Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler
seinem Gesicht einzufrieren schien. Sein Herz hämmerte, und kalter Schweiß lief ihm den Rücken hinunter. Die Menschen stürmten mit erhobenen Krügen auf ihn zu. Aber seine Furcht sahen sie nicht.
O nein. Was sie sahen, war nur das überhebliche Lächeln, als sie ihn umringten. Es war ein Bluff, gewiss, und vor allem war es ein Bluff, der nur solange funktionierte, wie er selbst an ihn glaubte. Vergeblich versuchte er, Sorcors Gesicht in der auf ihn zurollenden Woge aus Menschenleibern auszumachen. Er wollte ihn finden und dafür sorgen, dass er, wenn nötig, noch vor ihm, Kennit, starb.
Jetzt jedoch umringten die Leute ihn. Allerdings hatte bisher noch niemand gewagt, ihn zu berühren. Sie blieben in respektvollem Abstand von seinen Fäusten stehen, und alle glotzten ihn an. Er ließ den Blick über sie schweifen und suchte nach einem Angreifer, der möglicherweise den ersten Schlag tun würde. Stattdessen drängte sich eine stämmige Frau durch die Menge, baute sich vor ihm auf und stemmte ihre fleischigen Fäuste in ihre ausladenden Hüften. »Ich bin Tayella«, verkündete sie laut und deutlich. »Ich leite Askew.«
Sie sah ihn an, als wollte sie ihn warnen, diese Feststellung in Frage zu stellen. Doch dann füllten sich ihre Augen zu seiner Überraschung mit Tränen. Sie ließ sie ungehindert über die Wangen strömen und fügte mit gebrochener Stimme hinzu:
»Und ich sage Euch, dass alles hier Euch gehört, Ihr braucht nur zu fragen. Alles und zu jeder Zeit. Denn Ihr habt uns die Unsrigen zurückgebracht, unsere Familien, die wir nie mehr wiederzusehen glaubten!«
Vertrau deinem Glück. Er erwiderte ihr Lächeln, und mit einer galanten Verbeugung bot er ihr sein Taschentuch an. Sie nahm es, als wäre es mit Gold durchwirkt. »Woher wusstet Ihr das?«, fragte sie erstickt. »Wie habt Ihr das nur erraten können? Wir sind alle vollkommen erstaunt.«
»Ich habe meine Mittel und Wege«, versicherte er ihr und überlegte krampfhaft, was es wohl sein könnte, das er gewusst haben sollte. Aber er fragte nicht und zuckte nicht einmal zusammen, als sie ihm mit der Hand auf die Schulter schlug.
Anscheinend wollte sie ihn damit willkommen heißen.
»Stellt einen Tisch hin und fahrt unser Bestes auf! Platz für Kapitän Kennit! Gesegnet sei der Mann, der unsere Verwandten und Nachbarn vor den Sklaventreibern gerettet und sie hierhergebracht hat, damit sie mit uns in Freiheit ein neues Leben beginnen. Gesegnet sei der Mann!«
Sie schoben ihn in einer Woge des Triumphes vor sich her, baten ihn, sich an den klebrigen Tisch zu setzen, und fuhren dann gewaltige Mengen von gebackenem Fisch und stärkehaltige Törtchen auf, die aus einer Wurzel gemacht worden waren. Eine Muschelsuppe, die mit Seetang angereichert worden war, vervollständigte das »festliche« Mahl. Tayella setzte sich zu ihm und goss Wein aus sauren Beeren in eine Holzschale. Er vermutete, dass dies der einzige Wein in der Stadt war, also war es natürlich auch ihr bester. Er trank einen Schluck, und es gelang ihm, nicht zusammenzuzucken. Tayella schien bereits eine ganze Menge von dem Gebräu getrunken zu haben. Kennit hielt es für das Höflichste – und Klügste –, nur daran zu nippen und es ihr ansonsten zu überlassen, ihm die Geschichte ihrer kleinen Siedlung zu erzählen. Als Sorcor ihnen schließlich Gesellschaft leistete, würdigte Kennit seinem Maat kaum eines Blickes. Der dunkelhäutige Mann wirkte irgendwie ernüchtert. Und vollkommen überrascht. Es amüsierte und entsetzte Kennit gleichermaßen, dass der Erste Maat das Kind im Arm hielt, das bereits das Sklavenzeichen trug. Die Mutter hielt sich ein paar Schritte abseits.
Tayella stand auf und bestieg einen der Tische. Offenbar wollte sie eine Rede halten.
»Vor zwölf Jahren«, begann sie, »hat es uns hierher verschlagen. In Ketten, und einige von uns waren bereits krank und halb tot. Der Ozean schenkte uns einen gewaltigen Sturm.
Er drückte das Schiff direkt in diesen Kanal, in den vorher und auch seitdem kein Sklavenhändler mehr eingedrungen ist, und ließ es auf Grund laufen. Dieser Vorfall löste einige Dinge.
Unter anderem eine Krampe, die eine ganze Reihe von Sklavenfesseln gehalten hatte. Obwohl wir noch an Händen und Füßen gefesselt waren, gelang es uns, diese chalcedeanischen Bastarde zu töten. Wir haben unsere Gefährten befreit und diesen Ort in Besitz genommen. Es ist sicher kein besonders großartiger Ort, sicher nicht, aber für jemanden, der im Würgegriff
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