Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler
erläuterte Torg gehässig. »Wenn du zu deinen Pfaffen zurückkehren willst, Jüngelchen, musst du wohl schwimmen.«
Der Zweite Maat lachte laut. Es störte Wintrow, dass selbst Torgs langsamer Verstand so deutlich erkennen konnte, wofür sein Herz schlug.
Träumte er zuviel davon, zeigte es sich in jeder Handlung? Er glaubte, es wäre der einzige Weg für ihn, nicht verrückt zu werden. Er schmiedete ständig Pläne, wie er von dem Schiff entkommen konnte. Jedesmal, wenn sie ihn nachts in den Kettenschrank sperrten, wartete er, bis die Schritte verklangen, und versuchte dann, die Tür zu öffnen. Er wünschte sich, er wäre nicht so ungeduldig gewesen, als er an Bord des Schiffes gezerrt worden war. Seine ungeschickten Fluchtversuche hatten sowohl den Kapitän als auch die Mannschaft über seine Absichten informiert, und Kyle hatte allen eindringlich klargemacht, dass jeder, der es zuließ, dass Wintrow das Schiff verließ, teuer dafür bezahlen würde. Er wurde niemals allein gelassen, und diejenigen, die mit ihm zusammen arbeiteten, mochten ihn nicht. Sie konnten ihm nicht trauen und mussten ihn neben ihrer Arbeit auch noch bewachen.
Jetzt reckte sich Torg und zeigte prahlerisch seine Muskeln. Er hob den Fuß und trat Wintrow erneut. »Ich muss los, Jungs. Hab zu tun. Mild, du spielst das Kindermädchen. Sorg dafür, dass unser hübscher Kleiner hier fleißig arbeitet.«
Mit einem letzten schmerzhaften Tritt schlenderte Torg über das Deck davon.
Keiner der Jungen blickte ihm nach, aber als er außer Hörweite war, bemerkte Mild gelassen: »Irgendwann wird ihn jemand umbringen und ihn über die Reling werfen, und es wird keinen interessieren.«
Der junge Seemann unterbrach seine Arbeit dabei keine Sekunde, während er es Wintrow mitteilte.
»Vielleicht mache ich es sogar selbst«, fügte er dann liebenswürdig hinzu.
Bei der Ruhe, mit der der Junge über einen Mord redete, lief es Wintrow eiskalt über den Rücken. So sehr er Torg auch verabscheute und so schwer es ihm fiel, diesen Mann nicht zu hassen, so wenig hatte er jemals erwogen, ihn zu töten. Dass Mild es tat, beunruhigte ihn. »Lass einen Menschen wie Torg nicht dein Leben vernichten«, sagte er ruhig. »Selbst daran zu denken, aus Rache zu töten, beschädigt den Geist. Wir können nicht wissen, warum Sa Menschen wie Torg erlaubt, Macht über andere Menschen zu haben, aber wir können ihm die Macht streitig machen, unseren Geist zu beherrschen. Gehorche ihm, wo es nötig ist, aber…«
»Ich habe nicht um eine Predigt gebeten«, unterbrach Mild ihn gereizt. Angewidert warf er das Seil weg, an dem er gerade arbeitete. »Für wen hältst du dich? Warum willst du mir erzählen, wie ich zu denken oder wie ich zu leben habe? Quatschst du nicht auch einfach mal nur so? Versuch es mal. Sag laut: ›Ich würde diesen Hundesohn wirklich gern umbringen.‹ Du wärst überrascht, wie einen das erleichtert.«
Er wandte sich von Wintrow ab und sprach laut zu einem Mast. »Mist. Man versucht, mit ihm zu reden, und er tut so, als läge man auf den Knien und würde um seinen Rat betteln.«
Wintrow war wütend, doch im nächsten Moment war es ihm peinlich. »Ich meinte damit nicht, dass ich…« Er wollte sagen, dass er sich nicht für etwas Besseres als Mild hielt, aber die Lüge erstarb ihm auf den Lippen. Er zwang sich dazu, die Wahrheit zu sagen. »Nein. Ich sage nie etwas, bevor ich nicht darüber nachgedacht habe. Mir wurde beigebracht, nutzlose Worte zu meiden. Und in dem Kloster sprechen wir darüber, wenn wir sehen oder hören, dass jemand einen selbstzerstörerischen Weg einschlägt, aber um uns zu helfen, nicht um…«
»Tja, du bist aber nicht mehr im Kloster. Du bist hier. Auf einem Schiff. Wann geht das endlich in deinen dicken Schädel? Und wann benimmst du dich wie ein Seemann? Weißt du, es ist sehr unschön mitanzusehen, wie du dich von allen herumschubsen lässt. Benutz deinen Grips und wehr dich, statt die ganze Zeit von Sa zu predigen. Hau Torg doch eine runter. Sicher, du bekommst dafür das Seilende zu schmecken, aber Torg ist ein viel größerer Feigling als du. Wenn er glaubt, dass auch nur der Hauch einer Chance besteht, dass du ihm mit einem Splisseisen auflauerst, wird er dich sofort in Ruhe lassen. Begreifst du das denn nicht?«
Wintrow versuchte, würdevoll zu bleiben. »Wenn er mich dazu bringt, mich so zu benehmen, wie er es tut, dann hat er wirklich gewonnen. Kannst du das nicht begreifen?«
»Nein. Ich verstehe nur eins,
Weitere Kostenlose Bücher