seine Stimme belegt und sorgenvoll, und Paragon vermutete, dass ihm bald das Geld ausging. Morgen würde er sich wegen seiner Dummheit tadeln, und dann würde er losgehen und den Rest seiner Heuer versaufen. Und dann würde er wieder zur See fahren.
    Paragon würde ihn fast ein wenig vermissen. Es war interessant und aufregend, Gesellschaft zu haben. Aber auch ärgerlich und störend. Brashen und Althea brachten ihn dazu, an Dinge zu denken, die besser geruht hätten.
    »Paragon«, grüßte Brashen ihn, als er näher kam. »Ich erbitte die Erlaubnis, an Bord kommen zu dürfen.«
    »Gewährt. Althea Vestrit ist hier.«
    Schweigen. Paragon konnte beinahe fühlen, wie Brashen zu ihm hinaufglotzte. »Wollte sie zu mir?«, fragte er dann mit belegter Stimme.
    »Nein. Zu mir.«
    Es erfreute ihn außerordentlich, dem Mann diese Antwort geben zu können. »Ihre Familie hat sie hinausgeworfen, und sie wusste nicht, wohin sie gehen sollte. Also ist sie hergekommen.«
    »Aha.«
    Pause. »Das überrascht mich nicht. Na ja, je früher sie aufgibt und wieder heimgeht, desto klüger ist sie beraten. Obwohl ich mir vorstellen kann, dass sie eine Weile brauchen wird, bis sie darauf kommt.«
    Brashen gähnte. »Weiß sie, dass ich an Bord lebe?«
    Es war eine vorsichtige Frage, eine Frage, die nach einer abschlägigen Antwort geradezu bettelte.
    »Natürlich«, enttäuschte ihn Paragon sofort. »Ich habe ihr gesagt, dass du die Kapitänskajüte in Beschlag genommen hast und dass sie sich nach einem anderen Plätzchen

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