Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler
sich plötzlich in ihre Mutter, Kyle und Keffria auf. Sie starrten sie schweigend an. Einen Augenblick erwiderte sie ihren bestürzten Blick. »Ich gehe und bereite das Schiff vor«, sagte sie. »Gebt mir eine Stunde. Dann bringt Papa hinunter.«
Kyle runzelte finster die Stirn und schien etwas sagen zu wollen, doch ihre Mutter kam ihm zuvor. Sie nickte und sagte trostlos: »Tu das.«
Ihre Stimme klang erstickt, und Althea sah, wie sie sich bemühte, die betäubende Trauer mit ihren Worten zu durchdringen. »Beeil dich«, sagte sie schließlich, und Althea nickte. In der Zeit, die ein Läufer zur Stadt brauchte, um eine Kutsche zu bestellen, konnte sie schon fast am Schiff sein.
»Lasst sie wenigstens von einem Diener begleiten!«, rief Kyle ärgerlich, und ihre Mutter antwortete leiser: »Nein. Lass sie gehen, lass sie nur gehen. Es ist jetzt nicht der richtige Moment, sich um Äußerlichkeiten zu kümmern. Ich weiß das. Kommt und helft mir, eine Bahre vorzubereiten.«
Als Althea die Docks erreichte, war ihr Kleid schweißnass. Sie verfluchte das Schicksal, das eine Frau dazu verdammte, solche Kleidung tragen zu müssen. Einen Moment später dankte sie demselben Sa, den sie eben noch verwünscht hatte, weil eine Lücke im Zollhafen frei wurde und die Viviace dorthin geschleppt wurde. Sie wartete ungeduldig, hob schließlich ihre Röcke und sprang an Deck, noch bevor das Schiff sicher vertäut war.
Gantry, Kyles Erster Maat, stand auf dem Vordeck, die Hände in die Hüften gestemmt. Bei ihrem Anblick schreckte er auf.
Offenbar hatte es eine Schlägerei gegeben. Eine Seite seines Gesichts war geschwollen und dunkelrot angelaufen. Althea dachte nicht weiter darüber nach. Es war die Aufgabe des Ersten Maats, die Mannschaft im Zaum zu halten, und am ersten Tag im Hafen konnten die Männer ziemlich streitsüchtig werden. Die Freiheit war so nah, und Land-und Deckmannschaften vertrugen sich nicht immer gut. Aber seine finstere Miene schien auf sie gemünzt zu sein. »Mistress Althea. Was tut Ihr hier?«
Er klang verärgert.
Zu jedem anderen Zeitpunkt hätte sie sich den Luxus geleistet, sich von seinem Ton beleidigt zu fühlen. Aber jetzt machte sie es kurz. »Mein Vater liegt im Sterben. Ich bin hier, um das Schiff für ihn vorzubereiten.«
Er wirkte zwar immer noch feindselig, aber sein Ton klang ehrerbietiger, als er fragte: »Was muss getan werden?«
Sie presste die Hände gegen die Schläfen. Was war gemacht worden, als ihr Großvater starb? Es war so lange her, aber eigentlich sollte sie diese Dinge wissen. Sie holte tief Luft, um sich zu beruhigen, hockte sich dann abrupt hin und legte eine Hand flach auf das Deck. Viviace . Sie würde so bald erwachen.
»Wir müssen einen Pavillon auf Deck errichten. Hier drüben. Segeltuch genügt, und er soll so aufgebaut werden, dass die Brise ihn erfrischt.«
»Was spricht dagegen, ihn in seine Kabine zu bringen?«, wollte Gantry wissen.
»So wird es nicht gemacht«, erwiderte Althea bestimmt. »Er muss hier draußen sein, auf Deck, ohne dass etwas zwischen ihm und dem Schiff ist. Die Familie muss Platz haben, um Zeuge sein zu können. Und stellt einige Bohlenbänke für die auf, die die Totenwache halten.«
»Ich muss ein Schiff entladen«, erklärte Gantry abrupt.
»Einiges von der Ladung ist verderblich. Es muss sofort entladen werden. Wie soll meine Mannschaft das schaffen und gleichzeitig einen Pavillon aufbauen und auf einem Deck voller Leute arbeiten?«
Diese Frage stellte er in voller Sichtund Hörweite seiner Mannschaft. Seine Stimme klang irgendwie herausfordernd.
Althea starrte ihn an und fragte sich, was in diesen Mann gefahren war, ausgerechnet jetzt mit ihr zu streiten. Verstand er denn nicht, wie wichtig das war? Nein, wahrscheinlich nicht.
Er war einer von Kyles Leuten; er wusste nichts darüber, wie ein Zauberschiff erwacht. Es war fast, als stände ihr Vater neben ihr.
Sie hörte, wie sie den vertrauten Befehl gab, den er Brashen immer dann gegeben hatte, wenn sie in einer schwierigen Lage waren.
»Tut es einfach!«, befahl sie nachdrücklich. Sie sah sich auf dem Deck um. Die Seeleute standen still da und folgten der Diskussion. In einigen Gesichtern sah sie Mitgefühl und Verständnis, in anderen nur die Gier, mit der Menschen Machtkämpfe verfolgen. Als sie sprach, klang ihre Stimme eisig. »Wenn Ihr es nicht schafft, übergebt Brashen die Verantwortung. Für ihn ist das kein Problem.«
Sie wollte sich schon umdrehen, überlegte es
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