Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler
betrachtete sie ihren Ehemann wie einen Fremden, vielleicht sogar als Bedrohung. Keine böse, boshafte Bedrohung, aber der Teil eines Sturms oder einer ungeheuren Flutwelle, die seelenlos alles zerstörte, was ihr im Weg stand.
»Kyle ist ein guter Mann«, sagte sie zu ihrer Mutter. Aber Ronica Vestrit hatte das Zimmer bereits lautlos verlassen, und Keffrias Worte verhallten ungehört an den Wänden.
15. Verhandlungen
»Wir stechen morgen früh in See.«
Torg versuchte nicht einmal, das Vergnügen zu verbergen, das es ihm bereitete, diese Nachricht zu überbringen.
Wintrow blickte nicht von seiner Arbeit auf. Die Worte des Mannes waren weder eine Frage noch ein Befehl. Er musste nicht antworten.
»Jawohl. Wir segeln von hier aus weiter. Siehst Bingtown eine ganze Weile nicht wieder. Wir legen in sieben Häfen zwischen hier und Jamaillia an. Die ersten drei liegen in Chalced. Als erstes müssen wir diese Nüsse loswerden. Ich hätte ihm sagen können, dass sie sich in Bingtown nicht verkaufen, aber mich hat ja keiner gefragt.«
Torg zuckte mit den Schultern und grinste. Er schien zu glauben, dass die schlechte Entscheidung des Kapitäns bewies, dass Torg cleverer war. Wintrow sah keine solche Verbindung.
»Der Kapitän hat eine Menge Geld zusammengekratzt, soweit ich gehört habe, und wird um so mehr in Jamaillia für Sklaven ausgeben können. Wir werden einen ganzen Haufen von ihnen an Bord nehmen, Junge.«
Er leckte sich die Lippen. »Na, darauf freue ich mich schon. Vor allem, weil er auf meinen Rat hören wird, wenn wir Jamaillia erreichen. Auf dem Markt kenne ich mich aus. Ich erkenne erstklassiges Sklavenmaterial, wenn ich es sehe, und ich werde nur nach den Besten suchen. Vielleicht fallen ja sogar ein paar kleine dürre Mädels für dich ab, zum Spielen. Was hältst du davon, Jüngelchen?«
Fragen mussten beantwortet werden, wenn man keinen Tritt mit einem Stiefel bekommen wollte. »Ich halte Sklaverei für unmoralisch und ungesetzlich. Und außerdem halte ich es für unangemessen, dass wir die Pläne des Kapitäns diskutieren.«
Er wandte den Blick nicht von seiner Arbeit ab. Ein gewaltiger Haufen alter Taue lag vor ihm. Seine Aufgabe bestand darin, sie zu entwirren, zu bewahren, was noch gut war, und den Rest in einzelne Fasern aufzutrennen, die entweder zu einem neuen Tau gedreht oder als dünne Bänder benutzt werden konnten.
Seine Hände waren genauso rau geworden wie der Hanf, mit dem er arbeitete. Als er sie betrachtete, mochte er kaum glauben, dass es einmal die Hände eines Künstlers gewesen waren, der mit ihnen zerbrechliches Glas bearbeitete. Auf dem Vordeck ihm gegenüber arbeitete Mild an der anderen Seite des Haufens. Er beneidete den jungen Seemann um seine flinken Hände. Wenn Mild ein Stück Seil hochnahm und es schüttelte, schien es sich von selbst zu entwirren. Jedesmal wenn Wintrow dagegen versuchte, ein Stück Tau aufzurollen, schien es sich unbedingt in die andere Richtung drehen zu wollen.
»Oho. Wir sind wohl ein bisschen schnippisch, was?«
Torg stieß mit seinem schweren Stiefel nach ihm. Ihm tat noch alles von einem früheren Tritt weh.
»Nein, Sir«, antwortete Wintrow unwillkürlich. Manchmal war es einfacher, schlicht unterwürfig zu sein. In der ersten Zeit, nachdem sein Vater ihn diesem brutalen Kerl übergeben hatte, versuchte Wintrow mit dem Mann zu reden, als verfüge er über ein Hirn. Er hatte schnell begriffen, dass Torg jedes Wort, das er nicht verstand, als Hohn interpretierte und dass Erklärungen einfach nur als fadenscheinige Entschuldigungen angesehen wurden. Je weniger er sagte, desto weniger blaue Flecken hatte er. Selbst wenn das bedeutete, Bemerkungen zuzustimmen, denen er normalerweise widersprach. Er versuchte das nicht als einen Verlust seiner Würde und Gesinnung zu sehen. Es geht ums Überleben, sagte er sich. Er musste einfach überleben, bis er flüchten konnte.
Er wagte es, eine Frage zu stellen. »An welchen Häfen legen wir denn an?«
Wenn sie irgendwo in der Nähe der Halbinsel Marrow lagen, dann würde er dort irgendwie vom Schiff flüchten. Es war ihm gleich, wie weit er würde laufen müssen oder ob er sich den Weg über die ganze Halbinsel erbetteln musste. Er würde zu seinem Kloster zurückkehren. Wenn er dort seine Geschichte erzählte, würden sie ihm zuhören. Sie würden ihm einen neuen Namen geben und ihn irgendwo anders hinbringen, wo sein Vater ihn niemals finden würde.
»Keiner liegt in der Nähe von Marrow«,
Weitere Kostenlose Bücher