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Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler

Titel: Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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fest davon überzeugt sein, als wäre es unmöglich für ein Wrack wie ihn, noch mehr Freunde zu haben.
    »Oh.«
    Nach einem Moment sprach Althea weiter. »Ich kenne ihn ganz gut. Er hat auf dem Schiff meines Vaters gearbeitet.«
    »Ach ja. Die… Viviace . Wie geht es ihr? Ist sie schon erwacht?«
    »Ja. Ja, das ist sie. Vor zwei Tagen.«
    »Wirklich? Dann überrascht es mich aber, dass du hier bist. Ich hätte gedacht, dass du bei deinem Schiff bleibst.«
    Er hatte zwar schon alle Neuigkeiten von Brashen gehört, aber er hatte seinen Spaß daran, Althea dazu zu zwingen, darüber zu sprechen.
    »Ich denke, das würde ich auch, wenn ich nur dürfte«, gab das Mädchen widerwillig zu. »Ich vermisse sie so sehr. Und gerade jetzt brauche ich sie so dringend.«
    Ihre Aufrichtigkeit überrumpelte Paragon. Er hatte sich daran gewöhnt, Menschen als Wesen zu sehen, die nur Schmerzen bereiteten. Sie konnten sich frei bewegen und ihr Leben beenden, wann immer sie wollten. Und es fiel ihm sehr schwer zu verstehen, dass Althea einen so tiefen Schmerz empfinden konnte, wie ihre Stimme es andeutete. Einen Moment lang schluchzte in den Tiefen seiner Erinnerung ein heimwehkranker Junge in seiner Koje. Paragon riss seinen Verstand sofort von dieser Erinnerung los. »Erzähl mir davon«, forderte er Althea auf. Er wollte ihre Leidensgeschichte zwar nicht wirklich hören, aber wenigstens war das eine Möglichkeit, sein eigenes Elend in Schach zu halten.
    Es überraschte ihn, als sie gehorchte. Sie redete lange und erzählte ihm alles, von Kyle Havens Verrat an ihrer Familie und von ihrer eigenen, lückenhaften Trauer um ihren Vater.
    Während sie redete, fühlte er, wie die letzte Wärme des Nachmittags schwand und die Kühle der Nacht aufzog.
    Irgendwann verließ sie den Felsen am Strand und lehnte sich gegen die silbrigen Planken seines Rumpfes. Er vermutete, dass sie es tat, um die Wärme des Nachmittags zu genießen, die noch in seinen Knochen verweilte, aber mit der Nähe ihres Körpers kam auch ein innigeres Verständnis ihrer Worte und Gefühle.
    Es war fast so, als wäre sie eine Verwandte. Wusste sie, dass sie ihn um Verständnis bat, als wäre er ihr eigenes Zauberschiff? Wohl kaum, sagte er sich. Wahrscheinlich erinnerte er sie nur an Viviace ; deshalb streckte sie ihre Fühler nach ihm aus. Das war alles. Es galt nicht ihm speziell.
    Nichts galt ihm speziell.
    Er ermahnte sich, das nicht zu vergessen, und blieb deshalb ruhig, als sie ihn nach einer Weile fragte: »Ich weiß nicht, wo ich heute Abend bleiben soll. Könnte ich an Bord schlafen?«
    »Es dürfte drinnen vermutlich ein stinkendes Chaos herrschen«, warnte er sie. »Sicher, mein Rumpf ist noch intakt. Aber man kann wenig gegen die stürmische See tun, und der Flugsand und die Strandläuse finden einen Weg in alles.«
    »Bitte, Paragon, das macht mir nichts aus. Ich bin sicher, dass ich eine trockene Ecke finde, in der ich mich zusammenrollen kann.«
    »Einverstanden«, sagte er, und das Lächeln unter seinem Bart wurde breiter, als er fortfuhr: »Wenn es dir nichts ausmacht, dir den Platz mit Brashen zu teilen. Er kommt nämlich jede Nacht hierher.«
    »Das tut er?«
    Ihre Stimme verriet ihre erschrockene Missbilligung.
    »Er kommt immer hierher und bleibt auch fast die ganze Zeit hier, seit er das erste Mal angelegt hat. Es ist immer dasselbe. In der ersten Nacht kommt er, weil es spät und er betrunken ist und er nicht für ein Zimmer die ganze Miete zahlen will, wenn er es doch nur ein paar Stunden putzt. Außerdem fühlt er sich hier sicher. Und dann lässt er sich immer darüber aus, dass er seinen Lohn anlegen und nur ein bisschen ausgeben will, bis er eines Tages genug beisammen hat, um etwas aus sich zu machen.«
    Paragon hielt inne und genoss Altheas geschocktes Schweigen. »Natürlich schafft er das nie. Jede Nacht kommt er zurückgestolpert, seine Taschen etwas leichter, bis alles weg ist. Und wenn er nichts mehr hat, um trinken zu können, dann geht er wieder zurück und heuert auf jedem Schiff an, das ihn nimmt.«
    »Paragon«, verbesserte ihn Althea freundlich. »Brashen arbeitet jetzt seit Jahren auf der Viviace . Ich denke, er hat immer auf ihr geschlafen, wenn sie hier angelegt hat.«
    »Nun, schon, ja, ich glaube wohl, aber ich meinte, vorher. Vorher und jetzt auch wieder.«
    Ohne es zu wollen, sprach er den nächsten Gedanken laut aus. »Das Zeitgefühl lässt nach, wenn man blind und allein ist.«
    »Das kann ich mir denken.«
    Sie lehnte

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